Bad Berleburg. Der scheidende Leiter der Wache Bad Berleburg spricht über „Gänsehaut“-Einsätze, Fußball und die zwei verurteilten Polizistinnen aus Schwelm.
„Vieles an unserem Beruf kannst Du auch mit dem Fußball vergleichen“, sagt Bernd Dickel. Der Leiter der Polizeiwache Bad Berleburg geht am Dienstag in den Ruhestand. Im Gespräch am Freitag an seinem Schreibtisch berichtet der Wemlighäuser über prägende Erlebnisse aus dem Einsatzalltag, über schöne wie den Fund eines Babys, aber auch fordernde wie das Überbringen von Todesnachrichten und darüber, was der leidenschaftliche Fußballer künftig machen wird – oder was sein Lieblingssport mit der Arbeit der Polizisten zu tun hat.
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Der Fußball aber hatte immer einen hohen Stellenwert für Dickel. Und vieles davon kann er deshalb auch mit seinem Beruf vergleichen. Als Polizist ist er Teamspieler und immer auch ein bisschen Schiedsrichter. „Wir müssen Regeln durchsetzen“, erklärt er. „Mit Reden, mit der Gesprächsführung kannst du vieles regeln.“ Und wenn nicht? „Dann werden wir immer restriktiver“, schmunzelt Dickel – und hat das Beispiel der Ruhestörung parat: Wenn es nach der ersten Ansprache nicht leiser wird, werde die Ansage deutlicher und dann geht es bis zur Anzeige. Der Schiedsrichter spricht auch erst mit dem Fußballer. Spielt der weiter Foul, gibt es die gelbe Karte. Und wer uneinsichtig weitermacht, sieht rot und wird vom Platz geschickt. Und noch eines haben Polizeibeamte mit dem Unparteiischen gemein: Sie müssen sich viel anhören. Aber nur wenn es wirklich persönlich wird, dann folge auch hier die rote Karte, sprich die Anzeige: „Die Kollegen haben ein dickes Fell“, weiß der Wachleiter.
Immer noch Gänsehaut bei diesem Fall
In 42 Jahren Dienst ist viel passiert. Aber einiges vergisst man eben nicht. „Bei einem Fall kriege ich heute noch Gänsehaut“, sagt Dickel. Das war vor gut 20 Jahren in Siegen, morgens an Heiligabend. Er war gerade allein im Streifenwagen auf dem Weg, um für die Wache Brötchen zu holen, als der Funkspruch reinkam. „Da sollte eine Babyleiche unter der HTS gefunden worden sein“, erinnert sich der ab heute 60-Jährige.
Türkische Bäcker, die dort in Geisweid immer ihre Backwaren umladen, hatten das Bündel in einer Tasche gefunden. „Ich habe das dann ganz vorsichtig aufgemacht und da war tatsächlich ein kleines Baby drin. Aber ein Finger hat sich bewegt. Es lebte. Dann habe ich das Baby in meinen Parka eingewickelt, dann im Streifenwagen die Heizung angemacht und es ins Krankenhaus gefahren.“ Was aus dem Kind geworden ist, weiß Dickel nicht. Aber vermutlich hatte seine Mutter es dort abgelegt, damit es gefunden wird.
Todesnachrichten überbringen
In all den Jahren gab es aber auch immer wieder fordernde Einsätze. Vor allem das Überbringen von Todesnachrichten lässt keinen Beamten kalt. „Aber das ist immer die Aufgabe der Vorgesetzten. Das übernimmt man, und die anderen können dann weiter ihre Arbeit machen.“ Teamarbeit! Das schätzt Dickel auch an seinem Job. „Du bist acht Stunden lang mit Kollegen im Streifenwagen unterwegs. Da entstehen zwangsläufig Freundschaften. Da erzählt man sich alles. Und das ist gut so, weil man sich aufeinander verlassen können muss“, sagt Dickel.
Und schnell kommt das Gespräch auf den Vorfall im Schwelm, bei dem zwei Polizistinnen ihre Kollegen bei einer Schießerei im Stich gelassen hatten. Er kann die Angst der Kolleginnen verstehen. Aber es dürfe eben nicht passieren. „Es gut, dass sie zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden sind“, kommentiert er das Urteil. Er kennt die Konsequenz: Sie müssen den Dienst quittieren. Dickel sieht das auch positiv: „Die Kolleginnen musst du auch schützen. Die können nicht mehr im Polizeidienst arbeiten“, sagt er.
Klare Kante in der Trainerfrage
Auch Bernd Dickel verlässt am Dienstag – zwei Tage nach seinem 60. Geburtstag – die Polizei und geht in den Ruhestand. „In 42 Jahren bin ich keine zehn Tage ungern im Dienst gewesen“, sagt er zufrieden. Was er mit seiner Zeit anfängt, weiß er genau. Er will sie genießen und weiter Sport treiben.
Schon sind wir zurück im Fußball: Ob bei den Sportfreunden Edertal in der Bezirksliga oder mit dem VfL Girkhausen als B-Liga-Meister – Dickel hat sportlich viel erreicht und geht immer noch zum Altherren-Training oder läuft im Winter Ski. Auf die Frage, ober nach der Pensionierung noch einmal einen Verein übernehmen will, gibt es eine klare Antwort: „Ich bekomme immer noch Anfragen von Vereinen. Aber wenn ich etwas mache, will ich es richtig machen. Weil ich aber jetzt ein Ferienhaus in Ungarn habe und viel Zeit dort verbringe, müsste ich viel an einen Co-Trainer delegieren. Das will ich nicht!“