Berlin. Heino singt über „nackte Frisösen“ und „Layla“ - und schimpft im TV übers Gendern. Was der Schlagersänger über seine Kritiker denkt.

Auch mit 84 Jahren ist Heinos Energie ungebrochen. Ebenso seine Kraft zu provozieren. Mit seinem neuen Album „Lieder meiner Heimat“ singt die Schlagerikone umstrittene Partysongs wie „Layla“, die für kontroverse Reaktionen sorgen. Doch das ficht ihn nicht an, wie der Sänger im Interview erklärt.

Jüngst erst hatte Promi Heino mit seinen Aussagen übers Gendern für reichlich Wirbel gesorgt: Live im „Sat.1 Frühstücksfernsehen“ ließ sich der Schlagerstar mit heftigem Wortlaut zum Thema aus. Doch seine Aussagen wie „Denen haben sie ins Gehirn geschissen“ kamen bei vielen Zuschauern gar nicht gut an: Im Netz hagelte es Kritik, sodass Sat.1 die „Frühstücksfernsehen“-Ausgabe aus der Mediathek löschte.

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Ihr aktuelles Album heißt „Lieder meiner Heimat“. Für manche Leute ist „Heimat“ ja ein reaktionärer Begriff. Wie sehen Sie das?

Heino: Oh Gott! Heimat ist doch nichts Rückschrittliches. Es ist der Ursprung von allem. Etwas Beständiges und Vertrautes. Ein Teil von jedem Einzelnen. Man kann immer – und wird es meistens auch – dorthin zurückkommen. Nur leider gibt es einzelne Gruppierungen, die mit Heimat und Brauchtum nichts zu tun haben wollen. Aber bitte welche Ideologie soll das sein, seine eigene Heimat zu verleugnen und alle Werte brechen zu wollen? Entschuldigen Sie, aber so etwas finde ich vertrottelt. Und mit so einer Gesinnung möchte ich nicht im Ansatz etwas zu tun haben.

Der Sänger in seinem Element:  „Heino goes Klassik - Ein deutscher Liederabend“ in der Düsseldorfer Tonhalle.
Der Sänger in seinem Element: „Heino goes Klassik - Ein deutscher Liederabend“ in der Düsseldorfer Tonhalle. © dpa | Malte Krudewig

Können Sie verstehen, wenn sich jemand von „Zehn nackte Friseusen“ oder „Layla“ provoziert fühlt?

Heino: Das gab es ja immer schon. Da wurden auch harmlose Lieder auf die schwarze Liste gesetzt und im Radio nicht gespielt, weil sie „anzüglich“ gewesen sein sollen. Hört man diese Texte heutzutage und schaut sich die damalige Diskussion an, muss man darüber lachen. So wird man auch in einigen Jahren über die heutige „politische Korrektheit“ denken: „Ach, wie waren wir doch blöd.“

Es gibt wichtigere Themen wie Kinder- und Altersarmut, den Krieg in der Ukraine, die steigenden Energiepreise. Man kann keine Musik für jedermann machen und nicht jeden Einzelnen erreichen. Ich habe und werde niemals jemanden mit meinen Liedern beleidigen. Es sind Unterhaltungslieder, die gute Laune bringen. Das ist besser als diese Miesepeter mit herunterhängendem Mundwinkel.

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Aber wie sehen Sie die Zerrissenheit unserer Gesellschaft, die sich in solchen Reaktionen widerspiegelt?

Heino: Es fühlen sich nur die angegriffen, die sich angegriffen fühlen wollen. Miesepeter eben. Die meckern über alles. Das lässt mich jedoch unberührt. Ich kann mich nicht an einigen wenigen orientieren, deren Lieblingsbeschäftigung „Aufregen und Meckern“ ist. Ich habe eine gesunde Einstellung und bin in meinem Leben ausgesprochen zufrieden. Es ist auch nicht meine Aufgabe als Sänger, die aktuelle Zerrissenheit in der Gesellschaft zu kitten. Das sollen diese Leute machen, die dazu beigetragen haben, dass sich dieser Umstand überhaupt erst ergeben hat.

Gleichzeitig kommen Sie ja bei der Jugend sehr gut an. Auf Tiktok werden Ihre Videos Hunderttausende Male abgerufen.

Heino: Ich bekomme Zuschriften von Zwölfjährigen. Die schreiben: „Heino du bist die geilste Sau der Welt.“ Das finde ich toll, wenn sich Jugendliche mit einem fast 85-Jährigen identifizieren. Man darf halt nicht stehen bleiben. Man muss mit der Zeit gehen, ansonsten spielt man in meinem Geschäft schnell keine Rolle mehr.

Wenn man sich die Lockerheit der heutigen Jugend ansieht, dann ist das für mich beflügelnd. Ich singe ihre Lieder, dafür hören sie mir aber auch zu, wenn ich ihnen auch im selben Konzert Volkslieder präsentiere, zu denen sie ohne die Rock- und Partyhits vielleicht gar nie einen Zugang bekommen hätten. Zudem habe ich einen jungen Manager, Helmut Werner, er ist weniger als halb so alt als ich. Da bleibt man automatisch jung und rostet nicht ein.

Zünftig: Volkssänger Heino und seine Ehefrau Hannelore bei der Eröffnung des Oktoberfestes 2019  in ihrem Wohnort Bad Münstereifel.
Zünftig: Volkssänger Heino und seine Ehefrau Hannelore bei der Eröffnung des Oktoberfestes 2019 in ihrem Wohnort Bad Münstereifel. © dpa | Horst Ossinger

Wie jung fühlen Sie sich mit fast 85 Jahren?

Heino: Ich bin topfit, ich fühle mich keineswegs, als wäre ich in ein paar Monaten 85 Jahre alt. Ich liebe mein Publikum, ich liebe die Musik, mir macht es nach wie vor Spaß, auf der Bühne zu stehen. Im Grunde genommen kann ich auch nichts anderes als singen. Nach Auftritten oder Werbetouren liege ich bis spätabends auf meiner Terrasse in Kitzbühel, genieße die Bergluft und das Panorama.

Ansonsten nutze ich „Alpha Cooling“, eine praktische Kältekammer, die zur Regeneration perfekt geeignet ist. Sie würde auch bei Schmerzen helfen, ich habe aber Gott sei Dank keinerlei Wehwehchen. Hannelore nutzt das Gerät zur Schmerztherapie.

Auf meine bevorstehende Kirchentournee „Die Himmel rühmen“, die mich drei Monate lang in verschiedene Länder Europas führen wird, freue ich mich besonders. Es ist eine magische Aura in den Gotteshäusern. Und das Repertoire, das ich dort singe – Mozart, Beethoven, Bach, Schubert –, passt dort perfekt.

Die Partysongs von „Lieder meiner Heimat“ sind freilich das Gegenteil von Bach und Schubert. Wie stehen Sie persönlich zum Feiern?

Heino: Ach, ich trinke gerne mal ein oder zwei Gläschen guten Rotwein. Gute Stimmung ist bei uns immer. Wir haben keinen Grund zu schlechter Laune. Und ja, was soll ich sagen? Die Zeiten haben sich verändert, früher feierte man anders, als die jungen Leute das heute tun. Aber wäre ich heute noch einmal 20 Jahre alt, würde ich vermutlich auch nach Mallorca fliegen und mal richtig feiern. Wieso denn auch nicht? Zu der Zeit, als ich jung war, gab es so was eben nicht. Da waren andere Sachen angesagt. Jede Zeit hat ihre Helden.

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Sehen Sie eigentlich unter jüngeren Musikern jemand, der in Ihre Fußstapfen treten könnte?

Heino: Ich habe mit meinem Manager schon oft darüber gesprochen, dass wir einen oder eine suchen sollen, die in meine Fußstapfen treten könnte und mein Repertoire singen kann. Wo ich auch am Aufbau beteiligt sein könnte. Bislang haben wir aber keinen gefunden, der auch vom Charakter her gut passen würde.

Es fängt ja auch schon mal so an, dass nur noch Wenige Noten lesen können. Das ist für mich Grundvoraussetzung für den Beruf. Um Musik verstehen zu können und damit man Harmonien erkennen kann. Ich bin ja Gott sei Dank noch fit und gut bei Stimme. Ich habe schon noch vor, ein Weilchen noch weiterzumachen. Johannes Heesters ist diesbezüglich jetzt mein Vorbild, der stand noch bis über 100 auf der Bühne.

Dieses Interview erschien zuerst am 23.9.2023