Siegen/Bochum. DEW wollen sich aufs Kerngeschäft konzentrieren und Verwaltung verschlanken – hier sollen auch Jobs wegfallen. IG Metall: „Schwierige Situation“.

Die Geschäftsführung der Deutschen Edelstahlwerke (DEW) hat am Donnerstag, 23. März, im Rahmen einer Belegschaftsversammlung in Bochum den Beschäftigten das Restrukturierungsprogramm „Zukunft DEW 2025“ vorgestellt. Die DEW müssen und wollen sich neu aufstellen, um profitabel werden zu können; das Unternehmen soll zukunftsfähig umgebaut, Prozesse sollen verschlankt und effizienter werden. Einsparpotenzial wird an mehreren Stellen gesehen – unter anderem auch beim Personal, der größte Teil soll indes durch Optimierung von Verwaltungsstrukturen gestemmt werden.

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„Zukunft DEW 2025“ läuft demnach über drei Jahre und sieht insgesamt sechs Reformpakete mit Gesamteinsparungen von rund 130 Millionen Euro vor, heißt es vom Mutterkonzern Swiss Steel Holding. Das Unternehmen werde sich künftig nur noch auf die Geschäftsfelder konzentrieren, die zu den Kernprozessen gehören und positiv zum Unternehmensergebnis beitragen. Von Bereichen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, werde sich die DEW trennen – durch Ausgliedern oder Schließen.

Corona und hohe Energiepreise verschärfen Situation für Deutsche Edelstahlwerke

DEW sei nicht profitabel, sagte Geschäftsführer Dr. Lutz Ernenpusch am Donnerstag in Bochum: „Trotz verschiedenster Bemühungen ist es uns in den vergangenen Jahren nicht gelungen, eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit zu erreichen, die mindestens dem Durchschnitt unserer Industrie entspricht“, erklärte er in Bochum. Externe Faktoren wie Corona und hohe Energiepreise hätten die Lage zusätzlich erschwert. Er sei zuversichtlich, die DEW mit dem Programm wieder zukunftsfähig aufstellen zu können: „Wir haben hochqualifizierte Mitarbeiter, ein starkes Produktportfolio, innovativen grünen Stahl und Kunden, die an uns glauben“, sagte er. Auch Frank Koch, CEO des DEW-Mutterkonzerns Swiss Steel Group, zeigte sich optimistisch: „Die DEW hat Zukunftspotential. Wir als Konzern-Gruppe glauben an die DEW und die Mannschaft hier.“

In Siegen arbeiten knapp 1000 Menschen für die Deutschen Edelstahlwerke.
In Siegen arbeiten knapp 1000 Menschen für die Deutschen Edelstahlwerke. © Unbekannt | Hendrik Schulz

In den kommenden drei Jahren sollen über alle Standorte hinweg insgesamt knapp 10 Prozent der Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut werden – vor allem in der Verwaltung. Die DEW hat insgesamt rund 4000 Beschäftigte an den Standorten Witten, Siegen, Hagen, Krefeld und Hattingen. Knapp 1000 Beschäftigte sind am Standort in Geisweid tätig. Siegen soll mit Hagen zu einer gemeinsamen „Prozessroute“ zusammengefasst werden. Dahinter steht die Verwaltungsoptimierung: Die habe „Speck angesetzt“, zieht ein DEW-Unternehmenssprecher einen Vergleich, Prozesse seien kompliziert geworden, Entscheidungen würden oft zu lange brauchen, bis sie vor Ort umgesetzt werden könnten, zu viele Instanzen seien zwischengeschaltet. Das soll gründlich entschlackt, gestrafft und beschleunigt werden.

Personalabbau in begrenztem Umfang zur Überbrückung

Bislang arbeiteten die vier Standorte mehr oder weniger parallel, durch die Prozessrouten werde zusammengefasst, so der Sprecher weiter: Beispielsweise beim Einkauf, den jeder Standort bisher für sich durchgeführt habe. Wenn Volumina in Höhe von rund einer Milliarde jährlich künftig gebündelt werden, bedeute das Einsparungen in beträchtlicher Größenordnung.

Bis sich diese Effekte wirtschaftlich bemerkbar machen, brauche es eine gewisse Zeit. Gewissermaßen als „Brücke“ benötige es daher auch einen Beitrag der Arbeitnehmerschaft, insbesondere mit Blick auf die angestrebte „Verschlankung“. Knapp zehn Prozent der Stellen sollen laut DEW abgebaut werden – an welchem Standort wie viele und in welchen Bereichen, dazu könne man derzeit noch keine Angaben machen: Das sei sehr filigrane Detailarbeit und Gegenstand der Verhandlungen mit dem Betriebsrat und Gewerkschaften.

Sozialverträglicher Stellenabbau: Keine betriebsbedingten Kündigungen

Der Stellenabbau erstrecke sich ebenfalls über den Zeitraum von drei Jahren, man lege größten Wert auf Sozialverträglichkeit, so der Sprecher weiter: Durch natürliche Verrentung und Fluktuation in der Belegschaft, durch Altersteilzeitmodelle, könne angesichts dieses vergleichsweise kleinen Abbaus von betriebsbedingten Kündigungen derzeit keine Rede sein. Der Stellenabbau betrifft vor allem die Verwaltung in den verschiedenen Einheiten, betont der Sprecher, der Beitrag werde von allen Mitarbeitern kommen, auch vom Management, „das müssen nicht die Werker und Angestellten alleine tragen.“ Um das Sparziel zu erreichen, sei auch eine neue, befristete Tarif-Vereinbarung geplant: Sonderzahlungen wären demnach nicht mehr enthalten, Mehrarbeit werde ohne Lohnausgleich geleistet.

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Welche Jobs wegfallen sollen, dafür sei auch die Expertise des Betriebsrats mit entscheidend. Der Betriebsrat habe darüber hinaus auch einen sehr erfahrenen ökonomischen Berater, Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup aus Witten. Die Gespräche verlaufen aus Sicht der DEW gut, alles komme auf den Tisch, werde in sachlich-konstruktiver Atmosphäre verhandelt.

Keine Sonderzahlung, Mehrarbeit ohne Lohnausgleich: IG Metall muss zustimmen

Das Restrukturierungskonzept müsse in ganzer Tiefe bewertet und auf Plausibilität geprüft werden, sagt Heiko Reese, Verhandlungsführer für die IG Metall, auf Anfrage. Die Situation sei schwierig, es gebe Handlungsbedarf, „dem stellen wir uns“. Er betont aber auch: Geldeinsammeln von der Belegschaft wie in der Vergangenheit werde es mit der IG Metall nicht geben. So werde man sich in den Verhandlungen etwa intensiv mit der von den DEW angesprochenen neuen, befristeten Tarif-Vereinbarung beschäftigen: Konkret gehe es da nämlich um eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich. „Die Beschäftigten dürfen nicht über Gebühr belastet werden und wir brauchen eine Zukunftslösung für die DEW“, das seien die beiden zentralen Aufgaben für die Verhandlungen, sagt Reese.

Dafür muss die IG Metall zunächst das Mandat ihrer Mitglieder bekommen. In Siegen ist die dafür nötige Mitgliederversammlung für die zweite April-Hälfte geplant. Aber auch ohne das Votum werde man Vorarbeit leisten, kündigt Reese an, und das Restrukturierungskonzept betriebswirtschaftlich bewerten.

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Die Swiss Steel Group ist nach eigenen Angaben einer der führenden Anbieter individueller Lösungen im Bereich Spezialstahl-Langprodukte weltweit. Sowohl bei Werkzeugstahl als auch bei rostfreiem Langstahl zählt der Konzern demnach zu den führenden Herstellern im globalen Markt und gehört zu den beiden größten Unternehmen in Europa für legierten und hochlegierten Edelbaustahl. Mit nahezu 10.000 Mitarbeitenden und eigenen Produktions- und Distributionsgesellschaften ist das Unternehmen in mehr als 30 Ländern auf fünf Kontinenten vertreten.