Dreis-Tiefenbach. Reiner Frickel hat einen äußerst ungewöhnlichen Job: Er findet und repariert die Wehwehchen der Siegerländer Postfahrräder. Und auch die Briefkästen.
Wer kennt sie nicht, die quietschgelben Fahrräder der Post. Beladen mit großen Postsäcken bringen sie die Post vor allem in die Ortskerne. Flexibler als die Postautos, aber nicht weniger effizient. Aber auch diese Fahrräder müssen repariert, gewartet und instand gehalten werden, und genau das macht hier in der Region ein Mann: Reiner Frickel.
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Seit fast 12 Jahren macht Reiner Frickel diesen Job. „Also früher hab ich bei der Post am Schalter gearbeitet, da hat sich alles um Briefmarken, Pakete und so gedreht, bis ich dann vor etwa 11 bis 12 Jahren hier reingerutscht bin“, erzählt er. „Am Anfang hatte ich eine dreitägige Schulung in Stuttgart, danach hat mir ein Kollege noch einiges beigebracht, den Rest lernt man dann während der Arbeit und mit der Erfahrung.“ Und an Erfahrung bringt Reiner Frickel einiges mit, was ihm die tägliche Arbeit natürlich erleichtert. „Oft habe ich schon eine Ahnung, was das Problem ist, weil es einfach so typische Fehler und Verschleißteile gibt, ansonsten probiert man einfach herum“, erklärt er.
Siegen: Reiner Frickel repariert und wartet die Fahrräder der Deutschen Post
Die typischen Verschleißteile kennt man auch vom eigenen Fahrrad: Räder, Bremsen oder auch gebrochene Speichen. Bei den Posträdern treten aber auch gerne mal andere Probleme auf. „Gerne mal ist es die Elektronik bei den E-Bikes, die kaputt geht, wie die Gas- und Steuereinheit. Das sind ja Nutzfahrzeuge, die müssen viel aushalten und gehen eben mit der Zeit kaputt, deshalb machen wir bei denen auch einen Fahrrad-TÜV“, erzählt Reiner Frickel. Alle sechs Monate kontrolliert er die Räder und bringt ein TÜV-Siegel an. „Wichtig ist vor allem, dass die Schweißnähte in Ordnung sind, manchmal sind es nur kleine Risse, die den Rahmen instabil machen“, erklärt er. „Die E-Bikes haben voll beladen, also mit Fahrer, ein Gesamtgewicht von bis zu 210 Kilogramm, das Gewicht variiert natürlich, aber wenn so eine Schweißnaht beim Verteilen reißt, wäre das nicht nur schlecht, sondern auch gefährlich.“
Es ist aber nicht immer so einfach, den Fehler zu finden, das kann manchmal sehr lange dauern. „Ich glaube, die längste Zeit habe ich mal sechs Stunden an einem Fahrrad gearbeitet und der Fehler war einfach nicht zu finden. Also habe ich einfach alles ausgewechselt, bis es ging. Manchmal sind es zwei oder drei Fehler gleichzeitig. Das herauszufinden ist gar nicht so einfach, oft sind die Teile so klein, da brauche ich sogar meine Lesebrille“, sagt Reiner Frickel.
Siegen: Durch den ganzen Postleitzahlbereich 57 fährt Reiner Frickel und repariert die Fahrräder
Fahrräder, die zu viele Mängel aufweisen, werden aussortiert. „Wenn zum Beispiel das Tretlager kaputt ist, dann werden die Räder sofort aussortiert, weil es sich nicht lohnt, das zu reparieren, weil es dann nie wieder richtig gut wird. Aber ich baue dann alles aus, was ich noch gebrauchen kann: Bremsen, Akkuhalterung, Sattel, Lenker, Räder, Klingel oder auch den Ständer. Wir wollen so viel wie möglich wiederverwenden“, sagt Reiner Frickel. „Lenker verbiegen sich leider gerne, wenn die Räder umfallen oder ein Autofahrer sie übersieht und umfährt. Aber auch Körbe können sich verbiegen.“
Aber nicht nur Fahrräder sind sein Spezialgebiet, sondern auch Briefkästen. „Ich versetze Briefkästen, repariere sie, wenn sie kaputt, beschmiert oder sonstwie beschädigt sind, und bringe sie auch wieder an“, sagt Reiner Frickel. Vor allem die empfindlichen Schlösser gehen bei Briefkästen gerne kaputt. „Manchmal sind sie auch mit Graffiti beschmiert oder müssen freigeschnitten werden, weil Pflanzen sie komplett überwuchert haben.“
Siegen: Reiner Frickel arbeitet für die Deutsche Post und kümmert sich um die Fahrräder und Postkästen
Reiner Frickel hebt die Löcher aus, setzt die Briefkästen ein und verschließt sie wieder. „In anderen Kreisen oder Kommunen werden für das Graben extra Fremdfirmen beauftragt. Die machen das natürlich professioneller, wenn es um Pflastersteine geht. Die Steine rausholen, das kann ich auch. Das Loch kriege ich auch wieder zu, ob es schön ist, ist eine andere Frage, aber es muss halten“, sagt Reiner Frickel. „Vor allem der Austausch der alten Stahlkästen, die so 90 Kilo wiegen, gegen die neuen, leichteren Alukästen ist wirklich Knochenarbeit. Allein schafft man das nicht, auch nicht das Verladen ins Auto.“
Gerade ist er dabei, seine neue Werkstatt in Dreis-Tiefenbach einzurichten. „Hier kommt noch eine Wand hin und hier steht schon ein Teil meines Werkzeugs. ich versuche, möglichst alles vor Ort zu reparieren, aber manchmal muss man das Rad mit in die Werkstatt nehmen, um das Problem zu finden und zu beheben.“ Natürlich versucht Reiner Frickel, möglichst alles vor Ort zu erledigen, um Zeit und Wege zu sparen. „Ich bin für alles rund um den Postleitzahlenbereich 57 zuständig, also Sauerland, Siegerland, Teile des Westerwaldes. Wenn ich dann meinen Kollegen im Postleitzahlenbereich 35 vertreten muss, wird es eng“, erklärt er. „Ich versuche, lange Fahrten zu vermeiden, sonst komme ich zu nichts, aber manchmal lässt es sich nicht vermeiden. Mein Rekord liegt bei 450 Kilometern an einem Tag. Und wenn er das Problem an einem Fahrrad nicht finden kann, wird es eingepackt und in die Werkstatt gebracht.
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Nicht nur Unfälle und Verschleiß können die Fahrräder beschädigen. „Ich hatte schon mal den Fall, dass ein besonders lustiger Kollege oder auch ein Passant einem Zusteller den Trettsensor am Schaltkasten abgeschraubt hat. Der Zusteller hat sich natürlich gewundert, warum sein Fahrrad plötzlich so schwergängig ist. Solche kleinen Streiche lassen sich zum Glück schnell beheben und sind harmlos“, erzählt Reiner Frickel.