Bad Berleburg. Die Gynäkologie in Bad Berleburg steht auf dem Spiel: Betriebsrat hat mit Landtagsabgeordneter Fuchs-Dreisbach gesprochen. Die HIntergründe.
Die Sorge um gravierende Auswirkungen der NRW-Krankenhausreform für die Region Wittgenstein wird immer konkreter. Aktuell verdichten sich Anzeichen dafür, dass die Vamed-Akutklinik in Bad Berleburg keine Zulassung für die Senologie bekommen wird. Diese chirurgische Behandlung von Brustkrebs ist aber einer der entscheidenden Faktoren für den Erhalt der gesamten Gynäkologie am Standort Bad Berleburg.
Auch interessant
Nach einem Gespräch mit der heimischen CDU-Landtagsabgeordneten Anke Fuchs-Dreisbach bezieht jetzt der Betriebsrat der Vamed-Akutklinik in einem Schreiben an die Redaktion Stellung und unterstreicht neben der Furcht vor dem Verlust von Arbeitsplätzen auch die Sorge um die frauenärztliche Versorgung der gesamten Region. „Es geht uns in erster Linie um den Erhalt der bisher sehr guten medizinischen Versorgung im ländlichen Bad Berleburg. Hier würde es zu einer Verschlechterung der Behandlung eines Teils der Bevölkerung kommen, allein, weil sie im ländlichen Raum beheimatet ist. Das wäre eine Benachteiligung, die so nicht hingenommen werden kann“, schreiben Ute Sucherlan und Rüdiger Wied vom Betriebsrat.
Auch interessant
„Minister Laumann sind all diese Argumente bekannt. Die Entscheidung liegt allein bei ihm.“
Beide kritisieren - ähnlich wie bereits der Klinikgeschäftsführer Elmar Knoche - auch die Grundlage für diese Entscheidung. In der Stellungnahme heißt es wörtlich: „In einem rein mathematischen Prozess hat man sich angeschaut, wie viele Kliniken bei einer bestimmten Mengenvorgabe die Behandlungen nicht mehr durchführen dürfen und wie sich dabei Entfernung und Zeitaufwand verändern. Ausschlaggebend war die Frage: Welche Fahrtstrecke und welche Fahrtzeiten sind für Frauen mit Brustkrebs zumutbar? So ist man dann irgendwann bei der Mindestmenge 100 sowie einer Fahrtzeit von 18 Minuten und einer Strecke von 15 Kilometern gelandet. Danach verlängert sich die durchschnittliche Fahrzeit von 14 Minuten (Klinik ohne Mindestmenge) auf durchschnittlich 18 Minuten und die Entfernung von durchschnittlich 10 Kilometern auf 15 Kilometer. Entfällt die Senologie im ländlichen Bad Berleburg, beträgt die durchschnittliche Fahrzeit zur nächsten Behandlungsmöglichkeit allerdings 60 Minuten und die durchschnittliche Entfernung 50-60 Kilometer! Das ist eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung und Benachteiligung, die keine Frau – keine Patientin – auf sich nehmen sollte, dann aber muss.“
„Katastrophe für die Frauen der Region“
Wenn die Senologie und damit die Diagnostik und Versorgung von Brustkrebs in Bad Berleburg wegfällt, dann befürchtet auch Ulla Belz weitreichende Folgen. Die CDU-Stadtverordnete aus Bad Berleburg und Stellvertretende Landrätin von Siegen-Wittgenstein hat gezielt auch in der CDU Unterschriften gesammelt und mit einem Brief an ihren Parteikollegen NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann geschickt. In dem Brief macht Belz klar: „Wir sind uns sehr sicher, dass mit dem Wegfall der Leistungsgruppe Senologie in der Vamed-Klinik in Bad Berleburg ein Domino-Effekt ausgelöst wird, der die Versorgung der weiblichen Bevölkerung einer ganzen Region erheblich verschlechtern würde. Dies wäre für alle Frauen in der großen Region eine Katastrophe.“
Ins gleiche Horn stoßen auch sechs Frauen aus der Bad Berleburger SPD um die Fraktionsvorsitzende Iris Gerstmann, die ebenfalls an Laumann geschrieben haben: „Auch wenn ein Weg von etwa 60 Kilometern auf einer Landkarte zumutbar erscheinen mag, ist die Realität einer bergigen Region, wie wir sie hier haben, deutlich komplexer. Die Höhenlage und die geografischen Gegebenheiten erschweren oft den Zugang zu dringend benötigten medizinischen Behandlungen und Präventionsmaßnahmen. [...] Eine einfache Fahrt nach Siegen würde schlechtesten Falls mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen! Von winterlichen Straßenbedingungen möchten wir gar nicht erst anfangen … Wenn es um schwerwiegende Krankheitsbilder wie Brustkrebs geht, wird daher die Notwendigkeit einer lokalen medizinischen Versorgung umso dringlicher. [...] Vor diesem Hintergrund stellen wir fest, dass es wichtig ist, dass die Behandlungsangebote auch in ländlichen Regionen ausgebaut werden. Keinesfalls aber gestrichen!“
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode aus Bad Laasphe fordert ebenfalls den Erhalt der Senologie: „Die Vamed-Klinik in Bad Berleburg ist schon auf Grund ihrer geografischen Lage bedarfsnotwendig für die Wittgensteiner Bevölkerung. Das hat das Land auch bereits für zahlreiche Leistungsbereiche der Klinik so bestätigt. Die in der Senologie angebotenen Leistungen entsprechen den gesetzten Qualitätskriterien bis auf die Fallzahl. Hier appelliere ich eindringlich an Herrn Minister Laumann, den für den ländlichen Raum möglichen Ermessensspielraum zu nutzen und die Senologie für Wittgenstein zu erhalten. Die geringeren Fallzahlen der Kliniken im ländlichen Raum müssten gegen die Fahrtzeiten der Patientinnen und auch die Wartezeiten gegenüber großen Kliniken abgewogen werden. Gerade im Fall von Karzinomen können die dann wahrscheinlichen langen Wartezeiten über Leben und Tod von Patientinnen entscheiden.“
„Sollte die Senologie in Bad Berleburg wegfallen, wäre die Gynäkologie – und damit auch die Geburtshilfe und das gynäkologische MVZ – nicht mehr auch nur andeutungsweise wirtschaftlich zu betreiben.“
Der Betriebsrat macht aber auch klar, was die konkreten Folgen für den Ausfall der Senologie auf die Restgynäkologie wären: „Sollte die Senologie in Bad Berleburg wegfallen, wäre die Gynäkologie – und damit auch die Geburtshilfe und das gynäkologische MVZ – nicht mehr auch nur andeutungsweise wirtschaftlich zu betreiben und es droht die Schließung des gesamten Bereichs. Wir erhalten zwar einen Sicherstellungszuschlag für die Geburtshilfe aufgrund der besonderen Lage Bad Berleburgs. Dieser Sicherstellungszuschlag hilft aber in diesem Fall auch nicht weiter, da wir mit diesem weder die laufenden Kosten, wie zum Beispiel Gehälter oder Medikamente, noch die ausbleibenden Erlöse kompensieren können.“
Auch interessant
Und die Betriebsratsvorsitzende Ute Sucherlan und ihr Stellvertreter Rüdiger Wied beschreiben auch, wer die Verantwortung dafür trage: „Zwar würde die Schließung formal durch den Geschäftsführer erfolgen. Ursächlich wäre aber laut unserer Landtagsabgeordneten Anke Fuchs-Dreisbach ein ‚reiner Verwaltungs- und Rechtsakt‘, der allein von Minister Laumann geändert werden könnte. […] Minister Laumann sind all diese Argumente bekannt. Die Entscheidung liegt allein bei ihm.“
Auf Nachfrage teilt das Büro der CDU-Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach mit, dass „noch keine abschließende Erklärung bezüglich der einzelnen Fachabteilungen der vom Krankenhausplan betroffenen Kliniken abgegeben werden“ kann. „Die entsprechenden Bescheide werden vom Ministerium erst im kommenden Monat an die Kliniken versendet. Bis dahin bitten wir höflich um Geduld.“
Auch interessant