Wittgenstein. Corona wird auch in Wittgenstein immer mehr zur Nebensache. So reagieren Arzt und Impfzentrum auf die Situation – und das Ende der Maskenpflicht.

Das Corona-Virus gerät auch im Altkreis Wittgenstein immer mehr aus dem Fokus der Menschen. In der Nachfrage beim Impfen zeigt sich das ganz deutlich. Wo ist der kleine Piks überhaupt noch zu haben?

Das sagt der Hausarzt

„Die Impfnachfrage hat natürlich deutlich nachgelassen“, sagt Dr. Oliver Haas, Hausarzt in Erndtebrück und Wingeshausen. Auch, „weil viele Menschen aus der Risikogruppe mittlerweile oft sogar vierfach geimpft sind“, also Ältere und Vorerkrankte. Außerdem hätten sich viele Menschen, die bereits dreifach geimpft seien, quasi „auf natürlichem Wege geboostert, weil sie sich infiziert haben“. Inzwischen gehe es bei den Infektionen im Übrigen fast nur noch um die Omikron-Variante, so Haas.

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Vor einer Infektion schütze die Impfung „mehr oder weniger null“, wohl aber gegen schwere Verläufe. Und Jüngere, die ungeimpft seien, hätten schon wegen ihres Alters einen milden Verlauf.

„Bitte Mundschutz tragen! Vielen Dank.“ Am Eingang zur Impfstelle in Bad Berleburg wird das Tragen der Maske von den Besucherinnen und Besuchern weiterhin verlangt.
„Bitte Mundschutz tragen! Vielen Dank.“ Am Eingang zur Impfstelle in Bad Berleburg wird das Tragen der Maske von den Besucherinnen und Besuchern weiterhin verlangt. © Unbekannt | Eberhard Demtröder

Jetzt zum Beispiel die Maskenpflicht nur noch auf Arztpraxen, Krankenhäuser und Altenheime zu beschränken, sei der richtige Weg, findet Haas. Damit setze man „auf die natürliche Immunität“. Eine Herdenimmunität per Impfung sei jedenfalls nicht mehr zu schaffen, allein wegen der vielfältigen Mutationen des Virus.

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Die Praxis Haas und Röhl verimpft derzeit 40 bis 50 Dosen pro Woche, inzwischen nur noch am Standort Erndtebrück. Dabei gehe es tendenziell um die dritte und vierte Impfung, berichtet Haas. Der Totimpfstoff Novavax sei übrigens „kein Gamechanger gewesen“, habe die Zahl der Impfungen also nicht wesentlich nach oben getrieben wie erhofft. „Wir haben damit bislang nur etwa fünfmal geimpft“, so Haas – bei bislang rund 11.000 Impfungen. Allerdings sei die Impf-Verträglichkeit bei allen verwendeten Impfstoffen „durchweg sehr gut“ gewesen: Dramatische Folgen habe keine der Impfungen in seiner Praxis gehabt, so Haas.

Stichwort Quarantäne: Der Wittgensteiner Mediziner hätte es begrüßt, wenn sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit seiner Forderung durchgesetzt hätte, dass sich Infizierte nur noch freiwillig in Isolation begeben. „Richtig wäre gewesen: Die Leute bleiben zuhause, wenn es ihnen schlecht geht. Und gehen wieder arbeiten, wenn sie sich fit fühlen.“ Hier hätte man durchaus lockern können, meint Haas – während man vor einem Jahr im Grunde noch viel schärfer hätte testen müssen. Aktuell empfiehlt Haas Patienten mit Erkältungssymptomen einen PCR-Test in der Praxis. Die Frage sei allerdings, wie deutlich ein Infizierter schon nach ein paar Tagen überhaupt noch infektiös sei. Zugleich könnten PCR-Tests noch Wochen oder Monate nach einer Ansteckung weiterhin positiv sein.

Und wie sieht es mit Corona im kommenden Herbst aus? „Ich glaube nicht, dass die Welle so hoch sein wird wie Anfang des Jahres“, schätzt Haas. Zwar würden „die Fallzahlen ansteigen, aber nicht so exorbitant“. Der kommende Winter werde wohl der letzte Corona-Winter sein.

Das sagt die Kreisverwaltung

Die Nachfrage sinkt – deshalb hat die Impfstelle Bad Berleburg in der ehemaligen Salzmann-Schule seine regelmäßigen Öffnungszeiten bereits auf drei Tage in der Woche reduziert.
Die Nachfrage sinkt – deshalb hat die Impfstelle Bad Berleburg in der ehemaligen Salzmann-Schule seine regelmäßigen Öffnungszeiten bereits auf drei Tage in der Woche reduziert. © Unbekannt | Eberhard Demtröder

Die Impfstelle Bad Berleburg des Kreises Siegen-Wittgenstein in der ehemaligen Salzmann-Schule am Stöppel, betrieben vom DRK, ist inzwischen nur noch Donnerstag und Freitag von 14 bis 18 Uhr sowie Samstag von 8 bis 12 Uhr geöffnet – und eine gewisse Nachfrage gibt es hier nach wie vor. „Letzte Woche waren es dort zwischen 30 und 40 Impfungen“, berichtet Kreis-Pressesprecher Torsten Manges. Geplant sei, die Öffnungszeiten demnächst noch einmal anzupassen -- der Nachfrage entsprechend verringert über den Sommer hinweg.

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Die Impfstelle als niederschwelliges Angebot für Bürgerinnen und Bürger jedoch komplett zu schließen – da sei nicht der politische Wille, so Manges. Das letzte Wort habe hier aber ohnehin nicht der Kreis, sondern das Land NRW. Und mit Blick auf eine weitere Corona-Welle im Herbst wären der Kreis und das DRK „jederzeit in der Lage, die Kapazitäten wieder hochzufahren, so Manges. Wichtig zu wissen: Bürgertests sind in der Impfstelle am Stöppel nicht möglich.

Das sagt das Ärztenetz

Auch bei den vernetzten Ärzten der Region Hinterland und Wittgenstein (ADR) hält sich die Nachfrage beim Impfen gegen das Corona-Virus in Grenzen. Fünf befragte Wittgensteiner Praxen meldeten maximal zwölf Impfungen pro Woche, so der kaufmännische Leiter des ADR, Bertram Roessiger aus Bad Berleburg – zum größten Teil zweite Auffrischungsimpfungen. „Und Novavax kommt so gut wie gar nicht zum Einsatz“, ergänzt Roessiger. Offenbar habe in „der Aufbruchstimmung Richtung Sommer niemand mehr Lust auf Corona“.

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Aber bei PCR-Testungen sei das Interesse inzwischen nicht mehr so hoch, so der kaufmännische Leiter. Offenbar seien nach den deutlichen Lockerungen bei den Corona-Regeln mittlerweile viel mehr Menschen unterwegs, die eigentlich infiziert seien. Hier habe die Ärzteschaft den Eindruck, dass es „eine hohe Dunkelziffer“ gebe.

Interview: „Die Zeiten passen wir der Nachfrage an“

Auch im Medizinischen Versorgungszentrum an der Bad Berleburger Vamed-Klinik wird weiterhin geimpft. Die Redaktion hat dazu mit Annette Thoms (Foto), der nicht-ärztlichen Leiterin des Medizinischen Versorgungszentrum gesprochen.

Wie ist aktuell die Resonanz auf das Impfangebot?

Auch im Medizinischen Versorgungszentrum an der Bad Berleburger Vamed-Klinik wird weiterhin geimpft. Dazu im Gespräch: Annette Thoms, die nicht-ärztliche Leiterin des MVZ.
Auch im Medizinischen Versorgungszentrum an der Bad Berleburger Vamed-Klinik wird weiterhin geimpft. Dazu im Gespräch: Annette Thoms, die nicht-ärztliche Leiterin des MVZ. © Unbekannt | Vamed-Klinik Bad Berleburg

Wir bemerken, dass die Impfnachfrage in unserem MVZ derzeit stark schwankt – mal haben wir in einer Woche keine Nachfragen, dann sind es wiederum über zehn Personen pro Impftag.

Welche Zeitfenster für Impfungen gegen das Corona-Virus gibt es im Bad Berleburger MVZ?

Wir führen die Impfungen in der Regel dienstagnachmittags durch, die Zeiten passen wir der Nachfrage an. Die Impftermine, die zur Verfügung stehen, können über unsere Internetseite abgerufen und auch dort gebucht werden.

Ist das Impfangebot mit Blick auf die vermutlich geringe Nachfrage überhaupt noch sinnvoll?

Auf jeden Fall! Wir halten es für absolut sinnvoll, das Impfangebot weiterhin aufrecht zu erhalten. Wer sich impfen lassen möchte, braucht schließlich auch eine entsprechende Möglichkeit dazu.

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Experten befürchten eine neue Corona-Welle im Herbst. Wäre das MVZ mit seinem Impfangebot darauf eingerichtet, sofern es aufrechterhalten würde?

Es ist nicht geplant, dass wir unser Impfangebot einstellen – insofern besteht auch im Herbst oder Winter weiterhin die Möglichkeit einer Impfung in unserem MVZ. Sollte die Nachfrage nach einer Auffrischungsimpfung im Jahresverlauf wieder steigen, richten wir entsprechend mehr Impftermine ein, da sind wir flexibel.

Sind beim MVZ eigentlich auch Corona-Bürgertests möglich? Wenn ja: Wie hat sich hier in der letzten Zeit die Nachfrage entwickelt?

Im MVZ führen wir leider keine Bürgertestungen durch. Allerdings bietet die Vamed-Klinik in der hauseigenen Abstrichstelle die Möglichkeit eines kostenfreien Bürgertests an. Termine können über die Internetseite der Klinik gebucht werden. Die Nachfrage nach Bürgertests ist proportional zur Impfquote und zu den Lockerungen im öffentlichen und privaten Raum gesunken. Dennoch gibt es weiterhin einen Bedarf, da an manchen Orten oder für bestimmte Anlässe immer noch 3G-plus oder strengere Vorgaben gelten.