Bad Berleburg/Erndtebrück. „Ich habe mich in der Adresse geirrt“, so der Angeklagte. Die 3800 Euro teure Ware war fort und der Lieferbote machte einen folgenschweren Fehler.
Die Stimmung im Gerichtsaal war angespannt, als sich ein 52-jähriger Mann wegen Unterschlagung und Beleidigung verantworten musste. „Ich arbeite seit acht Jahren in dem Unternehmen, warum sollte ich die Ware einfach an mich nehmen? Dann verliere ich meinen Job“, sagte der Angeklagte sichtlich aufgebracht. Die Rede war von einer Fritteuse im Wert von rund 3800 Euro. Doch wo ist die Fritteuse abgeblieben und was hat es mit der Unterschrift auf dem zweiten Auslieferungsbeleg auf sich? Fragen, denen das Berleburger Amtsgericht am Dienstagvormittag nachging.
Konkret wurde dem 52-Jährigen vorgeworfen, die Fritteuse am 5. April 2023 nicht wie vereinbart an der Anschrift in einem Erndtebrücker Ortsteil ausgeliefert zu haben. Stattdessen soll er sie an sich genommen haben. Einen Vorwurf, den der Angeklagte direkt von sich wies. „Ich habe die Fritteuse ausgeliefert, aber leider an die falsche Hausnummer. Das war mein Fehler“, sagte er. Erst wenige Tage später habe er davon erfahren und sei daraufhin erneut zu dem Haus gefahren, wo er die Ware abgelegt habe. „Ich sagte den Bewohnern, dass sie die Fritteuse zurückgeben sollen, sonst gehe ich zur Polizei“, so der 52-Jährige. Und das tat er: Am 24. Mai 2023 erstattete er in der Polizeiwache Bad Laasphe Anzeige wegen „Unterschlagung“.
Wo ist die Abstellgenehmigung?
Das Problem: Gleich mehrere Belege und Unterschriften sorgten während der Verhandlung für Verwirrung. So habe der Angeklagte laut eigenen Aussagen die Ware beim ersten Mal mittels „Abstellgenehmigung“ ausgeliefert. Auf dem Auslieferungsschein aber stehe der Name der Frau des Empfängers - darüber eine „Kritzelei“, die eine Unterschrift signalisierte. Die habe der Angeklagte selbst gemacht - „ich hatte ja eine Abstellgenehmigung“, beteuerte er immer wieder. „Dann zeigen Sie uns mal die Genehmigung“, forderte Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel. Der Geschädigte selbst sagte vor Gericht aus, dass er eine solche Genehmigung nicht erteilt habe und auch dass die Unterschrift nicht die seiner Frau sei. „Wir waren zu dem Zeitpunkt beide auf der Arbeit.“
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Als seine bestellte Ware nicht wie vereinbart geliefert wurde, hakte er beim Hersteller nach. „Es hieß, dass sie zugestellt sei.“ Er fragte bei den Nachbarn, doch niemand habe sie angenommen. Daher wurde eine zweite Fritteuse nach Maß gebaut - und geliefert, jedoch erneut ohne Unterschrift. „Der Fahrer rief mich an und sagte, dass er da ist. Ich war noch auf der Arbeit und sagte ihm, dass ich in wenigen Minuten zu Hause bin, doch er hatte keine Zeit“, so der Geschädigte. Wenige Tage später rief der Angeklagte ihn erneut an. „Er sagte, dass er wegen der fehlenden Unterschrift Ärger von seinem Chef bekam. Ich hatte ja angegeben, dass sie nur an mich und mit meiner Unterschrift zugestellt werden darf.“
„Wir waren zu dem Zeitpunkt beide auf der Arbeit.“
Also fuhr der Fahrer zur Arbeit des Geschädigten, gab ihm einen Lieferschein, den der Geschädigte unterschrieb - „leider“, wie er sagte. Denn: Auf dem Schein stand das Datum der ersten Auslieferung. „Wenig später erhielt ich eine Mail von dem Hersteller. Es hieß, dass ich ja unterschrieben hätte und die erste Fritteuse wieder aufgetaucht sei. Wer sollte denn die Kosten für die Zweite übernehmen?“ Er erstattete Anzeige wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung.
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Doch wo war die Fritteuse nun? Die Bewohner der von dem Fahrer angegebenen ersten Adresse beteuerten vor Gericht, nichts von einer Fritteuse zu wissen. „Wo sie nun ist, können wir hier nicht klären. Daher beschränken wir uns heute, was den 5. April betrifft, auf den Vorwurf der Urkundenfälschung“, so Richter Torsten Hoffmann. Einen Vorwurf, den der Angeklagte nicht hinnehmen wollte. Immer wieder beteuerte er, dass er eine Abstellgenehmigung gehabt habe, redete sich immer weiter in Rage. „Noch ein Wort und sie verbringen die Mittagspause im Keller“, mahnte ihn Richter Torsten Hoffmann.
Streit beim Abbiegevorgang
Doch es war nicht der einzige Vorwurf gegen den Angeklagten, der am Dienstag verhandelt wurde. Ferner soll er am 2. September 2024 einen anderen Mann am Einkaufszentrum in Erndtebrück beleidigt haben. „Ich war Linksabbieger, er wollte mit seinem Lkw nach rechts auf den Parkplatz fahren. Doch ich konnte nicht sehen, ob die Autos hinter ihm überholen oder nicht“, schildert der Zeuge. Beide hätten zunächst wild gestikuliert, später sei es zum Wortgefecht gekommen. „Die Beleidigungen waren mir noch egal, aber bei einem Messer ist die Grenze überschritten“, sagte er. So soll der Angeklagte im Zuge des Streits die Fahrertür aufgemacht und ein Messer gezeigt haben. Das bestreitet der Angeklagte. „Er hat mich in seiner Sprache beleidigt - ich ihn in meiner. Ich weiß nicht mal genau, was ich gesagt habe“, so der 52-Jährige. „Dass es zum Streit kam, daran habe ich keinen Zweifel“, so die Oberamtsanwältin mit Blick auf die Verhandlung und den Eintragungen im Bundeszentralregister.
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Denn es gibt einige Eintragungen - angefangen mit einer Verurteilung in 1992: gemeinschaftlicher Raub, Körperverletzung, Anstiftung zur Urkundenfälschung oder beispielsweise auch die unerlaubte Einfuhr von BTM in nicht geringer Menge befinden sich dort. Zudem läuft derzeit noch eine Bewährung.
Für die ihm neu vorgeworfenen Taten forderte Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel daher eine „deutlich spürbare Geldstrafe“. Am Ende verurteilte ihn Richter Torsten Hoffmann zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 40 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, binnen einer Woche kann der Angeklagte Revision einlegen.