Siegen. Ein junger Mann steht in Siegen vor dem Jugendschöffengericht: Er war über 18, seine „Ex“ unter 14. Das bedeutet für den Sex: Missbrauch.
Das Urteil lautet auf Schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in 45 Fällen. Die Strafe des Jugendschöffengerichts fällt dafür vergleichsweise „überschaubar“ aus. Amtsrichterin Dr. Sandra Al-Deb’i-Mießner verkündet das Absehen von Jugendstrafe, gibt dem Angeklagten eine Betreuungsweisung für sechs Monate und eine Geldauflage von 1200 Euro an die „Brücke“ mit auf den Weg.
Sie begründet dies mit einem Sonderfall, den der Gesetzgeber „sicher nicht in der vordersten Reihe“ gesehen habe, als die entsprechende Vorschrift entstanden sei. Der Verurteilte, der die Entscheidung sofort akzeptiert, hat es zuvor etwas emotionaler formuliert. „Ich hatte mich verliebt. Zuviel verliebt für meine Lage“, sind seine Worte für die Situation, die ihn vor Gericht gebracht hat. Er habe alles „durch die rosarote Brille gesehen“.
Siegen: Angeklagter will Alter der Ex-Freundin lange nicht gekannt haben
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Von Oktober 2015 bis Februar 2017 soll er etwa 70 Mal mit dem Mädchen geschlafen haben, das zur Tatzeit unter 14 gewesen ist. Der Angeklagte wurde während dieses Zeitraums 18. 25 Fälle liegen vor diesem entscheidenden Datum, das ihn vom Jugendlichen zum „Heranwachsenden mit Verantwortungsreife“ machte, die Taten vom Vergehen zum Verbrechen. 45 kamen danach, die am Ende auch verurteilt werden. Der Rest ist eingestellt worden. Der Grund: „Täter“ und „Opfer“ betonen übereinstimmend die Freiwilligkeit des Geschehens.
Er habe das Mädchen auf der Kirmes getroffen, erzählt der mittlerweile 22-jährige Mann. Sie habe auf ihn einen älteren Eindruck gemacht, vom tatsächlichen Alter will er erst „im August oder September 2016“ erfahren haben. So oder so sei alles ohne Zwang gelaufen, „ihre Mutter hat es gewusst“. Die Zeugin bestätigt diese Angaben. Allerdings sagt sie, dass er schon nach ein paar Tagen ihr Alter erfragt und auch bekommen habe.
Ex-Freundin belastet Angeklagten vor dem Jugendschöffengericht in Siegen nicht
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Über die Anzeige sei sie sehr überrascht gewesen und wisse nicht, von welcher Seite diese komme. Was wiederum auch der Angeklagte vorher schon ausgesagt hat. Er bleibt auf Nachfrage bei seiner Version, erst viel später das wahre Alter seiner „Ex“ herausgefunden zu haben. Sie sei überhaupt ziemlich unehelich gewesen: „Sie hat mich mehrfach betrogen. Unter anderem mit einem Kollegen, der ihr Alter auch nicht kannte!“
Staatsanwalt und Gericht glauben der Zeugin, die keine Belastungstendenz gezeigt und ausdrücklich betont habe, sie wünsche keine Bestrafung des Angeklagten. Da gebe es auch keinen Grund, beim Alter die Unwahrheit zu sagen. Zumal sie kurz nach Beginn der Beziehung auch noch Geburtstag gehabt hätte. „Da war ich nicht eingeladen“, widerspricht der Angeklagte – erfolglos.
22-Jähriger litt als Kind unter gewalttätigem Vater
Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe berichtet von einer schwierigen Kindheit des jungen Mannes, der unter einem gewalttätigen Vater gelitten habe und bei dem eine Reifeverzögerung zur Tatzeit zumindest nicht auszuschließen sei. Er hat drei Voreintragungen, allerdings auf völlig anderen Gebieten; Versuchter Betrug, Diebstahl, unerlaubter Waffenbesitz. Inzwischen sei er auf einem anderen Weg, betont Anwältin Katharina Batz und verweist auf einen unterschriebenen Ausbildungsvertrag ihres Mandanten. Bis zum Start dieser Tätigkeit wird er zudem in einer anderen Stellung arbeiten. Das alles reicht den Beteiligten, dem Angeklagten nicht zu viele Steine in den Weg zu legen. Der geht danach erleichtert mit Mutter und Schwester nach Hause.
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