Diedenshausen. Inzwischen weiß er wann und wo der Amtsschimmel wiehert. Die Landesgrenze mitten im Bach trennt nicht nur das Dorf, sondern auch Zuständigkeiten.
Dr. Hartmut Dienst ist in der Welt herumgekommen. Der 74-jährige frühere Bauingenieur ist 2004 zurück nach Diedenshausen in sein Heimatdorf in die Johannes.-Althusius-Straße 1a gezogen. Oder geografisch genauer gesagt nach Bromskirchen, Zum Heiligenholz 11. Und damit ist der Ärger vorprogrammiert. „Jahrzehnte lang sind wir gut zurechtgekommen“, sagt Dienst. Inzwischen weiß er wann und wo der Amtsschimmel wiehert.
Das Grundstück seines Vaters liegt auf beiden Seiten des Bächleins Elsoff. Doch der Bach ist hier Grenzfluss zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die alte Holzwarenwerkstatt von Diensts Vater liegt am rechten Ufer in Bad Berleburg - NRW. Das Wohnhaus am linken in Bromskirchen - Hessen. Eine Fußgänger Brücke verbindet beide Seiten und auch das ist baurechtlich nicht selbstverständlich.
+++ Diedenshausen - Das Dorf ist eines - aber nicht ganz
+++ Diedenshausen: Im Kräutergarten blüht die Siedlung auf
Aber zunächst zurück zur Post. Wenn Dienst etwas bestellt hat, dann kommt das Päckchen ohne Probleme an seinem Briefkasten in Berleburg an. Der ist für die NRW-Postboten gut von der Landstraße aus zu erreichen. „Wenn sie zu meiner Bromskirchener Adresse fahren wollen, brauchen sie einen Allrad-Pkw“, schmunzelt er über den Feldweg auf hessischer Seite.
Amtliche Post macht Probleme
Auf private Briefe, Geschäftspost oder Pakete müssen die Diensts im Regelfall nicht warten. Das Problem liegt in der amtlichen Post. „Seit Einführung der Postleitzahlen haben wir als Bewohner im hessisch/nordrhein-westfälischen Grenzgebiet Probleme mit verzögerten oder fehlgeschlagenen Zustellungen“, erklärt Dienst. „In unserem Personalausweis ist die Postleitzahl 59969 für Bromskirchen angegeben, nicht aber die für die Postzustellung gültige 57319 für Bad Berleburg.“
Das kann weitreichende Folgen haben: „Ich habe so fast einmal eine Frist in einem Mahnverfahren versäumt“, erinnert sich Dienst. Auch die für das Homebanking notwendigen TAN-Listen erhielt er nicht, weil für das so genannte Post-Identverfahren die Angaben aus dem Personalausweis zählen.
Problem erkannt, Gefahr gebannt, dachte sich der Diedenshäuser. Bereits in den Jahren 2012 und 2013 versuchte er gemeinsam mit anderen Betroffenen den Seibelsbach - wie in großen Stadtteilen auch - mit einer eigenen Postleitzahl zu versehen.
Dazu schalteten die Seibelsbächer nicht nur das Hessische Innenministerium, sondern auch das für die Post zuständige Bundeswirtschaftsministerium und auch die Post selbst ein. Ergebnis der 15 Monate dauernden Bemühungen: „Die Post lehnte die Vergabe einer zusätzlichen Postleitzahl ab und wollte das Problem stattdessen mit zwei Briefträgern lösen“, berichtet Dienst. Sendungen aus der Privatwirtschaft oder dem Handel sollten die Bad Berleburger Postboten zustellen, amtliche Post oder Sendungen von Kreditinstituten sollte über einen zusätzlichen hessischen Boten verteilt werden. „Wir hatten die Vergabe einer zusätzlichen Postleitzahl erwartet, aber nicht einen völlig unwirtschaftlichen Personaleinsatz. Deshalb lehnten wir die angebotene Steuerverschwendung ab“, so Dienst rückblickend.
Das es auch einfach geht zeigt er mit einigen Schreiben: „Die Wirtschaft ist das wesentlich kreativer.“ Post von seinem Energieversorger erhält er mit der hessischen Straßenbezeichnung an 57319 Bad Berleburg. Oder Post kommt an seine Adresse mit dem Ortsnamen 57319 Bad Berleburg-Bromskirchen. Ja sogar mit der doppelten Adressangabe funktioniert es.
Wer ist zuständig?
Die Konsequenz daraus: „Jetzt wollen wir eine zusätzliche Postleitzahl in den Personalausweis bekommen.“ Auch das droht in den Mühlen der Bürokratie zu verschwinden. Dienst hat das Bundesinnenministerium geschrieben, dass für die Ausgabe der Personaldokumente zuständig ist. „Die haben gesagt, dass Hessische Innenministerium sei zuständig – aber das kann ich mir nicht vorstellen. Das ist doch eine Bundesangelegenheit“, so Hartmut Dienst. Im Wiesbadener Innenministerium hat man Dienst geraten, sich an den Petitionsausschuss des Landtages zu wenden.
Das klingt nach einer unendlichen Geschichte, die wohl nur durch die elektronische Postzustellung gelöst werden wird.