Wittgenstein. Durch finanzielle Beteiligung von Anwohnern kann die Akzeptanz für Windkraft gesteigert werden. So kann das auch in Wittgenstein funktionieren.

Die Windkraft zur nachhaltigen Energiegewinnung hat viele Anhänger und Gegner. Eine Entwicklung in Schleswig-Holstein bringt nun ein Modell ins Spiel, das die Akzeptanz von Windenergieanlagen (WEA) steigern kann: die finanzielle Beteiligung von Anwohnern am Ertrag der WEA. Die Redaktion hat nachgefragt, ob dies auch ein Modell für Wittgenstein sein könnte.

2016 hat das Land Mecklenburg-Vorpommern als erstes Bundesland ein verpflichtendes Beteiligungsgesetz erlassen – und ein Windenergie-Unternehmen hatte dagegen eine Verfassungsklage eingereicht, die vor kurzem vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen wurde.

Das Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern, dem das Bundesverfassungsgericht jetzt nach einer Klage Recht gab, schreibt vor, dass Betreiber von Windenergieanlagen vor dem Bau eines Windparks eine Projektgesellschaft gründen und zusätzlich noch den Gemeinden und Bürgern im Umkreis von fünf Kilometern mindestens ein Fünftel der Anteile zum Kauf anbieten müssen.

Die Kommunen

Wäre das auch eine Variante, die in Wittgenstein für mehr Akzeptanz sorgen könnte? „Es ist sicherlich unstrittig, dass die Akzeptanz von WEA steigen kann, je mehr Menschen hiervon profitieren können. Diese Aspekte sind auch den Investoren bekannt, die sich aktuell mit der Errichtung von WEA in Erndtebrück beschäftigen.

Lesen Sie auch:Wittgenstein: Mehr Windkraft im Wald nur eine Frage der Zeit

„Ob und wie eine freiwillige Beteiligung der Bevölkerung geplant ist oder die Bürger der Gemeinde womöglich anderweitig profitieren können, ist aktuell nicht absehbar, soll im weiteren aber mit den einzelnen Projektierern erörtert werden“, teilt dazu die Gemeindeverwaltung Erndtebrück mit.

„Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern ist aus Sicht der Gemeinde Erndtebrück sehr positiv zu bewerten. Eine gesetzliche Regelung in NRW, die ebenfalls regelt, dass die Menschen vor Ort von den Anlagen in der eigenen Gemeinde profitieren, wäre sehr zu begrüßen“, heißt es aus dem Rathaus.

Entscheidung eröffnet weitere Beteiligungsmodelle

Auch in Bad Laasphe wird die Entwicklung beobachtet: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eröffnet den Landesgesetzgebern, neben Bürgerwindparks weitere Beteiligungsmodelle landesgesetzlich zu regeln“, so Bürgermeister Dirk Terlinden. Dies könne unter Umständen die Akzeptanz von Windenergieanlagen in der Bevölkerung erhöhen, so Terlinden. „Ob und in welcher Weise entsprechende landesgesetzgeberische Aktivitäten aufgrund des Urteils auch in NRW erfolgen, bleibt aber abzuwarten. Freiwillige Beteiligungsformen seitens der Unternehmen bleiben hiervon freilich unberührt.“

Lesen Sie auch:Siegen: Bürger sollen sich an Windparks beteiligen können

Zu einer erhöhten Akzeptanz vor Ort gehören laut Christoph Koch, Dezernent und Fachbereichsleiter Planen, Bauen, Wohnen bei der Stadt Bad Berleburg, eine bessere, „das heißt verpflichtende finanzielle Beteiligung der Gemeinden an neuen Wind- und PV-Anlagen und eine finanzielle Beteiligung auch für Altanlagen.“ Es seien insofern etliche Beteiligungsformate denkbar. „Vorrangig sollte man auf kooperierende Weise mit dem jeweiligen Projektierer ins Gespräch gehen. Insofern ist die im aktuellen Beschluss zum Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern verhandelte verpflichtende Möglichkeit nur eine von mehreren Varianten“, so Koch.

Lesen Sie auch: Wittgenstein im Trend: „Wärmepumpe im Neubau alternativlos

Denkbare Teilhabemodelle unterscheiden sich demnach unter anderem in Bezug auf den Kreis der Beteiligten, die Möglichkeit der Mitbestimmung und das finanzielle Risiko. „Denkbar sind kooperative Bürgerwindprojekte, die für eine Beteiligung von Bürgern, regionalen und lokalen Energiegenossenschaften sowie lokalen Unternehmen offenstehen. Des Weiteren sind Ausgleichsleistungen entsprechend des Stromerlöses für Bürgerstiftungen und Infrastruktur eine interessante Variante“, so Koch weiter. Um die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen, sollte mehr auf freiwillige Selbstverpflichtung als rechtliche Verpflichtung gesetzt werden, plädiert Koch.

Das Unternehmen

WestfalenWind ist eines der Unternehmen, das derzeit in Wittgenstein WEA plant. „Die Beteiligung der Bevölkerung am Windenergie-Ausbau ist Kernthema der Unternehmensphilosophie von WestfalenWind“, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. „Die Energiewende wird kommen, da geht kein Weg daran vorbei. Wir wollen sie gemeinsam mit der Region Wittgenstein angehen und sie zu dem machen, was sie ist: eine Chance für die beteiligten Kommunen, die Wirtschaft und die Menschen, die dort leben“, so Dr. Jan Lackmann, Geschäftsführer der WestfalenWind.

Lesen Sie auch: Erndtebrück trifft eine Grundsatzentscheidung zur Windkraft

„Windstrom ist zusammen mit Solarstrom die günstigste Form der Energiegewinnung. Davon sollten unserer Meinung nach auch die Menschen in der produzierenden Region profitieren“, lässt das Unternehme verlauten. Anwohner können demnach von vergünstigten Stromtarifen profitieren. Auch habe die Beteiligung der Bevölkerung habe Tradition: Mittels Stiftungen werde vor Ort das Ehrenamt unterstützt. „Daneben haben wir in mehreren Windparks direkte Bürgerbeteiligungen – beispielsweise über Genossenschaftsmodelle – ermöglicht.

Lesen Sie auch: Wittgenstein: Eigene Grundsteuer für Windkraft im Gespräch

Die Nutzung der Windenergie biete für ländliche Regionen und ihre Menschen viele Vorteile bieten. „In welcher konkreten Ausgestaltung dies in Wittgenstein erfolgen wird, haben wir in einem solch frühen Stadium natürlich noch nicht umrissen. Hierfür werden wir detaillierte Gespräche nicht nur mit dem Eigentümer, sondern auch mit der lokalen Politik führen“, so WestfalenWind.