Dahlbruch. Nicht nur die Hilchenbacher wollen immer intensiver bei ihrem kmd mitreden. Es geht auch um Bundesmittel - die AfD fürchtet Ampel-„Indoktrination“.

Was passiert im kmd? Damit der neue Kulturelle Marktplatz Dahlbruch mehr wird als die Erweiterung des Theaters und der Neubau von Veranstaltungsräumen, wird inzwischen auf mehreren Ebenen am Detail gearbeitet.

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„Dritter Ort“ zum Vorzeigen

Über allem steht der „Dritte Ort“: im Verständnis des Landes NRW der Ort im ländlichen Raum, an dem Menschen – außer zur Arbeit und zum Wohnen – zusammenkommen, sich austauschen und gemeinsam Kunst und Kultur gestalten. Aktuell wird am Konzept gearbeitet. Wird das angenommen, wird der kmd in den nächsten Jahren insgesamt über eine zusätzliche Landesförderung von 500.000 Euro für Personal und Programm verfügen können.

„Das zentrale Ziel besteht nun darin, parallel zur baulichen Fertigstellung auch einen inhaltlich lebendigen und dauerhaft tragfähigen Kulturort zu schaffen“, heißt es auf der Seite der Agentur „Projaegt“, die den Hilchenbacher „Dritten Ort“ begleitet. „ Hierfür gilt es, niedrigschwellige und auf Teilhabe und Diversität ausgerichtete Angebote zu entwickeln, die für möglichst viele Bevölkerungsgruppen aus dem ganzen Stadtgebiet attraktiv sind. Das zentrale Haus der Alltagskultur soll außerdem der Ort sein, der die vielfältigen Nutzungen im kmd miteinander in Verbindung bringt, um Kooperationen aufzubauen und neue gemeinsame Angebote zu entwickeln.“

53 „Dritte Orte“ werden vom NRW-Kulturministerium gefördert, in Siegen-Wittgenstein außer dem kmd auch die Stadtbücherei Bad Berleburg und die Qulturwerkstatt in Deuz. Dass Dahlbruch als Programmneuling in diesem Jahr als Ausrichter des landesweiten „Tages der Dritten Orte“ ausgewählt wurde, dürfte nicht nur an der hohen Investitionssumme von 17 Millionen Euro liegen, sondern auch an der idealen Ausstattung: Der kmd wird über zwei große Veranstaltungssäle für Theater und Kino, einen Festsaal, das Jugendcafé No Limits und weitere Gruppenräume im Haus der Alltagskultur verfügen. Über denselben zentralen Eingang angedockt sind die neue Mehrzweck-/Sporthalle im Obergeschoss des Hauses der Alltagskultur, Foyer und Gastronomie im Erweiterungsbau des Theaters und das Hallenbad.

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Mit zwei Kulturlaboren werden Inhalte für den kmd erarbeitet. Am letzten Wochenende ging es um „Musik und Austausch“ mit Ideen rund ums Proben, um Auftritte, Konzerte, Festivals und Trends. Am Dienstag, 19. November, wird zu „Licht und Stimmung“ gearbeitet. Die Teilnehmenden können ausprobieren, wie sie mithilfe von Licht eine angenehme Atmosphäre im Außenbereich erzeugen können. Schriftsteller Crauss aus Siegen lädt zum kreativen Schreiben ein, gemeinsam mit dem Queeren Treff Hilchenbach darf im Weltcafé diskutiert werden, und an der „freundlichen Theke“ gibt es Getränke gegen Komplimente.

Kulturlabore und Zukunftsforum: Ideen für Hilchenbach

Am kmd arbeiten viele Akteure mit der Stadt zusammen. Die Fördermittel des Landes für die Kulturlabore hat der Jugendkulturförderverein Push beantragt, zu den Kulturlaboren wurden der Gebrüder-Busch-Kreis, der Arbeitskreis Barrierefrei und die Siegener Waldritter mit ins Boot geholt. Projektträger des „Dritten Ortes“ ist der Gebrüder-Busch-Kreis, der inzwischen ein Büro im Haus der Alltagskultur bezogen hat. Ebenfalls eine Rolle spielen könnte das „Zukunftsforum Siegen-Wittgenstein“. Dort geht es, so eine Vorlage an den Kulturausschuss des Kreistags, um die „Entwicklung neuer Kooperationen, Projekte und Veranstaltungen für eine Kultur, die Anlässe und Perspektiven schafft, den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels zu begegnen“.

„Einseitige politische Indoktrination der Bevölkerung durch staatliche Organe, um die Politik der derzeitigen Bundesregierung zu unterstützen.“

Regine Stephan, AfD

Eine erste Veranstaltung des Zukunftsforums fand Anfang September im kmd statt. Dort sollten zusammen mit Künstlern in Workshops Ideen für „beteiligungsorientierte Kulturvorhaben“ entwickelt werden. Der Kreis bewirbt sich damit um das Bundesförderprogramm „Aller.Land“. Wenn er den Zuschlag bekommt, können bis zu 1,35 Millionen Euro Fördermittel in den Kreis fließen. Der Kreis selbst müsste 150.000 Euro Eigenanteil beisteuern. Im Kulturausschuss hat die AfD dagegen gestimmt: „Aller.Land“, so zitiert das Protokoll AfD-Kreistagsmitglied Regine Stephan, sei eine „einseitige politische Indoktrination der Bevölkerung durch staatliche Organe, um die Politik der derzeitigen Bundesregierung zu unterstützen“.

Neuer Akteur

Zumindest indirekt spielt auch die neu gegründete Bäder- und Betriebsgesellschaft Hilchenbach eine Rolle am kmd. Sie ist seit Oktober Betreiberin des Hallenbades, kann aber auch – laut Geselllschaftsvertrag– „Reinigungsleistungen für den Badbetrieb und andere im Eigentum der Gemeinde Hilchenbach befindliche öffentliche Kultur- und Sportstätten“ erbringen.

Der Rat hat jetzt Bürgenmeister Kyrillos Kaioglidis als einziges Mitglied der Gesellschafterversammlung bestimmt und Stadtrat Christoph Ermert sowie die Stadtverordneten Arne Buch (CDU) und Tim Lukas Debus (SPD) in einen Beirat entsandt.

Von der Jugend bis zu den Sportvereinen: Beirat will weiterhin mitreden

Die Nutzer des kmd wollen nicht nur ihre eigenen Projekte umsetzen, sondern bei der Entwicklung des kmd insgesamt auch weiterhin mitreden. Der Beirat, der die Bauphase begleitet hat und dem Arbeitsgruppen zu Kommunikation und Inhalte zugearbeitet haben, will weitermachen. 26 Mitglieder vertreten Einrichtungen und Vereine am kmd, Politik und Verwaltung. Die Jugendlichen, die mit dem No Limits ins Haus der Alltagskultur eingezogen sind, sind ebenso vertreten wie der Bürgerverein, der einst zur Beschaffung von Eigenmitteln für den kmd gegründet wurde, und die Sportvereine, die die Halle belegen. Der Rat hat jetzt das Engagement des Beirats gegrüßt, in dem künftig auch Verena Hof-Freudenberg, Teamleiterin im Rathaus für Kultur und Fördermanagement, Centermanager Wieland Franz und die beiden Veranstaltungstechniker Ben Hoffmann und Sebastian Münker vertreten sein werden.

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Gebührenordnung für Räume im kmd nach wie vor umstritten

Kontrovers bis zum Schluss wird in Hilchenbach über den kmd diskutiert, wenn es ums Geld geht. Der Rat hat jetzt dennoch die neue Gebührensatzung für die Überlassung städtischer Räume verabschiedet, um die neuen Räume im kmd nicht kostenlos vermieten zu müssen. Stein des Anstoßes waren auch nach der Sommerpause die Gebühren, die regelmäßige Nutzer bezahlen sollen: zwar „nur“ fünf, zehn oder 15 Euro je Stunde für Gruppenräume im Haus der Alltagskultur, 20 Euro für den halben und 40 Euro für den ganzen Festsaal sowie höchstens fünf Euro pro Stunde für die Mehrzweckhalle am Abend (vormittags ein Euro, mittags zwei, nachmittags drei) – bei mehrstündigen wöchentlichen Nutzungen, so hatte die SPD-Fraktion vorgerechnet, kommen dennoch erkleckliche Summen zusammen. Alternativen wurden nicht vorgeschlagen, der Rat will den Tarif nun ein Jahr lang ausprobieren. Beschlossen wurde, mit 17 Stimmen bei elf Stimmenthaltungen, einstimmig.

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