Wittgenstein. Die Vamed Akutklinik Bad Berleburg und mehrere Kommunen setzen sich mit einer gemeinsamen Erklärung gegen die Schließung der Senologie ein.

OHne Kampf soll die frauenmedizinische Versorgung in Wittgenstein nicht aufgegeben werden. Nachdem NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in einem Antwortschreiben an die Bad Berleburger SPD-Fraktion keine Hoffnung auf den Erhalt der Senologie (Diagnostik und Behandlung von den Erkrankungen der weiblichen Brust, Brustkrebschirurgie) am Klinikstandort Bad Berleburg gemacht hatte, veröffentlicht die Pressestelle der Vamed Klinik Bad Berleburg nun eine gemeinsame Pressemitteilung der Städte Bad Berleburg, Bad Laasphe, Hallenberg, Hatzfeld (Eder) sowie der Gemeinde Erndtebrück und der Vamed Klinik Bad Berleburg zu der aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklung im Bereich der Brustkrebschirurgie und den damit verbundenen Konsequenzen für die Region und die medizinische Versorgung von Frauen. Die gemeinsame Erklärung veröffentlicht die Redaktion in Gänze.

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„Die Forderung von insgesamt fünf Kommunen sowie der Vamed Klinik Bad Berleburg an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bleibt klar und deutlich formuliert. Denn es geht um nicht weniger als die Zukunft der frauenmedizinischen Versorgung im Altkreis Wittgenstein und in der Region“.

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Gemeinsam richten die Städte Bad Berleburg, Bad Laasphe, Hallenberg, Hatzfeld (Eder), die Gemeinde Erndtebrück sowie die Vamed Klinik Bad Berleburg einen dringenden Appell an den Minister: Sie fordern den Erhalt und die dauerhafte Sicherstellung der Senologie am Klinikstandort. Das geht aus der gemeinsamen Pressemitteilung hervor. Konkret geht es dabei um eine Aussetzung der geplanten Mindestmengenregelung für die Brustkrebschirurgie, um die gynäkologische Versorgung sowie die Geburtshilfe sicherzustellen.

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Mit der geplanten Erhöhung der Mindestfallzahlen für Brustkrebsoperationen auf 100 Fälle pro Jahr droht der Vamed Klinik Bad Berleburg der Verlust dieses Versorgungsangebotes. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hatte die Mindestmenge für Eingriffe an der weiblichen Brust (Senologie) zuvor von 50 Operationen auf 100 Eingriffe pro Jahr verdoppelt. „Klar ist: Wir liefern jetzt schon eine hohe Qualität bei der Behandlung – daran ändern höhere Fallzahlen nichts. Gleichzeitig müssten Patientinnen künftig lange Fahrzeiten in Kauf nehmen – das ist nicht zumutbar, gerade dann, wenn es um ernsthafte Erkrankungen geht.“, macht Elmar Knoche, Geschäftsführer der Vamed Klink Bad Berleburg, deutlich. Dies hätte gravierende Folgen: Ohne diese zentrale Leistung wären nicht nur Brustkrebspatientinnen dazu gezwungen, auf weiter entfernte Krankenhäuser auszuweichen – auch die gesamte Frauenheilkunde sowie die Geburtshilfe am Standort stünden vor dem Aus.

Bernd Fuhrmann, Bürgermeister der Stadt Bad Berleburg, warnt: „Wir müssen die medizinische Versorgung dauerhaft sichern und auf eine breite Basis stellen – nicht nur in unserer Stadt der Dörfer, sondern in der gesamten Region. Auch und gerade für die Senologie.“

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„Die Vamed Klinik Bad Berleburg bietet derzeit eine qualitativ hochwertige, leitliniengerechte Brustkrebsdiagnostik und -therapie an. Patientinnen profitieren von vergleichsweise kurzen Wartezeiten und einer zeitnahen Behandlung, die entscheidend für den Heilungsverlauf sein kann. Mit dem geplanten Wegfall der Senologie würde eine gut funktionierende Versorgungsstruktur im ländlichen Raum geschwächt und die Situation für schwer- und schwerstkranken Frauen deutlich erschwert“, geht es aus der Pressemitteilung hervor.

Dirk Terlinden, Bürgermeister der Stadt Bad Laasphe, unterstreicht: „Die kompetente und wohnortnahe medizinische Versorgung ist für die Betroffenen von großer Bedeutung für einen Heilerfolg und damit volkswirtschaftlich als sinnvoll zu bewerten.“

Auch Henning Gronau, Bürgermeister der Gemeinde Erndtebrück, sieht eine besondere Belastung für die Menschen in der Region: „Es ist für die Region von großer Bedeutung, dass dieses medizinische Angebot vor Ort weiter erfolgen kann. Die langen Wege, die andernfalls entstehen, sind den Betroffenen nicht zuzumuten.“

Enrico Eppner, Bürgermeister der Stadt Hallenberg, betont die Bedeutung der Klinik über die Region Wittgenstein hinaus: „Leider ist es inzwischen so, dass wir im ländlichen Raum um viele Gesundheitsleistungen kämpfen müssen. Vorsorge, Behandlung und Heilungsprozess – alles setzt eine ordentliche Verfügbarkeit des gesundheitlichen Leistungsangebotes voraus. Für unsere Region ist die Senologie in Bad Berleburg auch Kreisgrenzen-übergreifend sehr wichtig.“

Dirk Junker, Bürgermeister der Stadt Hatzfeld (Eder), hebt hervor: „Als hessische Nachbarkommune sind wir auf die wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung angewiesen, die diese Klinik bietet. Die geplante Erhöhung der Mindestmengenregelung würde nicht nur die Brustkrebsbehandlung, sondern auch die gesamte gynäkologische und geburtshilfliche Versorgung gefährden.“

Vor allem für Frauen bedeute das eine erhebliche Verschlechterung ihrer medizinischen Versorgung. Lange Wege in Krankenhäuser nach Marburg, Siegen oder Olpe belasten die Patientinnen physisch, psychisch und finanziell. Die Zusatzkosten allein für die Fahrtwege zur Chemotherapie könnten dann pro Patientin bis zu 6.000 Euro betragen – eine Summe, die auch die Krankenkassen und damit indirekt die Versicherten zusätzlich belasten würde.

Aus diesen Gründen appellieren die unterzeichnenden Kommunen und die Klinikleitung an die Landesregierung, die Mindestmengenregelung in strukturschwachen Regionen wie Wittgenstein auszusetzen und durch bedarfsorientierte Lösungen zu ersetzen. „Die Gesundheitsversorgung darf nicht an starren Fallzahlen scheitern, sondern muss sich an den realen Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren – und zwar unabhängig davon, ob diese auf dem Land leben oder in der Stadt“, betonen die Unterzeichner der Erklärung.

Gemeinsame Erklärung der Bürgermeister, Abgeordneten, Fraktionsvorsitzenden der beteiligten Kommunen und der Vamed-Klinik-Geschäftsführung:

Die folgende gemeinsame Erklärung an Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann sowie weitere Landtagsabgeordnete wurde von den Bürgermeistern sowie Abgeordneten, Fraktionsvorsitzenden der beteiligten Kommunen und der Vamed-Klinik-Geschäftsführung gemeinsam erarbeitet und unterzeichnet, dann an Düsseldorf gesendet. Wir veröffentlichen die Erklärung an dieser Stelle in Gänze:

„Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister Laumann,

in Anbetracht des bevorstehenden Abschlusses der Krankenhausreform NRW und der durch den Gemeinsamen Bundesausschuss geplanten Erhöhung der Mindestmengenregelung für die Senologie (Brustkrebschirurgie) auf 100 Fälle pro Jahr, sehen sich die unterzeichnenden Kommunen und die Vamed-Klinik Bad Berleburg dazu gezwungen, eindringlich auf die weitreichenden Folgen für die Gesundheitsversorgung in der Region Wittgenstein sowie in den angrenzenden Städten und Gemeinden hinzuweisen. Die Beibehaltung der geplanten Fallzahlerhöhung bedingt, dass Brustkrebsoperationen nicht mehr in Bad Berleburg durchgeführt werden dürfen und in der Folge auch der Weiterbestand der Frauenheilkunde und der Geburtshilfe in der Klinik gefährdet ist. Ein solcher Verlust würde die Grundversorgung insbesondere für Frauen, Mütter und Neugeborene in einer ohnehin schon herausfordernden ländlichen Versorgungslage erheblich beeinträchtigen.

Begründung: 1. Reduzierung der körperlichen und psychischen Folgeschäden durch zeitnahe Diagnose und Behandlung: Die Vamed-Klinik Bad Berleburg sichert durch die Bereitstellung einer leitliniengerechten und qualitativ hochwertigen Brustkrebsdiagnostik und -therapie eine sehr gute Versorgungsqualität für die Region Wittgenstein und für ihre Nachbarkommunen. Patientinnen erhalten zeitnah einen Termin und alle notwendigen Untersuchungen – Mammografie, Ultraschall und Stanzbiopsie – können direkt vor Ort durchgeführt werden. Als Gründungsmitglied des „Brustzentrum Regio“ der Universitätsklinik Gießen-Marburg führt die Klinik Patientinnen in der Regel deutlich schneller einer leitliniengerechten Therapie zu, als in vielen anderen Regionen Deutschlands. Lange Wartezeiten, wie sie andernorts üblich sind, führen nachweislich zu schlechteren Behandlungsergebnissen, da die rechtzeitige Diagnose und der rasche Behandlungsbeginn entscheidend für den Heilungsverlauf sein können.

2. Gefährdung der Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Standort Bad Berleburg: Das Festhalten an der Mindestmengenregelung in der Senologie gefährdet die Existenz des gesamten gynäkologischen und geburtshilflichen Fachbereichs: Da die Erlöse aus dieser Leistung einen bedeutenden Anteil am Gesamterlös der Abteilung haben, hätte ihr Wegfall aufgrund einer Kostenunterdeckung direkte Auswirkungen auf den Fortbestand der Gynäkologie und Geburtshilfe und würde diesen mittelfristig gefährden. Dies wäre ein enormer Verlust für die Gesundheitsinfrastruktur in Wittgenstein und würde vor allem Frauen und Familien im ländlichen Raum stark treffen und diese gegenüber Frauen in urbanen Regionen benachteiligen. Tatsächlich würde eine bisher gute Versorgungslage künstlich und zu Lasten von Frauen verschlechtert.

3. Zusätzliche Belastung und erhebliche Kosten für Patientinnen und das Gesundheitssystem: Die geplante Umsetzung der Mindestmengenregelung und der damit einhergehende Verlust der Leistungsgruppe Senologie würde Frauen aus Wittgenstein dazu zwingen, für notwendige Behandlungen auf Kliniken in Marburg, Siegen oder Olpe auszuweichen. Diese Kliniken sind bis zu 60 Kilometer entfernt und einfache Fahrten nehmen oft über eine Stunde in Anspruch. Besonders für Patientinnen mit begleitenden Chemotherapien, die viele, oft tägliche Behandlungsfahrten erfordern, bedeutet dies eine erhebliche psychische, physische und finanzielle Belastung. Für die Krankenkassen entstehen ebenfalls hohe Zusatzkosten, da allein die Fahrtkosten für eine durchschnittliche Chemotherapie auf bis zu 6000 Euro pro Patientin ansteigen würden.

4. Auswirkungen der Reform auf die Versorgungssituation in NRW: Die Umsetzung der Mindestmengenregelung im Bereich der Brustkrebschirurgie betrifft in NRW rund 33 Standorte, die künftig die Anforderungen nicht mehr erfüllen werden. Dadurch entfallen zentrale Versorgungsangebote in vielen Regionen, was die verbleibenden Kliniken zusätzlich belastet. Die Aufnahme zusätzlicher 3 Fälle erfordert jedoch die entsprechenden Kapazitäten sowie Personal und Ausstattung, deren ausreichende Verfügbarkeit fraglich ist. Diese Reform erhöht so insgesamt das Risiko einer Verschlechterung der Versorgungssituation für Frauen in ganz Nordrhein-Westfalen. Forderung an die NRW-Landesregierung: Wir, die Städte Bad Berleburg, Bad Laasphe, Hallenberg, Hatzfeld (Eder) sowie die Gemeinde Erndtebrück und die Vamed-Klinik Bad Berleburg, appellieren eindringlich an Sie und fordern, die geplante Mindestmengenregelung für die ländliche und strukturschwache Region Wittgenstein und Umgebung auszusetzen. Eine flexible und bedarfsorientierte Regelung würde die Versorgung von Brustkrebspatientinnen und die damit verbundenen gynäkologischen und geburtshilflichen Leistungen am Standort Bad Berleburg stabilisieren. Die Menschen in Wittgenstein und der Region benötigen eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung, die nicht von starren Fallzahlen, sondern von den realen Bedürfnissen der Bevölkerung abhängig ist. Wir fordern daher die Sicherstellung einer nachhaltigen, wohnortnahen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum.

Erklärung gemeinsam beraten und abgestimmt mit den Bürgermeistern und Fraktionsvorsitzenden der beteiligten Kommunen sowie der Vamed-Klinik-Geschäftsführung am Montag, 11. November.“