Siegen. Wo sind die 400.000 Euro? Gab es sie überhaupt? Die alte Frau, die in ihrer Wohnung in Siegen fast getötet wurde, soll wegen ihres Geldes überfallen worden sein.

Wo sind die 400.000 Euro? Oder wie viel Geld auch immer in der Wohnung der alten Frau angeblich versteckt war, die am 20. Juni von ihrer ehemaligen Schwiegertochter halb tot geschlagen worden sein soll. Es werden in diesem Prozess vor dem Landgericht Siegen mehrere Summen genannt; die 400.000 Euro bestätigen mehrere der Polizisten, die mit diesem Fall befasst waren. Fest steht, dass die Geschädigte buchstäblich im Chaos hauste - und gleichzeitig überaus vermögend war. Denn auch wenn das in einem Mülleimer versteckte Bargeld bislang nirgends aufgetaucht ist: Auf ihren Konten hatte die Geschädigte eine sechsstellige Summe.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Am Dienstag, 28. Januar sagen weitere Ermittler als Zeugen aus; es gelingt ihnen nur bedingt, weiteres Licht in das Dunkel jenes Tattages zu bringen - auch, weil das ein halbes Jahr her ist und viele der Beamtinnen und Beamten nur am Rande mit der Aufklärung zu tun hatten; hier eine Vernehmung, da eine erneute Durchsuchung. Das Geschehen in der Wohnung der Geschädigten spielte sich zwischen Opfer und mutmaßlicher Täterin ab, Zeugen gab es keine, lediglich von den Ermittlern zusammengetragene Spuren und Daten. Gefunden wurde die alte Frau erst drei Tage später, gefesselt und nahezu bewegungsunfähig in ihrem zugesperrten Badezimmer.

Raubmord in Siegen? Alte Frau erzählt noch im Schockraum der Notaufnahme von geraubtem Geld

Zunächst sei der Vorfall noch als schwerer Raub eingestuft worden, berichtet am Dienstag die Kriminaloberkommissarin, bei der als Sachbearbeiterin die Fäden zusammenliefen, bis sich die Hinweise auf einen versuchten Mord verdichteten und entsprechend eine Mordkommission gebildet wurde. Auswertung von Handydaten, Besorgen von Durchsuchungsbeschlüssen, die Tatverdächtige erst einmal finden und so schnell wie möglich in Siegen vernehmen - die 59-Jährige war mit dem Zug nach Leipzig zu ihrer Mutter gereist. Die 83-Jährige habe dann noch im Schockraum der Notaufnahme von den 400.000 Euro erzählt, die ihre Ex-Schwiegertochter angeblich mitgenommen habe.

„Ausgeschlossen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das möglich sein soll.“

Polizeibeamter
zur Frage, ob das gefesselte Opfer das Bad verlassen haben kann

Die Polizei suchte erneut. Nicht ganz einfach, sagt ein Beamter; vielmehr: „Schwierig. Sehr schwierig.“ Mit „unaufgeräumt“ sei die winzige Dachgeschosswohnung der Frau nicht wirklich treffend beschrieben, „chaotisch“ treffe es eher. Alles völlig unsystematisch vollgestellt, teils nur schmale Pfade, um sich zu bewegen, Mülltüten und Gläschen voller Dinge, die eigentlich entsorgt gehören und erstmal beiseite geschafft werden mussten, bevor die Beamten beispielsweise Schränke öffnen konnten. Die genauso vollgestopft waren. „Wir konnten uns in der Küche kaum bewegen.“ Das Geld fanden sie nicht, jedenfalls so viel nicht, nur kleinere Beträge. Das Handy, ihr Personalausweis und ihre Bankkarten sind ebenfalls immer noch verschwunden.

Versuchter Mord in Siegen: 83-Jährige übel niedergeschlagen und im Bad gefesselt

Die Beamten fanden aber einen Strick, mit dem die alte Frau wohl gefesselt war, sowie jede Menge blutige Fußspuren in der ganzen Wohnung. Entgegen ihrer oft wirren und widersprüchlichen Aussage, nach der sie noch durch die Wohnung gegangen sei, nachdem sie niedergeschlagen und im Bad gefesselt wurde, können diese Abdrücke nicht von der Geschädigten stammen, sagt ein Beamter: „Ausgeschlossen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das möglich sein soll.“ Die Tür zum Bad war zu und die Schuhe des Opfers, die darin gefunden wurden, passen nicht zu den Abdrücken. Dieser Teil ihrer Aussage dürfte einigermaßen wertlos sein. Und es fanden sich Sparbücher, mit durchaus beachtlichen Summen. Auf dem Konto der Geschädigten seien nach Auswertung mehr als 200.000 Euro gewesen, berichtet ein Beamter. Keine Bargeldabhebungen im Tatzeitraum.

+++ Immer auf dem Laufenden mit WhatsApp: Hier geht‘s zum Kanal der Lokalredaktion Siegen +++

Auch die Wohnung der Angeklagten wurde durchsucht, dabei fanden sich zwei Hosen mit „rot-bäunlicher Anhaftung“, womöglich Blut, angeblich Haarfärbemittel. Außerdem 1000 Euro in einer Schachtel im Wohnzimmerschrank, sowie gut 800 Euro im Portemonnaie der Angeklagten, die eigentlich so gut wie gar kein Geld hatte. Und: Schuhe, die zu den blutigen Abdrücken in der Wohnung des Opfers passten - allerdings äußerst gründlich gesäubert. An diesem Punkt sei die Beschuldigte vorläufig festgenommen worden, der Verdacht auf versuchten Mord erhärtete sich.