Netphen. Werden bald Kettensägen zu hören sein, wenn Bäume nicht mehr als Naturdenkmal geschützt sind? Der Kreistag entscheidet darüber am Freitag, 21. Juni.

Viele sind schon da an diesem Montagnachmittag, 17. Juni, und immer mehr Menschen kommen hinzu und versammeln sich bei der Alten Schule an der Schnellenbergstraße in Beienbach. Der Grund für das Treffen von Menschen aller Altersgruppen sind die Bäume selbst – oder besser deren mögliches Verschwinden in naher Zukunft. Für den Erhalt der Bäume setzen sich drei Netphener seit vielen Jahren ein: Janis Brück, Matthias Kringe und sein Sohn Michael. Als Dank haben sie jetzt eine Umwelturkunde des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) erhalten. „Wir hoffen, dass damit ein Zeichen gesetzt wird, so kurz vor der Entscheidung des Kreistages“, sagt der Maschinenbaustudent Janis Brück.

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Die Feierstunde an diesem Montagnachmittag wurde vor allem für den Erhalt der Beienbacher Friedhofslinde veranstaltet, sagt Bund-Kreisvorsitzende Bärbel Gelling. Dem 127 Jahre alten Baum möchte die Kreisverwaltung den Schutzstatus entziehen, wir berichteten. „Die Linde steht stellvertretend für die weiteren 72 Baumpersönlichkeiten, die das gleiche Schicksal ereilen würde“, sagt Gelling bei der Urkundenvergabe. „Wir verstehen nicht, warum die 73 Bäume aus dem Schutz entfernt werden sollen. Es gibt keinen finanziellen Grund“, sagt Gelling weiter.

1447 Unterschriften gesammelt

Mit 1453 Unterschriften, die in einer Online-Petition gesammelt wurden, will die Kreisgruppe Siegen-Wittgenstein des Bundes für Umwelt und Naturschutz den Schutzstatus für 73 Bäume retten. Es lohne sich, für den Erhalt der Bäume zu kämpfen, sagt Bärbel Gelling. „Wir möchten uns bei den Preisträgern bedanken. Sie sind Motivation und Vorbild für alle.“

Maschinenbaustudent Janis Brück möchte die Friedhofslinde in Beienbach retten.

„Wir haben Hoffnung. Es wäre ein komplett falsches Zeichen in Zeiten des Klimawandels. Von den Bäumen müssten viele gefällt werden, weil die Kosten an Privatpersonen und der Gemeinde hängen bleiben.“

Janis Brück, Maschinenbaustudent aus Beienbach

Der Kreisumweltausschuss hat am Montag, 10. Juni, für den Erhalt der 73 Bäume gestimmt. Es stimmten neun der Ausschussmitglieder gegen die Pläne der Kreisverwaltung, acht dafür, zwei Enthaltungen. Eine knappe Entscheidung. „So ähnlich wird es auch am Freitag im Kreistag sein“, sagt Janis Brück. „Es besteht eine 50:50 Chance. Es wäre ein komplett falsches Zeichen in Zeiten des Klimawandels. Von den Bäumen müssten viele gefällt werden, weil die Kosten an Privatpersonen und der Gemeinde hängen bleiben. Die älteren Leute können sich das nicht mehr leisten.“ Janis Brück habe weiterhin die Untere Naturschutzbehörde des Kreises kontaktiert – er bleibe dran, sagt er. Bodo Manche von der Stadt Netphen sieht keine Probleme für die Stadt, wenn der Schutz der Bäume nun in den Händen der Stadtverwaltung liege. „Es wäre allerdings eine größere Würdigung, wenn die Bäume im Schutz des Kreises bleiben würden“, sagt der Fachbereichsleiter für Planung und Bauordnung der Stadt Netphen bei der Urkundenvergabe.

Bei 14 Bäumen Entscheidung zurückgenommen – Kreistag entscheidet am 21. Juni

2021 sind 14 Bäume weniger für die neue Naturdenkmalverordnung vorgeschlagen worden als heute. Die überarbeitete Verordnung sieht zukünftig noch 167 Naturdenkmale und geschützte Landschaftsbestandteile in Siegen-Wittgenstein vor. Der Zeitpunkt der Urkundenvergabe ist wohl mit Bedacht gewählt: Kurz danach, am Freitag, 21. Juni, tagt nämlich der Kreistag zu dem Thema. „Der Kreistag hat zwar das letzte Wort, meistens hält er sich aber an das Ergebnis des Umweltausschusses“, glaubt Janis Brück.

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Das sehen die anderen Preisträger, Matthias und Michael Kringe, ähnlich. Der Cartoonist Matthias Kringe ist im Siegerland bekannt für seine Dildappenkalender, wir berichteten. Die aktuelle Ausgabe habe er Umweltthemen, wie dem Erhalt der Bäume gewidmet, erzählt er. Die Fabelwesen schützen die Bäume vor der Säge. „In den sozialen Netzwerken haben meine Bilder dazu beigetragen, dass noch mehr Unterschriften zusammen kommen“, freut sich Matthias Kringe. Der Herzhausener besucht mit seinem Sohn, Michael Kringe, regelmäßig denkmalgeschütze Bäume im Siegerland. „Wir sind froh, dass wir die Bäreneiche noch vor ihrem Tod gesehen haben.“ Sein Sohn, Michael Kringe, schrieb für die Universitäten Siegen, Gießen und Münster einen Aufruf an die junge Generation, sich in der Pandemie nicht zu sehr mit dem Handy, sondern mehr mit unseren Wäldern zu beschäftigen. „Die Presse wurde auf meinen Artikel aufmerksam. Dadurch konnte nochmal mehr Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werden“, sagt Michael Kringe.

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Bleibt abzuwarten, für wie viele Naturdenkmäler der Kreis Siegen-Wittgenstein die Sicherungspflicht zukünftig übernehmen wird. „Wir haben Hoffnung“, sagen die Netphener.

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