Niederschelden. Deich in Niederschelden schützt nicht vor Hochwasser. Eine Sanierungsmöglichkeit ist schneller, günstiger – und würde die meisten Bäume erhalten.

Eine Hochwasserschutzwand vor dem maroden Siegdeich soll künftig das „Inseldorf“ Niederschelden vor möglichen Siegfluten schützen – und zumindest einen Großteil der Bäume dort retten. Das schlägt der Entsorgungsbetrieb der Stadt Siegen (ESi) der Politik auf Grundlage der Machbarkeitsstudie vor. Am Mittwoch, 9. November, entscheidet der Rat.

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Errichtet wurde der einzige Deich des Regierungsbezirks Arnsberg in den Jahren 1970 bis 1982 in mehreren Bauabschnitten, nach den damals gültigen Vorgaben. Er verläuft zwischen dem ehemaligen Rathaus Eiserfeld und der Landesgrenze Rheinland-Pfalz. Auf der Krone verläuft ein Fuß- und Radweg; wegen seiner idyllischen Lage und der über die Jahre dort gewachsenen Bäume ist der Siegdeich ein beliebtes Naherholungsziel für die Bevölkerung.

Der Siegener Deich ist zu schmal, schlecht erreichbar und nicht dicht

2021 musste erstmals ein Statusbericht über den baulichen Zustand des Deichs erstellt werden. In diesem Zuge wurden teils erhebliche Mängel festgestellt: Die Hochwasserschutzanlage entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die Stadt wurde aufgefordert, umgehend Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen und sich stärker um die Deichsicherung zu bemühen. Vor allem die Bäume auf der – zu schmalen – Deichkrone seien laut DIN-Vorschrift absolut unzulässig, weil die Wurzeln in das Bauwerk einwachsen und die Substanz schädigen, auch hinsichtlich der Abdichtung. Weil auch neben dem Deich Bäume und Buschwerk gewachsen sind, wäre der Deich im Ernstfall zudem schwer zu verteidigen, weil Einsatzkräfte Stellen, an denen der Deich bricht, kaum oder nur mühsam erreichen könnten. Dafür bräuchte es einen mindestens vier Meter breiten Verteidigungsweg. Zudem sei das Material zum Teil ungeeignet.

Der Siegdeich schützt das Inseldorf Niederschelden vor Hochwasser.
Der Siegdeich schützt das Inseldorf Niederschelden vor Hochwasser. © Unbekannt | Hans Blossey

Vor allem gegen die Fällung der Bäume hatte sich vor einem Jahr erheblicher Widerstand in der Bevölkerung geregt, auch große Teile die Politik wollten die Bäume und damit das Idyll erhalten. Zunächst wurde ein Kompromiss geschlossen: Einige Bäume wurden gefällt, der Großteil blieb stehen.

Den Deich in Siegen zu verbreitern geht nur auf Privatgrundstücken

Die Obere Wasserbehörde der Bezirksregierung hat die im März beauftragte Machbarkeitsstudie intensiv begleitet, erstellt wurde sie von dem Ingenieurunternehmen HPC AG aus Reichshof. Vier Sanierungsmöglichkeiten sind demnach möglich.

A: Der Deich wird ertüchtigt und verbreitert. An wesentlichen Stellen wird das Bauwerk neu errichtet, die Dichtheit über eine Spundwand erreicht. Außerdem muss der Deich auf der Landseite verbreitert werden, dazu sind in größerem Umfang Privatgrundstücke nötig, in manchen Abschnitten gibt es Bebauung – die Flächen reichen dort also nicht. Außer Grasnarbe wäre ein Bewuchs unzulässig. Kosten: Rund 13 Millionen Euro.

Die Baumwurzeln haben die Struktur des Deichs an vielen Stellen deutlich in Mitleidenschaft gezogen.
Die Baumwurzeln haben die Struktur des Deichs an vielen Stellen deutlich in Mitleidenschaft gezogen. © Unbekannt | Hendrik Schulz

B: Der Deich wird ertüchtigt und durch eine Mauer verstärkt. Im Grunde gleicher Ansatz wie A, aber statt einer Böschung zwischen Deichkrone und -verteidigungsweg würde eine Mauer gebaut, damit der Deich nicht so breit und weniger private Flächen in Anspruch genommen werden müsste. Wo Gebäude zu nah an einem Verteidigungsweg liegen, wird die Deichkrone auf vier Meter verbreitert. Bewuchs: Unzulässig. Kosten: Knapp 16 Millionen Euro.

C: Der Deich wird zurückverlegt. Und zwar auf den Wiesenflächen, zwischen Feuerwehrgerätehaus und Landesgrenze, ansonsten wie Variante B. Die Grundstücke sind aber in Privatbesitz, die Zustimmung offen. Bewuchs: Unzulässig. Kosten: Knapp 13 Millionen Euro.

Eine Hochwasserschutzwand könnte die allermeisten Deich-Probleme lösen

D: Hochwasserschutzwand. Quasi eine „Spiegelung“ zur Variante B, nur dass eine Mauer an der Wasserseite der Böschungsoberkante errichtet wird. Diese Hochwasserschutzwand übernimmt den Schutz in Sachen Dichtheit und Standsicherheit. Damit handelt es sich nicht mehr um einen richtigen Deich, sondern im Grunde eine Wand mit einer Art aufgeschüttetem Schutzwall dahinter. Der Fuß- und Radweg würde dann neu hergestellt, Bewuchs wäre auf beiden Seiten möglich. Um die Hochwasserschutzwand bauen zu können, müssten die Bäume Richtung Sieg aber zunächst gefällt werden. Kosten: Knapp 8 Millionen Euro.

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Variante D würde laut ESi nicht in Privatgrundstücke eingreifen, Bäume und Sträucher könnten zu großen Teilen erhalten werden. Eine Hochwasserschutzwand zu bauen wäre nicht nur am kostengünstigsten, sondern ginge auch schneller. Voraussichtlich würde das Land NRW die Baumaßnahme zu 80 bis 90 Prozent fördern. Die Heimat- und Verschönerungsgrippe Niederschelden ist für diese Variante.