Hilchenbach. Ältestenrat gibt in Hilchenbach die Richtung vor. Er weiß auch längst, wie teuer der Kulturelle Marktplatz wirklich wird.
Der Hilchenbacher Rat hat einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der Hetze gegen Ärzte verurteilt wird, die sich für Schutzimpfungen gegen Corona engagieren – allerdings nicht die, die Grünen-Fraktion per Antrag auf die Tagesordnung gebracht hatte, sondern einen von SPD, CDU, UWG, FDP und den beiden Fraktionslosen unterzeichneten Entwurf.
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Die Resolution: Nichts gegen Umgeimpfte und Rechtsextreme
Hannah Neuhaus (Grüne) brachte den Antrag ein: „Jeder darf seine Meinung haben. Es ist wichtig, darüber zu diskutieren.“ Mit dem Aufstellen von Grablichtern vor Arztpraxen, Apotheken und Rathäusern in Kreuztal und Siegen, die die Aufschrift „Impfopfer“ tragen, werde eine Grenze überschritten.“ Es sei wichtig, „ein klares Zeichen zu setzen und diem Leute zu unterstützen, die diese Arbeit leisten.“
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Grünen-Fraktionschefin Annette Czarski-Nüs wusste zu diesem Zeitpunkt schon, dass die Mehrheit den Resolutionsentwurf ablehnen würde und kündigte an, dass ihre Fraktion auch dem Mehrheitsantrag zustimmen werde: „Uns geht es um die Sache.“ Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis schloss sich der Vorlage der anderen Fraktionen an, von denen sich niemand zu Wort meldete, um den abweichenden Entwurf zu erklären. „Was den Kreuztaler Ärzten angetan wurde, verurteile ich aufs Schärfste“, sagte der Bürgermeister. Es dürfe aber auch nicht der Eindruck entstehen, „alle Ungeimpften wären Rechtsextreme“.
Im Ältestenrat legen die Fraktionschefs den Kurs fest
Darum war es offenbar am Montag im geheim tagenden „Ältestenrat“ gegangen, in dem die Fraktionsvorsitzenden mit der Verwaltung die Ratssitzung vorbesprochen und ohne Erfolg versucht hatten, die Grünen von ihrem Papier abzubringen. Tatsächlich sind beide Entwürfe in wesentlichen Passagen annähernd wortgleich. Herausgestrichen wurden allerdings Formulierungen der Grünen, die von „extremistischen Impfgegnern“ sprechen und den Zusammenhang zu den Demonstrationen am Samstag in Siegen („fatale Allianz von Impfgegnern und Rechtsextremen“) herstellen.
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Ebenfalls gestrichen wurde ein mit der Resolution verbundener Aufruf zum Impfen. Die Grünen hatten in ihrem Entwurf formuliert, „dass die Bereitschaft, sich gegen das Virus impfen zu lassen, die wirksamste Methode zum (Selbst-)Schutz vor Ansteckung beziehungsweise dem Schutz vor schweren Krankheitsverläufen ist.“ Die vom Rat schließlich verabschiedete Resolution fordert, „den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu wahren“. Die Grünen hätten sich an dieser Stelle auf die „Menschen guten Willens“ beschränkt.
Der Kulturelle Marktplatz: Die Kosten sind kein Geheimnis mehr
Es ist nicht das erste Mal, dass im Rat unterschiedliche Positionen gar nicht erst zur Sprache kommen: Ein Jahr nach der Kommunalwahl hat sich offensichtlich das Vermeiden von Diskussionen eingespielt – vor allen in der Öffentlichkeit, die am Ende nur das Ergebnis zu sehen bekommt. In der November-Ratssitzung zum Beispiel war es die UWG, die klein beigab und einen Antrag zurückzog, in dem sie über die aktuellen Kosten des Kulturellen Marktplatzes informiert werden wollte. Auf den neuen Fraktionschef Stefan Jaeger war, wiederum wenige Tage zuvor im Ältestenrat, so intensiv eingewirkt worden, dass er im Rat nur noch das Bekenntnis zu Protokoll gab, „dass die UWG-Fraktion den Baufortschritt des Projektes Kultureller Marktplatz unterstützt“. Der Projektsteuerer, der jeweils in den Ältestenrat eingeladen wird, hat die Runde der Fraktionsvorsitzenden derweil auf die Summe von 14 Millionen Euro eingestimmt.
Öffentlich nennt Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis diese Summe auch auf Nachfragen nicht – im Entwurf des Haushaltsplans, den der Kämmerer dem Rat am Mittwoch vorgelegt hat, steht sie allerdings drin: sogar 15,2 Millionen Euro, wenn man alle geplanten und bisher bereitgestellten Auszahlungen für Baumaßnahmen für die beiden Bauabschnitte addiert. Das sind deutlich mehr als die 10 Millionen Euro, die bis zum Baubeginn genannt wurden.
Der Haushalt: Die echte Ziellinie bei der Grundsteuer
Den Rat forderte Kämmerer Christoph Ermert auf, „in den folgenden Wochen Einsparpotenziale zu entdecken, um handlungsfähig zu bleiben“. Die knappe Million Euro Defizit darf nämlich nicht bleiben – am Ende des Haushaltssicherungskonzepts würde die Stadt in den Nothaushalt abrutschen. Dagegen hilft die Erhöhung der Grundsteuer um 190 Prozentpunkte. Es könnten auch 160 werden, dann würde Hilchenbach wenigstens die Grundsteuer-Spitzenreiter Freudenberg und Bad Laasphe nicht überholen. Dafür müssten aber noch 300.000 Euro eingespart werden. Auch das wurde schon vorbesprochen – im Ältestenrat.
Kommentar: In Hilchenbach bestimmen die Ältesten
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