Hilchenbach. Das Defizit muss weg – am Ende könnte Hilchenbach Grundsteuer-Spitzenreiter im Kreisgebiet sein.
Am Mittwoch wird der Rat die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern im nächsten Jahr beschließen. Das muss er tun, weil es noch keinen Haushaltsplan für 2022 gibt, die Steuern aber zum 1. Januar eingetrieben werden sollen. Der Rat wird aber auch wissen, dass der Traum von den unveränderten Steuersätzen nicht Wirklichkeit wird. Und Kämmerer Christoph Ermert ist klar, dass der Entwurf des Haushaltsplans, den er am Mittwoch dem Rat vorlegt, so nicht verabschiedet werden kann.
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Die Grundsteuer-Falle
Die Stunde der Wahrheit wird spätestens am 23. Februar schlagen, wenn der Etat beschlossen wird. Nicht mit dem knapp 980.000 Euro Defizit, die in dem Entwurf stehen. Sondern mit einer schwarzen Null, zu der die Kommunalaufsicht des Kreises die Stadt zur Not auch zwingen kann – denn 2022 endet das Haushaltssicherungskonzept. Und dann entweder mit kräftigen Einsparungen. Oder einer Erhöhung der Grundsteuer von jetzt 490 um 190 Punkte auf dann 680 Prozent, womit Hilchenbach zum Spitzenreiter im Kreis würde. Oder einer Mischung aus beidem.
„Wir gelangen jetzt an den Punkt, wo der Haushaltsausgleich dargestellt werden muss“, sagt Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis. „Ich hatte gehofft, dass noch irgendwas kommen würde“, sagt Kämmerer Christoph Ermert: eine Verlängerung der zehnjährigen Frist für den Haushaltsausgleich durch das Land vielleicht, oder eine weitere Ausgleichszahlung für die Einbußen durch die Pandemie. Geblieben ist nur das Angebot, die Pandemiekosten zu „isolieren“, sodass sie in den laufenden Etats nicht auftauchen und erst ab 2025 getilgt werden. Um die 25 Millionen Euro werden sich auf diese Weise auftürmen.
Dieses System führt dazu, dass auch die in diesem Jahr erreichten Verbesserungen zunächst nicht weite helfen: Zwar nimmt die Stadt rund 500.000 Euro mehr an Gewerbesteuern ein und schließt unterm Strich nicht mit 2,9, sondern nur mit 1,9 Millionen Euro Defizit ab – das verringert aber nur den Schuldenberg nach 2025. Denn was die Stadt zusätzlich einnimmt, kann sie nicht als Schaden „isolieren“. Bleibt also die Grundsteuer: Zwischen 77 Euro im alten Einfamilienhaus und 229 Euro im neuen Zweifamilienhaus macht die jährliche Mehrbelastung aus, hat Christoph Ermert schon einmal ausrechnen lassen. Es hätte schlimmer kommen können: Vor einem Jahr hatte der Kämmerer schon einmal einen Hebesatz von 760 Prozent statt nun 680 in den Raum gestellt. Und sein pensionierter Vorgänger Udo Hoffmann, inzwischen SPD-Stadtverordneter, hatte sogar schon einmal mit 820 Prozent gedroht.
Die Investitionen
„Unser oberstes Ziel ist der Erhalt der Infrastruktur“, betont Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis und benennt damit die rote Linie fürs Einsparen. 8,2 Millionen Euro will die Stadt in diesem Jahr investieren und damit die Verschuldung um 2,9 Millionen Euro erhöhen – was nur mit einem genehmigten Haushalt und damit auch nur mit einer Steuererhöhung möglich sein wird.
Der Kulturelle Marktplatz Dahlbruch schlägt mit 3,5 Millionen Euro zu Buche. Die Gesamtkosten des Vorhabens werden sich bei 12,5 bis 13 Millionen Euro einpendeln, hinzu kommen noch Kosten für die Außenanlagen. Möglicherweise legt das Land bei den Zuschüssen nach: „Wir sind noch in Gesprächen.“
Die Neugestaltung des Hilchenbacher Marktplatzes wird mit weiteren 313.200 Euro veranschlagt – wirksam wird das nur, wenn Dorferneuerungsmittel des Lands fließen, was auch für andere Vorhaben wie den Spielplatzpfad (192.500 Euro ) oder die Dorfmitte Oechelhausen (123.100 Euro) gilt. Ob für den Marktplatz der geplante dritte und vierte Bauabschnitt realisiert werden, lässt Kaioglidis offen. Mit jetzt zwei Bauabschnitten zwischen Kirche und Rathaus wäre die Neugestaltung in wesentlichen Bereichen für etwas 765.000 Euro Gesamtkosten abschließbar.
Veranschlagt ist der Neubau des Feuerwehrgerätehauses Grund, das insgesamt knapp 940.000 Euro kosten wird.
Mit 450.000 Euro ein großer Brocken ist die Erneuerung von Raumlufttechnik und Beleuchtung in der Ballspielhalle.
Für die Erneuerung der Fahrbahn der Talsperrenstraße sind 300.000 Euro eingeplant – bei 650.000 Euro Gesamtkosten, für die keine Anliegerbeiträge erhoben werden.
Fortgesetzt wird die Erneuerung des Müsener Freibades mit der Steganlage zwischen Schwimmer- und Nichtschwimmerbereich, samt Sonnendeck und Sprungschaukel (125.000 Euro).
Die Neugestaltung des Dorfplatzes in Vormwald wird mit 107.200 Euro veranschlagt.
Die Perspektive
Auf Dauer könnten neue Gewerbegebiete die finanzielle Situation der Stadt verbessern, am besten mit einem guten Branchenmix, „um nicht von einem Gewerbesteuerzahler abhängig zu sein“, sagt Kyrillos Kaioglidis und räumt ein: „Das ist natürlich ein hehres Ziel.“ Tatsächlich ist Hilchenbach mit 315 Euro Gewerbesteuereinnahmen je Einwohner eher Schlusslicht im Kreis – das nur etwas größere Freudenberg bringt es auf 1700 Euro. Neben der Lützeler Heide, auf der die Firma AST sich vergrößern will, hat der Bürgermeister vor allem die Brachen von Hammerwerk und – demnächst – Hilma im Blick, weniger die Vordere Insbach 2: „Das würde nur mit neuen Flächenverbrauch einhergehen.“
Wenn das Land aber tatsächlich ernst macht, steht der Stadt 2025 noch ein richtig tiefer Absturz bevor, wenn die Pandemie-Schäden nicht mehr isoliert werden können und die Rückzahlung der 25 Millionen Corona-Euro beginnt: Auf 5,8 Millionen Euro würde sich dann das Haushaltsdefizit vergrößern. Macht noch einmal rund 900 Prozentpunkte mehr Grundsteuer. Wenn nicht irgendetwas anders passiert.
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