Wittgenstein. Blutige Messerangriffe in Siegen und Solingen: So reagieren die Wittgensteiner Kommunen auf die zunehmende Gewalt bei öffentlichen Festen.

Eine Woche ist es nun her, dass der 25-Jährige, der am 20. August in Bad Laasphe seine Exfrau mit einem Messer verletzt haben soll, festgenommen wurde. Nur wenige Tage nach der Tat kam es in einem Shuttle-Bus zum Siegener Stadtfest zu einer weiteren Messerattacke im Kreis, bei der eine Frau mehrere Menschen verletzte, zum Teil lebensgefährlich. Und auch sonst wird derzeit von vielen Messerangriffen bundesweit berichtet – beim Solinger Stadtfest oder im Karlsruher Bahnhof. Nehmen Messerangriffe zu? Und wie gehen Wittgensteiner Kommunen mit den aktuellen Geschehnissen bei künftigen Veranstaltungen um?

Am 28. August hatte NRW-Innenminister Herbert Reul das Lagebild „Gewalt im öffentlichen Raum – Tatmittel Messer in NRW 2019 bis 2023“ präsentiert: „Rund 3500 Taten wurden 2023 mit dem Tatmittel Messer begangen. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 43 Prozent“, heißt es in einer Pressemitteilung des NRW-Innenministeriums. In Bezug auf Siegen-Wittgenstein ist anhand der Zahlen ein solcher Trend jedoch nicht zu beobachten. Im Jahr 2020 waren es 50 Messerangriffe kreisweit, 2022 stiegen die Zahl auf 83 und in 2023 waren es 65 Messerangriffe. Für das laufende Jahr wurden bis Juli 36 solcher Angriffe gezählt.

Messer als Tatwaffe in Wittgenstein

Messer als Tatwaffe sind aktuell stark in der Diskussion und es gab auch Straftaten in Wittgenstein, wie diese Beispiele zeigen.

Am 20. August verletzte ein 25-jähriger Syrer seine von ihm in Bad Laasphe getrennt lebende Ehefrau (31) mit einem Küchenmesser und flüchtete. Er wurde Tage später auf der Flucht festgenommen.

Am 25. Juli 2024 kam es bei einer Auseinandersetzung zwischen zwei Syrern im Bad Berleburger Rathauspark zu einer gefährlichen Körperverletzung mit einem Messer. Ein 42-Jähriger hatte einen 34-Jährigen leicht verletzt.

Am 4. Dezember 2023 bedroht ein 18-Jähriger Jugendliche in Bad Laasphe mit einem Messer und leistet bei der anschließenden Festnahme erheblichen Widerstand.

Am 1. Dezember 2023 kam es in einem Bad Berleburger Ortsteil zu einem Angriff. Dabei hatte eine psychisch erkrankte, 30 Jahre alte Tochter ihre Mutter mit einem Messer angegriffen und verletzt. Der Vater hatte Schlimmeres verhindert.

Im Februar 2019 verletzte ein alkoholisierter Nordafrikaner zwei Sicherheitsmitarbeiter in einer Flüchtlingsunterkunft mit einem Messer und konnte von der Polizei überwältigt werden.

Im Mai 2018 bedrohte eine stark alkoholisierte 34-jährige Frau, die zudem auch unter Drogeneinfluss stand, in einem Mehrfamilienhaus Rettungskräfte mit einem Messer.

Im September 2011 zückte ein polizeibekannter 19-Jähriger in Erndtebrück ein Messer und bedrohte mehrere Jugendliche, ehe er festgenommen werden konnte.

lpd

Zur Erklärung: „Messerangriffe im Sinne der polizeilichen Kriminalstatistik sind solche Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird. Das bloße Mitführen eines Messers reicht hingegen für eine Erfassung als Messerangriff nicht aus“, erläutert Niklas Zankowski, Pressesprecher bei der Kreispolizeibehörde. Zu den möglichen Motiven aber lasse sich nur spekulieren. „Die polizeiliche Kriminalstatistik gibt keine Infos zur Opfer-Täter-Beziehung/Motivlage her.“

Um Messergewalt einzudämmen, stellte Reul vor kurzem verschiedene Maßnahmen vor, die in den Kreispolizeibehörden, angepasst an örtliche Gegebenheiten und Kriminalitätsgeschehen, individuell umgesetzt werden. „Deshalb soll auch vor Ort analysiert und geprüft werden, welche Maßnahmen am besten greifen“, wird Reul zitiert. „Die örtliche Analyse noch nicht abgeschlossen“, so Zankowski. Auch wolle Reul prüfen lassen, ob zukünftig bei großen Festen Taschenkontrollen möglich seien. Doch wie gehen Kommunen nach den kürzlich stattgefundenen Ereignissen bei Großveranstaltungen um?

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„Aus Sicht der Stadt als kommunaler Ordnungsbehörde ist es so, dass eine letztendliche und absolute Sicherheit bei Veranstaltungen nicht herzustellen sein wird“, so die Stadt Bad Laasphe. „Es hat direkt in Folge der schrecklichen Ereignisse von Solingen bereits eine Konsultation mit der Kreispolizeibehörde stattgefunden, umso mehr hat die irre Tat in Siegen kurz darauf uns natürlich getroffen.“ Sofern Anmeldungen für große Veranstaltungen eingehen, werde seitens der örtlichen Ordnungsbehörde und im Genehmigungsverfahren darauf hingewiesen, „dass die Sicherheitskonzeptionen auf die Erkenntnisse der aktuellen Szenarien anzupassen sind“. Zudem könnte gegebenenfalls der Einsatz von bzw. ein Mehr an Sicherheitskräften ein Plus an Sicherheit schaffen. „Diese sind jedoch nicht bei allen Veranstaltungen im Einsatz bzw. erforderlich. Taschenkontrollen sind aus hiesiger Sicht am ehesten bei Veranstaltungen mit Einlasskontrolle eine durchführbare Maßnahme.“

Eine allgemeingültige Regelung sei aufgrund der unterschiedlichen Veranstaltungen jedoch kaum möglich, so die Abteilung Sicherheit und Ordnung der Stadt Bad Berleburg. „Öffentliche Veranstaltungen werden bei der Stadt im Rahmen eines Antrags auf eine Schankerlaubnis bzw. mit einem Erhebungsbogen für Veranstaltungen angemeldet“, heißt es. Die Angaben selbst werden u.a. der Polizei mit der Bitte um Stellungnahme zur Verfügung gestellt. „Sollte sich aus den Angaben des Veranstalters Hinweise für weiteren Regelungsbedarf ergeben, wird dieser mit dem Veranstalter kommuniziert. Hier könnte im Einzelfall eine spezielle Regelung z.B. für Einlasskontrollen erfolgen.“

„Taschenkontrollen sind aus hiesiger Sicht am ehesten bei Veranstaltungen mit Einlasskontrolle eine durchführbare Maßnahme.“

Stadt Bad Laasphe
zu künftigen Großveranstaltungen

Wie die Gemeinde Erndtebrück mitteilt, sei „die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei Veranstaltungen ohnehin planungsimmanent, bekommt durch die aktuellen Vorkommnisse in Solingen und Siegen aber sicherlich einen Bedeutungszuwachs.“ Der durch die Landesregierung zur Verfügung gestellter Orientierungsrahmen helfe Kommunen dabei, „das Gefahrenpotential bei Veranstaltungen einzuschätzen und das Sicherheitskonzept des Veranstalters fachgerecht zu prüfen“, so Anne Torno, Pressesprecherin der Gemeinde Erndtebrück. „Viele der zu treffenden Entscheidungen liegen bereits bei den Veranstaltern selbst und sind im Rahmen der Erstellung eines Sicherheitskonzeptes zu dokumentieren. Wir empfehlen Veranstaltern bei größeren Veranstaltungen, dieses Thema dort zu berücksichtigen.“

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