Berlin. Schauspielerin Maren Kroymann fühlte sich nach ihrem Outing von Fernsehmachern im Stich gelassen. Warum sich das nun geändert hat.
Es sind Maren-Kroymann-Wochen im deutschen Fernsehen: Am 4. Dezember wird der zweite Teil ihrer neuen Erfolgskomödie „Mona & Marie“ (20:15 Uhr im ZDF) ausgestrahlt, am 4. Januar kommt die 20. Folge ihres Formats „Kroymann“ (23:45 Uhr im Ersten), gefolgt von ihrer Musik-Show „In my Sixties“ (0:15 Uhr in der Nacht vom 4. auf den 5.1. im Ersten). Diese Häufung von Auftritten war früher keinesfalls selbstverständlich, wie die 74-Jährige im Interview erklärt. Außerdem erzählt die Schauspielerin mit erfrischender Freimütigkeit, welches negative Bild manche Menschen mit ihr verbinden, wie sie ihre Pubertät erlebte und wie sie ihrem 75. Geburtstag entgegenblickt.
„Mona und Marie“ bietet selbstironische, differenzierte Frauenrollen. Hatten Sie erwartet, dass Sie die eines Tages angeboten bekommen würden?
Maren Kroymann: Die hätten schon viel früher auf mich zukommen können. Bei „Oh Gott, Herr Pfarrer“ ging es ein bisschen in die Richtung. Aber nach meinem Coming-out wurde es bei den Öffentlich-Rechtlichen deutlich dünner. Jetzt fühle ich mich sehr privilegiert und glücklich, dass ich solche Rollen spielen darf.
Das hängt sicher mit meiner Satiresendung „Kroymann“ zusammen, wo ich in jedem Sketch als alte Frau zu sehen bin – aber eben in sehr differenzierten Rollen. Vielleicht haben sich die Produzenten davon inspirieren lassen.
Maren Kroymann lässt sich nicht in die Rolle der alten Frau drängen
Sie haben gerade gesagt, dass Sie alte Frauen spielen. Aber sind Sie wirklich alt?
Kroymann: Natürlich, ich bin 74, aber ich liebe den Satz in der neuen Folge von „Mona und Marie“, wo ich sage: „Ich bin nicht in meinem Alter.“ Das trifft es sehr gut. Denn ich bin eine andere alte Frau als der Typ, der oft stereotyp imaginiert wird. Ab Mitte 60 wird man als grauhaarige Oma besetzt, aber in meiner Sendung und auch in „Mona und Marie“ stellen wir ein Gegenbild hin, wie man als Frau anders alt sein kann.
Was erklärt, dass es jetzt solche Rollen gibt. Haben die Redaktionen endlich Ihr Potenzial erkannt oder ändern sich die Zeiten?
Kroymann: Beides ist der Fall. Feministische Themen wie gleiche Bezahlung, Quote für wichtige Positionen und „Me Too“ sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, wozu ich mit meiner Arbeit hoffentlich auch ein kleines bisschen beigetragen habe.
Das hat den Blick auf Frauen und auch der Fernsehmacher auf mich verändert. Aber „Mona und Marie“ kam zustande, weil ein Produzent die Idee dazu hatte und den ersten Film gemeinsam mit mir entwickelt hat. Es geht nicht ohne Eigeninitiative.
Diese Auszeichnung bedeutete der Schauspielerin viel
Sie erhielten dieses Jahr den Ehren-Grimme-Preis, wo in der Laudatio unter anderem über Sie gesagt wurde, dass Sie „den Blick auf Frauenbilder und Geschlechterstereotypen eindrucksvoll verändert“ hätten. Was haben Sie bei solchen Elogen empfunden?
Kroymann: Ich dachte mir: „Toller Text. Bin ich das?“ Das war ja der Hammer. Lange war ich dem Medium Fernsehen gegenüber zutiefst kritisch eingestellt und bin auch erst relativ spät dazu gekommen, mit Ende dreißig. Als linke, feministische Frau war es mir viel zu oberflächlich. Aber durch die Hauptrolle in „Oh Gott, Herr Pfarrer“ habe ich gemerkt, dass Fernsehen auch schlau, politisch und emanzipatorisch sein kann.
So habe ich einen Veränderungswillen mitgebracht, der mich bei einigen Leuten am Anfang suspekt gemacht hat. Ich hatte diesen Ruf: Die spielt nicht alles, die mischt sich in Bücher ein. Dass ich für diese Haltung nun ausgezeichnet wurde, hat mir ein riesiges Glücksgefühl beschert.
Würden Sie sich immer noch als links und feministisch beschreiben?
Kroymann: Leute, die eher rechts angesiedelt sind, würden sagen: „links-grün versifft, postklimakteriell, schmallippig, feministisch, lesbisch und auch noch vegetarisch“. Alles, was sie als negativ empfinden, bin ich.
Kroymann: „Ich finde gut, dass Männer mehr und mehr über ‚Care Arbeit‘ nachdenken“
Wie nehmen Sie den Wandel bei den Männern wahr? „Mona und Marie“ zeigt ja auch Männer fern von den alten Machotypen.
Kroymann: Es gibt schon Fortschritte. Allein, dass Männer Prozesse führen, um ihre Kinder sehen zu können, weil sie ihre Vaterrolle annehmen, ist schon bemerkenswert. Früher mussten alleinerziehende Mütter vor Gericht gehen, um Unterhaltszahlungen zu bekommen. Ich finde auch gut, dass Männer mehr und mehr über „Care Arbeit“ nicht nur nachdenken, sondern sich beteiligen. Das heißt, es wird nicht mehr für selbstverständlich erachtet, wenn allein Frauen Kinder großziehen und Alte und Kranke pflegen.
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Wann haben Sie zum ersten Mal gemerkt, dass Sie mit der patriarchalen Gesellschaft nicht klarkommen?
Kroymann: Das war in der Pubertät. Auf einmal hat nicht mehr gezählt, dass ich schlau und lustig bin, sondern es ging um Busen und wie zugänglich ein Mädchen für mehr oder weniger offene erotische Avancen war. Ich mache es auch gerne am Sportunterricht fest. In der fünften Klasse, wo wir mit den Jungs zusammen Sport hatten, hatte ich eine Eins, weil ich mich als Erste von allen einen Salto vom Einmeterbrett traute.
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In der Siebten, wo wir von den Jungs getrennt waren, wurde mit Keulen und Reifen geschwungen, da kriegte ich eine Drei. Ich wurde an einem Mädchenstandard gemessen, der gar nicht zu mir passte. Mir wurde auch der Unterschied im Vergleich zu meinen vier Brüdern klar. Ich wurde wie sie erzogen, aber dann war ich plötzlich mit ganz anderen Anforderungen konfrontiert.
Diese Zeiten liegen nun ein Weilchen zurück. Was empfinden Sie dabei, dass Sie im nächsten Jahr 75 werden?
Kroymann: Es klingt wahnsinnig alt, aber eigentlich fühle ich mich wie Anfang 60. Ich habe Arthrose, weshalb ich das Joggen nach 37 Jahren aufgeben musste. Aber dafür habe ich mir das Kraulen angewöhnt. Trotz aller Zipperlein lasse ich mich durch die Zahl nicht weiter irritieren. Ich bin in einer hochkreativen Phase, und auch in einer Phase des Gewürdigtwerdens, und das genieße ich total.
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