Siegen/Kreuztal. Nach einer Party in Kreuztal, die aus dem Ruder lief, sehen sich vier frühere Freunde vor dem Amtsgericht in Siegen wieder – drei als Angeklagte.

Drei junge Männer (20, 19 und 18) sitzen auf der Anklagebank, der vierte (auch 19) kommt später als Geschädigter in den Zeugenstand. Es geht am Morgen im Siegener Amtsgericht um die unschönen Folgen einer Geburtstagsfeier. „Wir waren alle mal eine Clique. Die ist darüber zerbrochen“, bedauert der Zeuge.

Am 3. Oktober 2020 ist noch alles in Ordnung. Da wird in der Sängerhütte im Kreuztaler Stadtteil Stendenbach der Geburtstag einer jungen Dame gefeiert, die auch als Zeugin geladen ist. Irgendwann am Abend gerät die Feier ein wenig außer Kontrolle, allerdings auch nur unter den vier Protagonisten, die sich nun im Saal 083 des Gerichtsgebäudes wiedertreffen.

Polizei: Geschädigtem heißen Metallstab in Geschlechtsteile gedrückt

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Der Geschädigte bringt die Situation auf den Punkt. „Wir hätten die Sache auch unter uns regeln können. Ich wollte das alles nicht“, betont der junge Mann. Die Freundin eines weiteren Gastes hat die Polizei gerufen. Danach wurde die Party aufgelöst, das behördliche Nachspiel auf den Weg gebracht. Das wiederum hört sich zunächst einmal recht happig an, als Oberamtsanwalt Benjamin Schneider die Anklage verliest. Da soll dem Geschädigten zunächst mit einem heißen Metallstab gegen die Geschlechtsteile geschlagen worden sein vom 19-jährigen Angeklagten.

Später habe dieser ihm das Fenster an der rechten Tür seines Autos eingeschlagen. Der älteste des Trios wird beschuldigt, den früheren Freund erst in die Seite geboxt und später mit einem Faustschlag gegen das Kinn niedergestreckt zu haben. Der jüngste Angeklagte schließlich steht unter dem Verdacht, auf die Motorhaube des bewussten Fahrzeugs eingeschlagen und Dellen verursacht zu haben.

Großes Missverständnis während der Party – zu viel Alkohol

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Zweieinhalb Stunden hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass der ganze Vorfall eigentlich ein großes Missverständnis war, an dem der zuvor genossene Alkohol Anteil hatte. Der Geschädigte hatte sich genervt und „ein bisschen gemobbt“ gefühlt an jenem Abend, den Entschluss gefasst, zu gehen und wollte sein Auto umsetzen, respektive „verstecken“. Das habe einmal zuvor „bei euch vor dem Haus gestanden“, sagt der junge Kreuztaler in Richtung der Angeklagten. Danach sei seine Antenne verbogen gewesen und jemand habe gegen eine Radkappe getreten.

Die anderen drei jedenfalls dachten, der Kumpel wolle unter Alkohol nach Hause, versuchten nach ihrer Darstellung, ihn davon abzuhalten. Aus Vorsicht und Freundschaft. Er wiederum fühlte sich bedroht, will sich erschrocken haben, als plötzlich eine Scheibe krachte, dann sei der Wagen nach vorn gesprungen und habe einen der drei anderen umgeworfen. Dass dieser nun vor Wut auf die Motorhaube schlug, „kann ich verstehen“, sagt der Zeuge. Genauso nehme er es dessen Bruder nicht übel, dass er von diesem dafür umgestoßen und gegen die Schulter geboxt worden sei. Vom angeklagten Schlag gegen das Kinn weiß der Zeuge selbst nichts.

„Überfahrener“ stolpert beim Rückwärtslaufen über Baum und gerät unter Auto

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Die heiße Eisenstange sei wohl eher im Spaß versehentlich gegen sein Bein geraten, der Schlag in die Seite wird von allen im Nachhinein als „Nifteln“ verstanden. Genau so hatten es auch die drei Angeklagten beschrieben und sich für ihre Zornesausbrüche „im Suff“ entschuldigt. Der „Überfahrene“ verweist darauf, beim Rückwärtslaufen über einen Baum gestolpert zu sein, plötzlich habe er bis zum Bauch unter dem Auto gelegen. Absicht wolle der dem früheren Freund da auch nicht unterstellen.

Nach der Beweisaufnahme deutet sich an, dass die verbleibenden Anklagen auch ohne Urteil erledigt werden können. Das Schlagen auf eine Motorhaube, die nach Einschätzung des Geschädigten ohnehin schon Dellen hatte, „es war ein gebrauchtes Waldfahrzeug“, wird ohne Auflage für den jüngsten Angeklagten eingestellt. Sein älterer Bruder muss für das Schubsen sowie den Schlag gegen die Schulter des Zeugen 300 Euro an den Sozialdienst Katholischer Männer e. V. bezahlen.

Wegen kaputtem Auto drei Tage lang Ärger mit dem Chef

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Der vergleichsweise größte Batzen wartet auf den dritten Angeklagten. Der konnte sich an die Sache mit der erhitzten Metallstange nicht mehr erinnern, die aber ohnehin vom Tisch ist. Das Einschlagen des Autofensters hat er sofort zugegeben. Er habe den Fahrer auf sich aufmerksam machen wollen und wohl im alkoholisierten Zustand ein wenig zu hart geklopft.

Waren dem Zeugen die Dellen egal, die eingeschlagene Scheibe hat ihn drei Tage Probleme mit seinem Chef gekostet, „der mich fahren musste“, dazu noch 408,44 Euro für die Reparatur des Wagens, der später einen Motorschaden hatte „und jetzt auf dem Weg nach Afrika ist“. Diesen Schaden muss der Verursacher ersetzen und dazu noch 200 Euro an die Konfliktschlichtungsstelle der Siegener „Brücke“ bezahlen. Richterin und Anklagevertreter warnen das Trio noch ausdrücklich, sich künftig anders zu verhalten. Offenbar liege da ein gewisses Aggressionspotenzial vor, wenn zu viel Alkohol im Spiel sei. Beim nächsten Mal werde sicher nicht mehr eingestellt.

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