Bad Berleburg. Diebstahl, Körperverletzung und Bedrohung: 28-Jähriger gesteht vor Gericht zahlreiche Strafen. Warum er aus dem Teufelskreis nicht mehr herauskam.

„Ich bereue, was ich getan habe. Wenn ich Drogen konsumiere, bin ich nicht mehr ich“, berichtete der Angeklagte vor Gericht. Seit seinem zwölften Lebensjahr konsumierte der heute 28-jährige Berleburger die unterschiedlichsten Drogen - angefangen mit Alkohol und Cannabis, später kamen weitere Substanzen wie Speed oder auch Heroin hinzu. Immer wieder kam er seitdem mit dem Gesetz in Konflikt. Am Dienstag saß er erneut auf der Anklagebank im Berleburger Amtsgericht. Dort wurden insgesamt 13 Verfahren verhandelt - von Körperverletzungen über Sachbeschädigungen, Beleidigung und Bedrohung bis hin zu diversen Diebstählen. Am Ende verurteilte ihn Richter Torsten Hoffmann zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Zudem ordnete er die Einziehung eines Wertersatzes in Höhe von 626 Euro zugunsten eines der Geschädigten an.

Dass es sich um mehrere Verfahren handelte, wurde direkt zu Beginn der Verhandlung deutlich. Mehrere Aktenordner stapelten sich auf dem Tisch der Staatsanwaltschaft. Unter anderem soll der 28-Jährige am 11. Oktober 2023 einen Mann mehrfach mit der Faust geschlagen haben, auch ins Gesicht.

„Er war damals im Milieu unterwegs, gemeinsam wurde konsumiert, es kam zum Streit.“

Julia Kusztelak
Verteidigerin

Hinzu kamen mehrere Diebstähle in diesem Jahr - unter anderem wurde ihm vorgeworfen, im April einen Werkzeugkoffer aus einem unverschlossenen Transporter sowie im August fünf Parfümtester aus einem Geschäft im Wert von 626 Euro gestohlen zu haben, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch zwei versuchte Diebstähle, einen davon mit einem Taschenmesser in der Jackentasche, wurden ihm vorgeworfen. „Das wollte ich aber niemals benutzen“, beteuerte der Angeklagte vor Gericht. „Das glaube ich Ihnen auch, aber das ändert nichts am Tatvorwurf“, mahnte Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel.

Nicht unerheblich war der Schaden, den der Angeklagte in der Zeit vom 26. bis 27. November an einem Klinikgebäude hinterließ. Der wurde auf rund 4000 Euro beziffert. Taten, die der Angeklagte direkt zu Beginn der Verhandlung auch einräumte. „Ich ärgere mich darüber. Ich war auf einem guten Weg, nachdem ich damals hier verbrannte Erde hinterließ.“ Damals verließ er seine Heimat, versuchte anderorts einen Neustart.

2022 kam er zurück nach Berleburg, habe einen Job gefunden, viel Sport getrieben. „Es lief wirklich gut“, sagte er. Doch es folgte eine Verurteilung in Niedersachsen, er wurde rückfällig, verlor den Job. Um seine Sucht zu finanzieren, habe er die Diebstähle begangen. Auch die körperlichen Auseinandersetzungen seien laut Verteidigung aufgrund der Drogensucht entstanden. „Er war damals im Milieu unterwegs, gemeinsam wurde konsumiert, es kam zum Streit“, sagte seine Verteidigerin Julia Kusztelak.

„Ich ärgere mich darüber. Ich war auf einem guten Weg, nachdem ich damals hier verbrannte Erde hinterließ.“

Angeklagter

„Sobald ich Drogen nehme, ist es, als wäre es eine gespaltene Persönlichkeit“, sagte der 28-Jährige. „Nichts wäre passiert, wenn ich nicht wieder konsumiert hätte. Wenn man merkt, dass das Leben ein Scherbenhaufen ist. Es ist, als habe man einen Vertrag mit dem Teufel gemacht“, beschrieb er die Zeit. Heute befindet sich der Angeklagte in Therapie, machte zuvor einen Entzug. „Ich bin froh, dass ich wieder fit bin.“ Er selbst strebe eine Adaption an - damit ist die Anpassung der Fähigkeiten eines Suchterkrankten an die Herausforderungen des Alltags gemeint. Die aktuelle Einrichtung biete so etwas auch an, wie auch Bewährungshelferin Cornelia Pohl berichtet. Sie selbst habe den Angeklagten bereits in unterschiedlichsten Verfassungen erlebt. „Wenn er clean ist, ist er freundlich und man würde ihm die Taten nicht zutrauen.“ Aber sie kennt auch die anderen Seiten. „Einmal kam er völlig unterkühlt zu mir ins Büro, schlief mit dem Kopf auf dem Tisch ein.“

In der Vergangenheit wurde der Angeklagte mehrfach rückfällig, beging diverse Straftaten. Das zeigte auch der Auszug aus dem Bundeszentralregister. Die erste Eintragung dort stammt aus dem Jahr 2010. Bis heute sind dort diverse Vergehen aufgelistet - von der Körperverletzung über Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, bis bis hin zu Sachbeschädigungen oder auch Diebstählen. Aktuell laufen drei Bewährungsstrafen. Die Taten selbst stünden laut Pohl im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum und dem Milieu. Sie befürworte den Paragrafen 35 des Betäubungsmittelgesetzes. Der eröffnet betäubungsmittelabhängigen Verurteilten die Möglichkeit, eine Therapie der Haft vorzuziehen. Ein Paragraf, den auch Richter Torsten Hoffmann befürwortet.

Er verurteilte den 28-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. „Sie haben sich geständig gezeigt und ich kann den Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht ausschließen. Dennoch sitzen Sie hier nicht zum ersten Mal“, so der Richter. „Es ist gut, dass Sie eine Therapie machen, doch eine vierte Bewährungsstrafe zu verhängen wäre nicht glaubwürdig. Als Gericht ist es auch unsere Aufgabe, die Allgemeinheit zu schützen. Es ist sicherlich schwierig für Sie, aber ich kann auch nicht ignorieren, was für Schäden in der Vergangenheit angerichtet wurden.“

Zuvor hatte die Verteidigerin auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten plädiert, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. „Mein Mandant hat die Taten nicht begangen, um sich seinen Luxus zu bezahlen, sondern um die Sucht zu finanzieren. Ich glaube, dass alle Taten hier aufgrund seiner Abhängigkeit begangen wurden.“ Sie stützte sich dabei auf die positiven Sozialprognosen der Klinik, seine bereits begonnene Therapie und verwies noch einmal auf die schweren Entzugserscheinungen ihres Mandanten während der Taten. Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel hatte zuvor für eine Freiheitsstrafe von drei Jahren plädiert.

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