Ferndorf. Das Museum soll mehr sein als ein Ausstellungsraum. Das neue Team lädt zum Mitmachen ein.
Der Anbau ist klein – so klein, dass ihn die Denkmalschutzbehörde noch nicht als störend empfindet für die 1893 errichtete Rote Schule, in der das heutige Heimatmuseum 1967 eröffnet wurde. Trotzdem: Mit dem barrierefreien (Hinter-)Eingang und der öffentlichen Toilettenanlage, deren Bau für insgesamt 175.000 Euro der städtische Infrastrukturausschuss gerade beschlossen hat, verbindet Stephan Hahn eine „große Chance“. Die Investition der Stadt könne „Initialzündung“ für all das sein, was der junge Museumsverein nun angehen wird.
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Stephan Hahn ist neuer stellvertretender Vorsitzender, Katrin Stein neue Vorsitzende des Vereins, der die Trägerschaft des Museums von der örtlichen SGV-Abteilung übernommen hat. Andreas Schaffer, ihr Vorgänger, ist gerade im Dachgeschoss beschäftigt, wo er eine Werkstatt einrichtet: Vorerst fürs Depot hat er einen geschenkten Fernseher im Colani-Design der 1980er Jahre eingelagert, auf dem später einmal Filme und andere Visualisierungen zur Ortsgeschichte gezeigt werden können. Zwei Etagen tiefer kümmert sich Eckhard Dippel um die gerade leer geräumten Glasvitrinen, die eine Aufarbeitung brauchen - der inzwischen 81-Jährige war Mitbegründer der einstigen Heimatstube und hat das Haus in der Regie des SGV über viele Jahre ehrenamtlich geleitet.
Das Museum und das Dorf
Die Vorgänger-Generation ist engagiert an Bord. Katrin Stein freut sich: „In die Dorfgemeinschaft kommt Schwung.“ Denn im Verbund mit dem Museumsverein ist de SGV zu sehen, der dem neuen Träger auch personell im Vorstand verbunden bleibt, und der Verein zur Pflege der Dorfgemeinschaft mit seinem eigenen Haus in Irlenhecken. Das neue Museum soll ein Haus für den Ort sein: Platz für Veranstaltungen, zum Feiern, für Aktionstage, zum Mitmachen. Dazu bekommt der künftige Veranstaltungsraum eine Küche, und dazu wird auch die Handwerks-Abteilung zum Anfassen sein. Kinder sollen „auch einfach mal ein Brett abhobeln“ können, sagt Stephan Hahn. Und die Küche ist auch nicht nur zum Kaffeekochen da. „Da können Sie auch den ganzen Tag Bohnen schnippeln.“Oder, besser, international kochen, regt Andreas Schaffer an – dazu könnten Ferndorfer beitragen, die aus dem Ausland zugewandert sind. Dank guter Zusammenarbeit mit den Grundschulen ist jedes Kind einmal in seiner Schulzeit hier gewesen. „Die werden auch mit ihren Eltern hier mal eine Waffel essen“, sagt Katrin Stein.
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Das Museum – innen
„Weniger ist mehr“, sagt Katrin Stein über das Konzept für die künftige Dauerausstellung. Dr. Gerda Nauck, Leiterin des Wilnsdorfer Museums, und der Siegener Historiker Dr. Andreas Bingener sind eingeladen, das Haus kritisch unter die Lupe zu nehmen. „Wir sind gespannt, was sie uns sagen.“ Wirtschaft, Wohnen und Vereine sollen die thematischen Schwerpunkte in den drei Räumen werden – einer unten, zwei oben. Unter dem Dach ist, neben weiteren kleine Ausstellungsräumen, vor allem Depot und Werkstatt. Das zweite große Klassenzimmer unten wird für Veranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmenden möbliert, von dort geht es auch hinaus in den kleinen Anbau. Eckhard Dippel begrüßt die Veränderung: „In Ferndorf fehlen Lokalitäten für Veranstaltungen.“
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Nicht alle Exponate werden in der Dauerausstellung bleiben, dafür sind sie zu zahlreich. „Menschen, die heute jung sind, kommen mit so einer Fülle nicht mehr zurecht“, weiß Stephan Hahn. Vor allem aber: Die Ausstellungsstücke erklären sich nicht. Dazu wird es Texte, Bilder, Filme geben müssen, gern auch in VR-Brillen – „wir haben in Ferndorf eine ganze Reihe Medienprofis, die eine App, eine Homepage und anderes herstellen können“, weiß Katrin Stein. Der Barock-Kleiderschrank, so steht es auf dem kleinen Zettel, stand einmal im Hofgut Langenau. Aber wo ist das? Wer wohnte da? Und wem gehörten die Kleider in dem Schrank? Auch wenn viele Geschichten zu den Exponaten nicht mehr zu rekonstruieren sein werden, will Stephan Hahn die Forschung aufnehmen: „Auf diese Aufgabe freue ich mich.“
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Das Museum – zum Mitmachen
Aufräumen, reparieren, lesen und sichten – zu tun gibt es eine Menge. Wer mitmachen will, ist willkommen, jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr ist Treff im Museum. Denn das, was das Museumsteam vorhabe, „geht nur mit vielen Mitstreitern“, betont Stephan Hahn. Mit Leuten, die das tu, was sie sowieso gern tun: „Die Arbeit hier soll ja Spaß machen.“ Katrin Stein ist zuversichtlich, dass das gelingt: Ferndorfer Handwerker und Betriebe können die Gelegenheit nutzen, nicht nur ihre Geschichte, sondern auch sich selbst vorzustellen. „Wir haben ja hier in Ferndorf einiges an Potenzial.“ Selbst der Hufschmied müsste keine Trockenübungen machen – das Pferd dazu herbeizuholen, scheint noch eine der einfacheren Übungen zu sein.
Ideen gibt es reichlich: für Sonderausstellungen, für einzelne Stationen, an denen zum Beispiel auf Bildschirmen Diaschauen aus der Fotosammlung von Dieter Wörster laufen könnten. „Wir haben einen riesigen Fundus“, sagt Katrin Stein. Wer sagt eigentlich, dass das Museum nur drinnen ist? „Wir haben auch das Freigelände“, sagt Stephan Hahn. Und ganz Ferndorf dazu: Thematische Führungen, zum Beispiel zu den Höfen des Ortes, könnten am Museum ihren Anfang nehmen. Vor allem aber, so Katrin Stein, muss normales Leben wieder möglich werden: „Wir brauchen dringend Veranstaltungen, wo wir uns begegnen können.“
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Derzeit ist das Museum außer den Donnerstags-Treffs von 16 bis 18 Uhr an jedem 1. Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Am dritten Adventssonntag, 12. Dezember, findet ab 14 Uhr eine gemeinsame Seniorenfeier von SGV und Museumsverein statt.
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