Berlin. Das Klima verändert sich stetig. Doch aktuell ist der Wandel besonders dramatisch. Experten machen eine Wettervorhersage bis 2070.
Schneebedeckte Straßen und Dächer im Winter und ein abkühlender Regenschauer im Sommer – das klingt schon fast wie aus einem Buch. Doch die realen Jahreszeiten entsprechen in Deutschland immer weniger den romantischen Beschreibungen aus Geschichten. Heute sieht das Wetter anders aus: 38 Grad im Sommer mit wenig Regen und milde Winter, in denen jeder Schnee bei Berührung mit der Erdoberfläche schon fast wieder geschmolzen ist.
Das Wetter verändert sich – und das bereits seit Jahrzehnten. Schuld daran ist der Klimawandel. Das bedeutet aber nicht, dass an jedem Sommertag Temperaturen von 38 Grad erreicht werden, während vor 50 Jahren kalte Temperaturen den August bestimmten. Auch in den 1970er Jahren gab es heiße, schwüle Tage, die man kaum ohne Pool oder Ventilator überstehen konnte. Doch Fakt ist: Das Wetter hat sich innerhalb der letzten 50 Jahre gravierend verändert.
Wetter: Diese Faktoren beeinflussen unser Klima
Dass sich das Wetter über Jahrzehnte hinweg gewandelt hat und auch weiterhin verändern wird, ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Einige davon sind natürlichen Ursprungs – für andere ist die Lebensweise der Menschen verantwortlich. Die folgenden Faktoren tragen zu temporären und dauerhaften Temperaturänderungen der Erde bei:
Faktor | Auswirkung |
Ozeanische Zyklen | Periodische Zyklen im Ozean wie "El Niño" und "La Niña" beeinflussen das Wetter weltweit. Diese Zyklen können zu unregelmäßigen Veränderungen der Temperaturen und Niederschlagsmuster führen. |
Sonnenaktivität | Schwankungen in der Sonnenaktivität können ebenfalls das Wetter auf der Erde beeinflussen. Eine geringere Sonnenaktivität kann etwa zu kälteren Perioden führen. |
Globale Strömungsmuster | Die globalen Luft- und Meeresströmungen spielen eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Wärme und Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Veränderungen in diesen Strömungen bedingen regionale Wetterveränderungen. |
Vulkanausbrüche | Große Vulkanausbrüche können Partikel in die Atmosphäre befördern, die das Sonnenlicht abschirmen und so kurzfristig zu niedrigeren Temperaturen führen. |
Landnutzung | Veränderungen in der Landnutzung, etwa Entwaldung, können lokale Mikroklimas beeinflussen und das regionale Wetter beeinträchtigen. |
Luftverschmutzung | Menschliche Aktivitäten – allem voran die Verbrennung fossiler Brennstoffe – führen zu Luftverschmutzung, die sowohl die Sonneneinstrahlung als auch die Wolkenbildung beeinflussen kann. |
Klimawandel | Die steigenden Treibhausgasemissionen sorgen dafür, dass sich die Erdatmosphäre erwärmt. Das Wettergeschehen wird weitreichend davon beeinflusst. |
Der letzte Faktor ist besonders interessant – der Klimawandel. Durch Autos, Schiffe, Flugzeuge, aber auch durch die Abfallwirtschaft und durch industrielle Prozesse werden Treibhausgasen ausgestoßen. Die Menschen in Deutschland spüren die Folgen in Form von extrem heißen, trockenen Sommern und milden Wintern.
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Klimawandel: Temperaturrekorde vielerorts gebrochen
Auch 2023 war es in Teilen Europas deutlich zu heiß und zu trocken. Laut Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, wurden vielerorts Temperaturrekorde gebrochen. Und Europa dürften weitere Hitze-Sommer bevorstehen, warnen die Experten. Es sei denn, die allgemeine atmosphärische Zirkulation ändere sich grundlegend.
Die Auswirkungen der heißen Sommer auf die Umwelt sind vielfältig:
- Dürre: Hitzewellen können zu Trockenheit führen, da die hohen Temperaturen die Verdunstung von Wasser beschleunigen. Dies kann zu Wasserknappheit in Böden, Flüssen, Seen und Reservoirs führen und die landwirtschaftliche Bewässerung erschweren.
- Ökosysteme: Hohe Temperaturen können empfindliche Ökosysteme, etwa Korallenriffe oder Feuchtgebiete, schädigen. Das kann die Artenvielfalt gefährden und langfristige Probleme verursachen.
- Hitzestress: Extrem hohe Temperaturen können bei Menschen zu Hitzestress führen, der Hitzeerschöpfung, Hitzschlag und anderen gesundheitlichen Problemen auslösen kann.
- Infektionskrankheiten: Hitzewellen können die Verbreitung von Infektionskrankheiten begünstigen, da höhere Temperaturen die Vermehrung von Krankheitserregern verstärken. Zudem breiten sich Stechmücken, die bestimmte Erreger übertragen, zunehmend auch in Deutschland aus.
- Waldbrände: Trockene Bedingungen während Hitzewellen erhöhen das Risiko von Busch- und Waldbränden. Die erhöhte Trockenheit von Pflanzen und Bäumen kann zu verheerenden Bränden führen, die große Flächen zerstören.
Copernicus zufolge war der Juli 2023 der global heißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnung. Doch wie war das Deutschland-Wetter in der Vergangenheit? "Der Juli war rund 1,5 Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt von 1850-1900", heißt es in einem Bericht von Copernicus. Wie könnten Temperaturen und Niederschläge in Zukunft aussehen, wenn man Klimamodelle heranzieht?
Wetter der Zukunft? Deutlich wärmere Sommer
In den 1970er Jahren lag die durchschnittliche Lufttemperatur im Sommer unter 18 Grad. Rund 50 Jahre später beträgt sie im Durchschnitt über 19 Grad. Laut dem Deutschen Wetterdienst wird sich diese Entwicklung in Zukunft weiter fortsetzen: Wenn der Kampf gegen die Erderhitzung global nicht intensiviert wird, könnten in Deutschland ab 2070 jeden Sommer mittlere Durchschnittstemperaturen von um die 20 Grad erreicht werden.
Die Menschen müssen sich zudem auf mehr extrem heiße Tage sowie Tropennächte einstellen:
1970er Jahre | bis 2070 | |
Sehr heiße Tage | 40 Grad in Deutschland – das gab es 1970 schlicht nicht. 1983 wurde erstmals an zwei Wetterstationen hierzulande eine Temperatur von 40 Grad gemessen. | Seit 2013 wurde an mehr als 30 Wetterstationen extreme Hitze von über 40 Grad gemessen. Experten nehmen an, dass diese Temperaturen in wenigen Jahrzehnten in jedem Sommer irgendwo in Deutschland messbar sein könnten. |
Tropennächte | In den 1970er Jahren gab es rund 0,13 Nächte im Sommer, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad gesunken ist – sogenannte Tropennächte. Dabei sind die regionalen Unterschiede große: An den Küsten gibt es so heiße Nächte selten, vor allem im Südwesten öfter. | Inzwischen ist der Wert auf 0,5 gestiegen. Für 2070 prognostiziert der Deutsche Wetterdienst (DWD), dass es im Mittel zwischen drei und neun Tropennächte pro Jahr geben könnte, wenn die aktuelle Klimapolitik unverändert fortgesetzt wird. |
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Wetter der Zukunft: Welche Temperaturen im Winter?
Die Sommer werden immer heißer – doch auch im Winter sind die Temperaturen heute höher als noch vor 50 Jahren. In den 1970er Jahren wurden nur einmal, und zwar im Winter 1974/75, Durchschnittstemperaturen von mehr als drei Grad erreicht. In den vergangenen zehn Jahren geschah das ganze vier Mal. Laut Angaben des DWD war der Jahreswechsel von 2022 auf 2023 der zwölfte zu warme Winter in Folge. Bei unveränderter Klimapolitik sind um 2070 mittlere Wintertemperaturen von etwa 5 Grad nicht ausgeschlossen.
Vorbei wären damit die Zeiten, in denen man im Winter auf dem gefrorenen See Schlittschuhlaufen kann. Vor rund 50 Jahren war das noch möglich, doch die Zahl der Eistage ist deutlich zurückgegangen. Laut DWD gab es in den 1970er Jahren in Deutschland im Mittel 17,8 Tage im Jahr, an denen die Temperaturen nicht auf über null Grad geklettert sind. In den vergangenen zehn Jahren waren es nur noch durchschnittlich 12,6 Tage. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Eistage bis 2070 weiter abfällt – auf dann teils weit weniger als 10 pro Jahr. Dabei gilt: Bei den Daten handelt es sich um den deutschlandweiten Durchschnitt. In Bergregionen wird es deutlich mehr Eistage geben – an den Küsten dafür deutlich weniger.
Wetterveränderungen: DWD misst den Klimawandel
Das Wetter verändert sich, die Temperaturen steigen. Sowohl im Sommer als auch im Winter werden nahezu jedes Jahr neue Rekorde gemessen. Ohne klimapolitische Maßnahmen werde sich das fortsetzen, warnt der DWD. Die Folgen für Mensch und Umwelt wurden oben bereits erwähnt, doch der Wetterdienst hat Daten, die diese Auswirkungen belegen:
Dürre | Die vergangenen zehn Jahre waren trockener als im langjährigen Mittel. Doch sei abzuwarten, ob es sich dabei um eine längerfristige Entwicklung oder eine Schwankung von ein paar Jahren handle, sagt DWD-Meteorologe Brömser. Dem Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung zufolge gab es auch im Deutschland der 1970er Jahre Zeiten, in denen die Böden bis in zwei Meter Tiefe sehr trocken waren – etwa 1976 im Norden und Westen Deutschlands. Doch in den vergangenen Jahren haben sich die betroffene Fläche und die Intensität vergrößert. |
Regen | In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die jährliche Niederschlagsmenge nur geringfügig verändert und wird auch weiterhin relativ konstant bleiben. Laut einer Vorhersage des DWD kommt es durchschnittlich zu 800 Millimetern Niederschlag im Jahr. Allerdings hat sich die Verteilung verändert: Im Winter regnet es mehr, im Sommer weniger. Mit Blick auf zunehmende Dürren und Hitzeperioden ist das ein ernstzunehmendes Problem. "Starkregen hat tendenziell zugenommen", sagt der DWD-Agrarmeteorologe Andreas Brömser. "Und wir gehen davon aus, dass er weiter zunehmen wird, weil die Atmosphäre bei steigender Temperatur mehr Wasser aufnehmen kann." |
Bis 2070 sind es noch rund 50 Jahre und der Wandel, den der Deutsche Wetterdienst prognostiziert, erfolgt graduell. Doch die Menschen nehmen ihn mit jedem weiteren Waldbrand, jeder Dürreperiode und jedem Sturm wahr. Lesen Sie hier, warum es Zeit ist zu handeln und warum verzweifeln im Kampf gegen den Klimawandel keine Option ist.
(mit dpa)