Raumland. Ein Pflegefall in der Familie bei einem Vollzeitjob kann belastend sein. Bikar zeigt, wie Mitarbeiter trotzdem weiterarbeiten können.
Nachdem Bikar Metalle im vergangenen Jahr zum familienfreundlichen Unternehmen ausgezeichnet wurde, ergänzt die Firma ihr Portfolio nun mit der Teilnahme am Landesprogramm Vereinbarkeit Beruf und Pflege NRW. „Wir konnten schon Unterstützung für Frauen und Familien anbieten. Das Programm für Pflegende Angehörige ist eine optimale Ergänzung“, so Annalena Moll-Göbel. Sie konnte nun feierlich die Charta unterzeichnen.
Pflegekoffer zusammenstellen
Sie hat sich zum Gesundheitsguide ausbilden lassen und ist für die Mitarbeitenden bei Bikar nun Ansprechpartnerin. Betroffene schildern ihr grob die Situation und sie kümmert sich um einen Pflegekoffer. Früher handelte es sich wirklich noch um einen Koffer mit Materialien, heute ist daraus eine Internetseite geworden. Auf dieser Seite findet man Informationen, welche Angebote es für die Angehörigen gibt. Damit sich die Mitarbeiter auf den Krankheitsfall fokussieren können, sucht Annalena Moll-Göbel passendes Informationsmaterial heraus. Muss der medizinische Dienst eingeschaltet oder muss eine Kurzzeitpflege beantragt werden? Das sind wichtige Fragen, die vorab geklärt sein müssen. „Das Pflegekonzept muss stehen, wenn der Erkrankte wieder zu Hause ist“, erzählt sie. Es sei wichtig, einfach zuzuhören und die Information aufzubereiten, damit die Mitarbeiter nicht auch noch damit belastet werden.
„Die Pflege beginnt nicht erst am Pflegebett“, betont Annalena Moll-Göbel. Schon Aufgaben wie Haushalt oder Einkaufen für Angehörige können neben einem Vollzeitjob anstrengend sein. Darauf wird ebenfalls eingegangen. Das Programm beschränkt sich jedoch nicht auf die Pflege Angehöriger im Rentenalter. Auch Kinder mit Behinderung oder Einschränkung sind miteingeschlossen.
Vernetzung der Gesundheitsguides
Die Idee, am Landesprogramm Vereinbarkeit Beruf und Pflege teilzunehmen, kam dem Unternehmen bei der Rezertifizierung der Familienfreundlichkeit. „Wir haben andere Unternehmen kennengelernt, die bei diesem Programm schon teilnehmen.“ Unter anderem sind auch mehrere Reha-Kliniken, die EEW Erndtebrück und die Stadt Bad Berleburg bei der Umsetzung des Programms dabei und haben sich untereinander vernetzt. Die Kosten für das Landesprogramm wird von der AOK übernommen.
Derzeit ist Annalena Moll-Göbel die einzige Mitarbeiterin, die zum Gesundheitsguide ausgebildet wurde, da Bikar Metalle mit seinen 850 Mitarbeitern im Vergleich zu anderen noch ein recht kleines Unternehmen ist. Bisher hätten Gespräche mit drei Mitarbeitern stattgefunden, das entspreche etwa einem in der Woche. Das sei mit einer Person noch gut händelbar.
Fachkräftemangel durch Gesundheit ausgleichen
„Wir als Familienunternehmen versuchen, die Mitarbeiter so lange wie möglich im Unternehmen zu halten und tun alles dafür, dass Arbeit und Pflege miteinander vereinbar sind“, sagt Gesundheitsguide Annalena Moll-Göbel. Mitarbeiter hätten in diesem Fall Anspruch auf zehn bezahlte, freie Tage und im Zweifel könne auch über ein Teilzeitmodell gesprochen werden.
Abseits vom Landesprogramm Vereinbarkeit Beruf und Pflege zeigt Bikar Metalle viel Einsatz für die Gesundheit der Mitarbeiter. Es findet regelmäßig der Gesundheitstag statt, bei dem allgemeiner Input zu einer gesunden Lebensweise gegeben wird und Dinge erklärt werden, die im Arbeitsalltag leicht umzusetzen sind. Es kann jedoch auch individuell auf einzelne Mitarbeiter eingegangen werden. Dabei geht es nicht nur um körperliche, sondern auch um mentale Gesundheit. „Wir wollen den Fachkräftemangel durch Gesundheit ausgleichen“, erklärt Annalena Moll-Göbel. Im Gruppenraum sollen auch Yogakurse, Malkurse und After-Work-Partys stattfinden, um einen Ausgleich zur Arbeit zu schaffen.
„Es ist eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen“
Die Initiatorinnen haben sich also viel vorgenommen. „Es ist eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen“, sagt Pressesprecherin Lena Grosch. Mit der Ausbildung zum Gesundheitsguide, dem Pflegekoffer, der Vernetzung mit anderen Unternehmen und der Unterzeichnung der Charta sind die Grundsäulen des Landesprogramms geschaffen.