Siegen. Vor dem Landgericht Siegen schildern Polizeibeamte ihre Eindrücke im Fall des versuchten Mordes. Eine 59-jährige Siegenerin soll eine ältere Dame fast totgeprügelt haben.

Dritter Verhandlungstag im Prozess gegen die 59-jährige Siegenerin am Landgericht Siegen. Versuchter Mord lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft, zu der am Dienstag, 21. Januar, Beamte des Kriminalkommissariats und der Siegener Polizei in den Zeugenstand gerufen werden. Dabei kommen einige Details und Ermittlungsergebnisse über das, was sich am 20. Juni 2024 in der Wohnung des 83-jährigen Opfers abgespielt haben soll, ans Licht.

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Der 59-Jährigen wird vorgeworfen, an diesem Tag ihre ehemalige Schwiegermutter in deren Wohnung schwer geschlagen zu haben mit dem Ziel, an in der Wohnung gelagertes Geld zu kommen. Dabei habe sie in Kauf genommen, dass die 83-Jährige stirbt - unter anderem mit einem schweren Aschenbecher, angeblich auch mit einem Bügeleisen und einem großen Locher soll die Angeklagte auf sie eingeprügelt, die alte Frau auch gewürgt haben. Dann habe sie sie laut Anklage an Händen und Füßen gefesselt, die Seniorin lag mehrere Tage in ihrer Wohnung, bis ihr Sohn sie fand. Die Tür zum Badezimmer, hinter der er seine Mutter vermutete, ließ sich jedoch nicht öffnen, woraufhin er die Polizei und den Rettungsdienst verständigte.

Landgericht Siegen: Polizeibeamte berichten über Eindrücke vom Tatort – „überall Blutlachen auf dem Boden“

Die beiden Polizeibeamten seien in etwa zeitgleich mit dem Rettungsdienst am Tatort angekommen und gemeinsam mit diesen in die Dachgeschosswohnung gelangt. Geräusche des Opfers habe man hinter der Tür zum Badezimmer wahrgenommen. „Die Tür ging nicht auf, deswegen hat einer der Rettungskräfte die Tür gewaltsam aus den Angeln gehoben“, schildert der junge Polizeibeamte seine Sicht der Dinge. Die 83-jährige Frau habe man dann auf dem Boden liegend vorgefunden. „Sie kam nicht mehr hoch, war mit Blut bedeckt.“ Ähnlich gibt es auch seine Kollegin wieder: „Die Geschädigte lag blutüberströmt im Badezimmer.“ Sie habe sich nicht mehr eigenständig bewegen können. „In der Küche und im Badezimmer waren überall Blutlachen auf dem Boden.“ Eine weitere Vernehmung durch die Polizeikräfte habe vor Ort nicht mehr stattgefunden, die Beamtin habe nur noch einige Wortfetzen der Geschädigten aufschnappen können. „Sie hat was von ,die Ex-Frau ihres Sohnes habe ihr das angetan‘ gesagt.“ An Genaueres können sich die Polizisten nicht mehr erinnern.

„„Sie sah sehr zugerichtet aus. Das Gesicht war blutüberströmt, die Haare blutverklebt.““

Beamter des Kriminalkommissariats Siegen

Von da an übernahm das Kriminalkommissariat Siegen die weiteren Ermittlungen. Zwei Beamte sind zu dem Opfer ins Krankenhaus gefahren und haben dort ihre Aussage aufgenommen. Die ältere Dame habe den Tatablauf so beschrieben, wie es auch die Anklage der Staatsanwaltschaft hergibt. Auf die Frage der Richterin, wie der Zustand des Opfers im Krankenhaus gewesen sei, berichtet einer der Kriminalbeamten: „Sie sah sehr zugerichtet aus. Das Gesicht war blutüberströmt, die Haare blutverklebt.“ Zudem sei sie sehr stark dehydriert gewesen, habe aber zumeist klare Aussagen von sich geben können. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung habe man die beschriebenen Tatgegenstände sicherstellen können. Den mit Blutspuren versehenen Marmor-Aschenbecher, sowie einen schweren Locher und ein Bügeleisen mit Beschädigungen an der Plastikverkleidung, die möglicherweise von den Schlägen auf den Kopf des Opfers stammen. Zudem gab es in der Küche großen Flächen an Blut und Fußspuren. Die Wohnung erschien der Kriminalpolizei durchwühlt, möglicherweise nach dem Geld, das die Geschädigte angab, zu besitzen. „Wir haben eine Spurenlage vorgefunden, die zu dem passt, was die Geschädigte beschrieben hat“, erklärt einer der Beamten.

Versuchter Mord in Siegen: Unklarheiten bei Vernehmung des Opfers – Folgen der Verletzungen?

Was den Kriminalbeamten bei der Vernehmung komisch vorkam: Die Geschädigte gab an, nach der Tat zwischenzeitlich die Wohnung verlassen und das Grab ihres verstorbenen Mannes auf dem Friedhof besucht zu haben. Daran hat die Kriminalpolizei allerdings erhebliche Zweifel. Man habe bei der Spurensicherung ein beschädigtes Schließblech der Badezimmertür gefunden. „Das Badezimmer war definitiv verschlossen“, erklärt einer der Beamten. Abgesehen davon, dass ihr gesundheitlicher Zustand den Friedhofsbesuch gar nicht zugelassen hätte, wurde bei den Durchsuchungen der Wohnungen kein Schlüssel für die verschlossene Badezimmertür gefunden. Alles deute darauf hin, dass das Opfer seit dem Tattag am Donnerstag bis zum Auffinden am Sonntag das Badezimmer nicht verlassen hat und mit ihren Verletzungen auf dem Boden lag. Zurückzuführen seien die Widersprüche nach Ansicht der Beamten möglicherweise auf das Schädel-Hirn-Trauma, das bei der 83-Jährigen festgestellt wurde.

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Dennoch will die Frau gesehen und gehört haben, wie ihre Ex-Schwiegertochter Handys und eine größere Menge Geld aus der Wohnung entwendet haben soll. Der genaue Betrag, den die Geschädigte angeblich in ihrer Wohnung aufbewahrte, variiert in ihren Aussagen teilweise stark. Unmittelbar nach der Einlieferung ins Krankenhaus habe sie gegenüber den Beamten 300 bis 400 Euro erwähnt, später waren dann von 400.000 Euro die Rede. Auch zu dem Ort, an dem sie das Geld aufbewahrt haben will, konnte sie gegenüber den Beamten keine klaren Angaben machen. Mehrfach sei die Kriminalpolizei in der Wohnung gewesen, um nach dem Geld zu suchen. Man habe allerdings keinerlei Spuren finden können, die auf einen derartigen Betrag hindeuten würden. „Wir haben einen Banknotenspürhund eingesetzt. Es war keine Bargeldmenge mehr in der Wohnung.“

Ermittlungsergebnisse des Kriminalkommissariats Siegen: Kontoeinsichten und Handydaten ausgewertet

Im Zuge der Ermittlungen hat sich das Kriminalkommissariat eine Einsicht in die Konten des Opfers, der Angeklagten sowie von weiteren Beteiligten verschafft. Zudem wurden Überwachungsvideos und Handydaten ausgewertet, die dem Gericht während der Verhandlung vorlagen. Demnach habe man im Zeitraum nach der Tat, Bargeldeinzahlungen von der Angeklagten, ihrer Tochter und dem damaligen Lebensgefährten der Tochter nachweisen können. Diese umfassten allerdings nur niedrige bis mittlere dreistellige Beträge. Über GPS-Daten von dem beschlagnahmten Handy der Angeklagten konnte eindeutig festgestellt werden, dass sich das Handy am Tattag vom frühen Nachmittag bis in die Abendstunden an der Wohnung des Opfers befand. Zudem konnte die Kriminalpolizei Google-Verläufe nachvollziehen, mit denen die Busverbindung zur Adresse der Angeklagten nachgeschlagen wurde.

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Angesetzt sind bis Ende Februar noch fünf weitere Verhandlungstermine; weiter geht es am Dienstag, 28. Januar, um 9.30 Uhr.