Siegen-Wittgenstein. Neue Krankenhausplanung in Siegen-Wittgenstein: Mehr Qualität durch Umstrukturierung. Was das für die Menschen im Kreis bedeutet.
Viele Menschen befürchten, dass mit der neuen Krankenhausplanung weite Fahrtwege für die gesundheitliche Versorgung anfallen. Tatsächlich werden im Rahmen der Krankenhausreform, die vom Bund in Zusammenarbeit mit den Ländern organisiert wird, die Leistungen der Krankenhäuser neu sortiert und in Leistungsbereiche aufgeteilt. Damit soll sichergestellt werden, dass Patienten flächendeckend eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung bekommen. Umgekehrt heißt das aber auch, dass nicht mehr alle Krankenhäuser die bisher gewohnten Leistungen anbieten werden.
Was für die Krankenhausträger vielleicht keine so positive Nachricht sein mag, empfindet Dr. Christoph Grabe, Leiter des Kreisgesundheitsamtes Siegen-Wittgenstein als wichtig. Er nennt drei Gründe für Reform: Geld, den Fachkräftemangel und die Qualitätssteigerung. Und er stellt klar: „Niemand muss sich Sorgen machen, hier nicht mehr behandelt zu werden.“
Die Grundlagenmedizin bleibt in jedem Krankenhaus vorhanden
Nun gilt: „Qualität vor Ortsnähe – bei den planbaren Eingriffen“, hebt der Amtsarzt hervor. „Die Notfallversorgung und Grundlagenmedizin wird weiterhin vor Ort angeboten.“ Das heißt, niemand muss bei einem Notfall oder nach einem Unfall weitere Wege ins Krankenhaus auf sich nehmen als bisher. Aber bei planbaren Eingriffen kann es sein, dass längerer Wege anstehen. „Durch die Zentrenbildung ist eine Qualitätssteigerung gewährleistet. Das ist auch im Interesse der Patienten“, sagt Grabe. „Abgesehen von den Spezialgebieten, ist es überall möglich eine Blinddarm-OP, Unfallversorgung, Magen- und Darmspiegelung oder Einstellungen bei Diabetes und Bluthochdruck vorzunehmen. Alles, wofür die Mehrheit der Patienten ins Krankenhaus muss, wird weiter überall möglich sein.“
Die Versorgung in Siegen-Wittgenstein sei „top“. Mit dem Diakonie Klinikum Jung-Stilling, dem St. Marien-Krankenhaus, dem Klinikum Siegen (ehemals Kreisklinikum), der DRK-Kinderklinik, der Vamed Akutklinik in Bad Berleburg sowie dem Diakonie-Klinikum Bethesda in Freudenberg sei die Region sehr gut abgedeckt. „Alles zusammen ist wie ein Klinikum der Maximalversorgung, es wird fast alles angeboten“, so der Leiter des Gesundheitsamtes.
Notfallversorgung auch im Altkreis Wittgenstein gewährleistet
Die Vamed Akutklinik in Bad Berleburg hebt er als „wichtigen positiven Einzelaspekt“ hervor: „Die muss auch Sicht des Kreises existieren, weil wir sonst eine Versorgungslücke hätten. Das betrifft auch den Hochsauerlandkreis und den Kreis Waldeck-Frankenberg“, so Grabe. Vor allem die Versorgung im Bereich der Herzkatheter und die geplante Stroke Unit sei entscheidend. Denn die nächstgelegen Stroke Unit ist aktuell in Weidenau im Klinikum Siegen. „Je länger ich bei einem Schlaganfall warte, desto mehr Gehirnzellen können untergehen. Von Aue-Wingeshausen nach Weidenau ist ein langer Weg, nach Berleburg geht es flott“, sagt Grabe. „Damit ist die Notfallversorgung auch im Altkreis gewährleistet.“
Schwerpunkte der Kliniken
Nach aktuellem Stand der Krankenhausplanung werden sich die Spezialgebiete in Siegen-Wittgenstein wie folgt aufteilen: Im St. Marien-Krankenhaus in Siegen wird die orthopädische Chirurgie, das heißt Wirbelsäulenchirurgie, Prothesen und Revisionseingriffe – das sind Eingriffe bei Problemen oder Nachbesserungen bei Prothesen – durchgeführt. Die Gefäßchirurgie wird eingestellt und künftig nur im Jung-Stilling angeboten, wie Grabe mitteilt.
„Durch die Zentrenbildung ist eine Qualitätssteigerung gewährleistet. Das ist auch im Interesse der Patienten. Alles, wofür die Mehrheit der Patienten ins Krankenhaus muss, wird weiter überall möglich sein.“
Das Diakonie Klinikum Jung-Stilling bleibt weiterhin ein überregionales Traumazentrum. „Hier können Patienten vom Hubschrauberlandeplatz direkt mit dem Aufzug in den OP gebracht werden“, erklärt Grabe. Neben Neurochirurgie wird auch die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ein weiterer Schwerpunkt bleiben. Die Kardiologie soll geschlossen werden – diese gibt es spezialisiert im Marienkrankenhaus sowie im Klinikum Siegen und in Bad Berleburg.
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Das Spezialgebiet der Neurologie und Psychiatrie sowie ein Lungenzentrum und die Thoraxchirurgie wird es weiter im Klinikum Siegen geben. Hüft- und Knieprothesen werden aber künftig nur noch im Marienkrankenhaus, in Freudenberg oder Bad Berleburg durchgeführt.
Von Schließungen im Kreis Siegen-Wittgenstein keine Rede
In der Vamed Akutklinik in Bad Berleburg werden dazu die Gynäkologie und Geburtshilfe sowie die Kardiologie erhalten bleiben. Die chirurgische Behandlung von Brustkrebs und die Rektum-Chirurgie allerdings nicht mehr.
Für den Kreis Siegen-Wittgenstein sei die Reform im Vergleich mit anderen Kreisen noch glimpflich ausgegangen: „Von Schließungen ist bei uns keine Rede“, sagt Grabe. „Der Trend der Spezialisierung wird weiter gehen. Aber keiner muss sich Sorgen machen, dass er künftig kein Gelenk mehr bekommt“, sagt der Leiter des Gesundheitsamtes abschließend.