Bad Berleburg/Lichtenau. Lichtenau geht bei Windkraft seinen eigenen Weg. Dort fließen Millionen in Stadtkasse und Bürger kassieren Pacht. Ein Modell auch für Berleburg.
Die Zahlen der Stadt Lichtenau sprechen eine deutliche Sprache. Die kleine Stadt im Kreis Paderborn hat jährlich zusätzliche Erträge um die fünf Millionen Euro aus Windkraft. Wie das funktioniert und warum die Akzeptanz der Windräder dort so hoch ist, das hat sich eine Delegation der SPD-Fraktion aus dem Bad Berleburger Stadtrat angeschaut.
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Hintergrund für diesen Besuch ist auch, dass der Investor WestfalenWind dort stark vertreten ist. WestfalenWind will in Bad Berleburg und Erndtebrück auf Flächen der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer bis zu 59 Anlagen errichten. In einer WP-Diskussionsveranstaltung zu Energiewende im April in Bad Laasphe hatte der WestfalenWind-Geschäftsführer Dr. Jan Lackmann ausführlich über unterschiedliche Beteiligungsmodelle gesprochen und Lichtenau erwähnt.
100 Anlagen installiert
„Die haben ganz viel richtig gemacht und wir können uns einiges von Lichtenau abgucken“, berichtet Sandra Peiser von der Bad Berleburger SPD. Sie hatte den Kontakt ins dortige Rathaus hergestellt. Lichtenaus parteilose Bürgermeisterin Ute Dülfer und ihr Kämmerer Andreas Dreier haben der Bad Berleburger Delegation erklärt, wie sich die Energiewende in der 10.000- Einwohner-Stadt seit 2005 entwickelt hat. Auf den 192 Quadratkilometern-Fläche haben die Lichtenauer 100 Anlagen installiert. „Die haben 8,9 Prozent der Fläche als Vorrangzonen ausgewiesen“, berichtet die SPD-Fraktionsvorsitzende Iris Gerstmann. Das ist deutlich mehr als die aktuell geforderten 2 Prozent.
Mit Investoren und Bürgern gemeinsam planen
„Die haben sich aber auch für die Vorrangzonenplanung mit den Investoren und den Bürgern zusammengesetzt“, erläutert Sandra Peiser. Interessant für die betroffenen Bürger sei, dass nicht nur die direkten Grundbesitzer Pacht erhielten, sondern auch die, die bis zu zwei Kilometer im Umkreis einer Anlage wohnten, beteiligt würden. Außerdem sei es möglich, sich über Genossenschaftsmodelle mit jeweils 500 Euro Einlage an den Anlagen zu beteiligen. Die Bürger erhalten außerdem von WestfalenWind einen Strompreis von rund 36 Cent je Kilowattstunde bis maximal 10.000 Kilowattstunden.
Leistung lohnt sich finanziell
„Die haben ganz viele Möglichkeiten“, ist Sandra Peiser begeistert. Und auch die Fraktionsvorsitzende Iris Gerstmann macht klar: „Wir werden Windkraftanlagen nicht verhindern können, aber wir werden alles dafür tun, dass die Stadt Bad Berleburg und die Bürger davon profitieren können“. So kommen die Gewinne in Lichtenau zustande: Die 100 Anlagen liefern 180 Gigawatt Leistung. Das klingt nach viel, ist aber nach heutigen Maßstäben eher wenig. Die Gesamtleistung ist entscheidend für Geld, das die Kommunen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bekommen können. 0,2 Cent pro Kilowattstunde fließen dann an die Stadt oder Gemeinde, in der sie erzeugt werden. Für Lichtenau heißt das: 30.000 Euro pro Anlage und Jahr.
Diese freiwillige Leistung der Stromerzeuger wird vertraglich fixiert. Und der Windkraftbetreiber bekommt sich vom Energiekonzern zurück. Zwar zahlten die Verbraucher diese 0,2 Cent mit ihrer Stromrechnung, allerdings fließen diese auch wieder in die Kommune zurück.
1,5 Millionen Gewerbesteuer
Aus der Gewerbesteuer nimmt Lichtenau jährlich rund 1,5 Millionen durch Windkraft ein. Dann gibt es das Modell einer Kabelpacht. Dabei werden Kabeltrassen mit einem Euro je laufendem Meter berechnet. Zusätzlich, so Sandra Peiser, habe man die Investoren verpflichtet, Wirtschaftswege, die für die Anlagen-Errichtung genutzt wurden, wieder zu sanieren.
Ein weiterer Punkt ist, dass die Stadt über ihre Stadtwerke auf kommunalen Flächen selbst Anlagen errichtet hat. Sechs dieser eigenen Windräder erwirtschafteten jährlich einen Reingewinn von 150.000 Euro je Anlage.
50 zusätzliche Jobs
Über die Windkraftunternehmen ist außerdem ein Trainingszentrum für Wartungstechniker des Windradherstellers Enercon errichtet worden. Insgesamt seien durch die Energiewende 50 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden und die Kaufkraft habe sich in der Stadt durch die zusätzlichen Geldquellen der Bürger um 2,5 Millionen Euro jährlich erhöht.
Die bessere Finanzausstattung der Kommune, aber auch die freiwilligen Zahlungen von Investoren in eine Bürgerstiftung, ermöglichen die Förderung von Projekten in der Stadt. Weil eine solche Stiftung als Sammelort für Gelder bereits im Vorfeld geschaffen werden müsse, will die SPD bereits jetzt einen Antrag stellen, so Iris Gerstmann.