Bad Berleburg. Leo Kroh und Franziska Wahl regieren den ältesten Schützenverein Wittgensteins. Nur einmal in der Vereinsgeschichte war ein König jünger.
Leonard Kroh hat sein Versprechen wahr gemacht. Vor einem Jahr hatte der 24-jährige Assistent der Geschäftsführung im elterlichen Autohaus bereits gesagt, dass er 2024 auf den Vogel schießen werde, „weil ich das schon immer wollte“. Aber ein paar Hürden musste „Leo“, wie ihn seine Freunde rufen, noch nehmen, ehe sein Traum Wirklichkeit wurde.
„Wir haben da schon vor Jahren drüber gesprochen. Aber richtig gefragt hat er mich erst gestern Abend beim Mitternachtsfest.“
Zuallererst war da die Königinnenfrage. „Wir haben da schon vor Jahren drüber gesprochen. Aber richtig gefragt hat er mich erst gestern Abend beim Mitternachtsfest“, berichtet die neue Schützenkönigin Franziska Wahl. Die 27-jährige Physiotherapeutin hatte aber sofort Ja gesagt, und strahlte am Samstagnachmittag voller Freude.
Erfolgreiche Preisschützen
Vor dem eigentlichen Vogelschießen stellten zahlreiche Bad Berleburger und auch Gäste ihre Treffsicherheit am Schießstand unter Beweis. Beim Schießen auf die Insignien des Königsvogels waren Reinhard Skwarr (Krone), Oliver Schlaf (Zepter) und Cedric Pfister (Reichsapfel) erfolgreich. Neuer Geck ist Henry Althaus. Der Preis der Hauptleute ging an Max Hackenbracht. Der Preis der Jungschützen ging an Lasse Rother. Herbert Marburger schoss den Preis der Schießgruppe, Steve Dussat, König des Jahres 2014, sicherte sich den Preis der ehemaligen Könige. Der Preis der Ehrenmitglieder wurde von Helmut Schneider geschossen. Der Preis des Fredensborg Rings ging an Ulrich Soase. Hendrik Lai schoss den Preis für die dänischen Gäste der Schützengesellschaft Harderslev. Weitere Gästepreise gingen an Frank Carstensen und Jens Jörgensmich.
Weitere Preise schossen: Meik Hövelmann, Ludwig Bettelhäuser, Marti Neutzler, Ralph Peters, Kilian Spies, Roland Kaiser, Jürgen Halverscheid, Chris Göbel, Klaus-Dieter Zissel, Dirk Winzer, Ludwig-Martin Winter, Lea Janson, Heiko Wittenborn, Karl-Heinz Winter, Hubertus Schäfer, Sandra Jensch und Alexander Bald,
Die nächste Hürde war noch schwerer zu nehmen. Unter der Vogelstange traf Leo Kroh auf Martin „Hüpper“ Sonneborn. Der 63-jährige Fahnenträger des Vereins gehört seit vielen Jahren immer wieder zum Kreis der Aspiranten. Sonneborn trat noch einmal an, um mit Sieglinde Surek das neue Königspaar zu stellen. Nachdem Sieglindes Sureks verstorbener Mann Hans in diesem Jahr 25-jähriges Königs-Jubiläum gehabt hätte.
Oft war „Hüpper“ in den vergangenen Vogelschießen auch der bessere Schütze, dem am Ende dann das letzte Quäntchen Glück gefehlt hat. Das war auch diesmal so. Unterstützt von Steve Dussat, wurde jeder Schuss besprochen und die Risse im Holz mit dem Fernglas analysiert. Auch Kroh erhielt wichtige Tipps. Wie fair es bei dem Duell zuging, zeigte sich auch am Ende. Die Königsaspiranten entschieden sich einträchtig, ausschließlich den rechten der zwei Schießstände zu nutzen.
Das Vogelschießen in Berleburg in Bildern
Am Ende waren es wieder Millimeter und Eigenheiten des Holzes, die über die Königswürde entschieden. „Martin war ein toller Gegner“, sagte der spätere Sieger Leo Kroh. Als dieser den von Matthias Dickel geschnitzten Vogel mit dem 230 Schuss von der Stange holte, war Sonneborn einer der ersten Gratulanten und fiel seinem Konkurrenten um den Hals. Allerdings konnte man „Hüpper“ die Enttäuschung ansehen. „Für mich war es das letzte Mal“, sagte ein sichtlich bewegter Sonneborn, während Leo Kroh auf den Schultern seiner Schützenkameraden aus der zweiten Kompanie durch die jubelnde Menge zum Königszelt getragen wurde.
Dort wurde das neue Königspaar gefeiert. „Unsere Eltern waren fast nervöser als wir“, schmunzelte Franziska Wahl. Ihr Vater, der bekannte Bäckermeister Andreas Wahl, hatte ihr zugerufen, wie stolz er auf seine Tochter sei. Und auch Leonards Vater Stefan war aus dem Häuschen. Hatte aber erst mal kaum Zeit sich zu freuen, weil es auch so viel zu organisieren galt.
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Ein bisschen Erfahrung hat die Familie Kroh darin aber. Der ehemalige stellvertretende Jugendleiter und heutiges Vorstandsmitglied der 2. Kompanie war vor fünf Jahren bereits Jungschützenkönig mit Marit Zumrodde gewesen. Im dritten Versuch hatte es damals geklappt. Kroh und Zumrodde stellten dann einen unfreiwilligen Rekord auf. Durch die Corona-Pandemie regierten die beiden bis 2022 drei Jahre lang.
Diesmal brauchte der junge Schütze keine drei Versuche. „Ich habe damals gesagt, fünf Jahre nach meiner Jugendkönigszeit, will ich den Vogel schießen.“ Und im vergangenen Jahr wiederholte er die Ansage. Nur passte es diesmal aus beruflichen Gründen nicht bei seiner Jungschützenkönigin, sodass er zeitig bei Franziska Wahl angefragt hatte, ehe Leo Kroh am Freitagabend dann noch einmal ganz offiziell fragte und grünes Licht bekam.
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1951 schoss der bisher jüngste König den Vogel ab
Mit seinem Königsschuss am Samstagnachmittag stellte Leo Kroh einen neuen Rekord auf. Zumindest für einen Teil der Vereinsgeschichte. Er ist seit Einführung des Mindestalters von 24 Jahren mit wenigen Monaten über der Altersgrenze jetzt der jüngste Schützenkönig der „Neuzeit.“ Kroh löst den damals wenige Monate älteren König von 2017, René Schachtschneider, als jüngsten Regenten ab.
Schaut man aber in der Geschichte des Vereins zurück. Dann ist wohl Fritz Becker (Leymanns) der allerjüngste König. Das schreibt uns dessen Tochter Cornelia Becker in einer Mail über ihren Vater, der „1951 mit nur 21 Jahren (und 4 Monaten) wider Willen und nur auf Wunsch seines Vaters auf den Vogel schoss. Es galt, wie sollte es anders sein, die Fortführung der Familien-Tradition sicherzustellen, was ihm damit damals gelang“. Becker regierte damals mit Helene Kraemer.
Junger König will Vorbild sein
„Natürlich wundern sich die Älteren. Aber ich finde, junge Leute sollten sich auch etwas zutrauen. Und ich wollte schon immer Schützenkönig werden“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion.
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Verfolgt hatten diesen spannenden Wettbewerb zahlreiche Menschen. Mehrere Tausend hatten sich auf dem Schützenplatz versammelt, um zu sehen, wer der neue König wird. Unter den Gästen war auch eine 66-köpfige dänische Delegation der Schützengesellschaft Haderslev.
Besuch aus Dänemark
Mit den dänischen Schützen verbindet die Bad Berleburger ein ganz besonderes Band. Der verstorbene Prinz Richard zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Ehemann der Schwester der früheren dänischen Königin Margrethe II., war Ehrenmitglied der Schützengesellschaft und dessen Sohn Prinz Gustav ist es seit gut zehn Jahren. Die Schützengesellschaft ist etwas ganz Besonderes - auch in Dänemark. Sie darf laut Satzung nur 200 Mitglieder haben. Erst wenn ein Schütze stirbt, kann ein neuer „guter dänischer Mann“ aufgenommen werden. „So will es die Satzung“, berichte Cording.
Vor ein paar Wochen erst hatte eine große Delegation aus Bad Berleburg beim traditionellen Schützenfest in Haderslev mitgefeiert. Das findet seit Gründung der Gesellschaft in 1857 immer am Waldemarstag, dem 15. Juli, statt. Egal ob dieser Tag auf ein Wochenende fällt oder ein Werktag ist. Das berichtete der 2. Vorsitzende der Schützengesellschaft, Kent Cording.
„Unser Schützenkönig war für ein Jahr von allen Steuern befreit. Leider ist das nicht mehr so, auch wenn wir unseren Bürgermeister jedes Jahr wieder darauf ansprechen.“
2011 waren die Dänen zum ersten Mal in Bad Berleburg gewesen, um ein Schützenfest zu feiern, das sich etwas von der dänischen Tradition unterscheidet. Immerhin gab es eine Regelung in Dänemark, die auch viele deutsche Schützen gut fänden. „Unser Schützenkönig war für ein Jahr von allen Steuern befreit. Leider ist das nicht mehr so, auch wenn wir unseren Bürgermeister jedes Jahr wieder darauf ansprechen“, schmunzelt Cording. Der Bürgermeister ist übrigens auch Mitglied der Schützengesellschaft.
Im September 2022 hatten sich die Vorstände beider Vereine mit Prinz Gustav über die Treffen in 2024 verständigt. Dazu gehörte nach dem Besuch in Dänemark vor drei Wochen nun in Bad Berleburg auch ein Empfang im Schloss: „Prinz Gustav hat so eine schöne Rede gehalten. Man merkt, dass es für ihn auch toll ist, dass wir diese Freundschaft intensivieren“, sagt Cording, der sich regelmäßige Besuche alle vier, fünf Jahre vorstellen kann.