Siegen. Immer öfter müssen junge Patienten abgewiesen werden, die Wege sind weit. DRK-Kinderklinik Siegen will endlich eigene geschlossene Psychiatrie.

Die DRK-Kinderklinik auf dem Wellersberg will ihre Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) am Standort erweitern: Um bis zu 24 Betten. Die Pläne umfassen auch geschlossene psychiatrische Bereiche, über die das Krankenhaus bislang nicht verfügt – und die laut Sabine Prüser, therapeutsche Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, dringend notwendig seien angesichts der starken Zunahme schwerer ambulanter Behandlungsfälle.

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Die Lage

Die Nachfrage nach Behandlungen im Zusammenhang mit psychischen Störungen sei ambulant, stationär und teilstationär um rund ein Drittel erhöht, berichtete Sabine Prüser im Kreissozialausschuss. In der Konsequenz müssten die Kinder und Jugendlichen und ihre Eltern längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Die DRK-Kinderklinik werde zunehmend Anlaufstelle für schwere, krisenhaft zugespitzte Krankheitsverläufe. Krankheitsverläufe, die eine intensive Behandlung in geschütztem Rahmen erforderlich machten. Neben Depressionen und Zwangsstörungen seien es vor allem Essstörungen bei jungen Menschen, die sehr deutlich zunehmen und schwere Verläufe ausbilden würden, so die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.

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Intensive Behandlungen in geschütztem Rahmen kann das Krankenhaus seinen jungen Patientinnen und Patienten aber nicht in erforderlichem Maße bieten: Im Versorgungsgebiet 16, zu dem die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe gehören, gebe es eine langjährige Unterversorgung. Werde eine stationäre Aufnahme oder Therapie in einer geschlossenen Einrichtung erforderlich, muss die Klinik die Pflichtversorgung für diese Patienten abweisen, weil sie die entsprechende Infrastruktur nicht hat. Für die Betroffenen bedeutet das lange Wege – die nächsten Plätze gibt es in Lüdenscheid und Gießen. Und auch dort gibt es Wartezeiten. Die Lage sei dringend, sagt Sabine Prüser: „Es geht um Kinder und Jugendliche und ihre Entwicklung.“ Auch im Akutbereich sei die Nachfrage inzwischen so groß, „dass das System ins Stocken kommt.“

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Die Pläne

Angesichts der Kapazitätsengpässe müsse es immer öfter zu Therapieunterbrechungen kommen, Betroffene würden suizidal – „das möchten wir künftig gerne anders machen und die Behandlung fortsetzen“, bekräftigte Sabine Prüser. Zu einer erfolgreichen Therapie gehöre es, die Bezugssysteme der jungen Menschen mit einzubeziehen. Das bedeutet: wohnortnah.

Die KJP der DRK-Kinderklinik plant daher die Übernahme der Pflichtversorgung auch für geschlossene psychiatrische Bereiche in ihrem Versorgungsgebiet, um die gesamte Bandbreite der Behandlung und Therapie wohnortnah abdecken zu können und auch selbstmord- und fremdgefährdete Kinder und Jugendliche akut behandeln zu können.

Tagesklinik

Eine Erweiterung der tagesklinischen Behandlungsplätze ist ebenfalls vorgesehen.

„Wir brauchen einen Neubau, um die Versorgungsstrukturen schaffen zu können“, sagt Carsten Jochum, seit März Geschäftsführer der DRK-Kinderklinik. Im Krankenhausplan seien bereits mehr Betten ausgewiesen, als auf dem Wellersberg vorhanden sind, bisher fehlten Platz und Umgebung. Der entsprechende Antrag, um die Lücke baulich schließen zu können, sei bereits bei der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg eingereicht. Im Rahmen der Erweiterung vorgesehen sind zwei Stationen, auf denen jeweils 12 bis 14 Patienten versorgt werden können; auf beiden sind Bereiche vorgesehen, die geschlossen-geschützt gestaltet werden können.

Er hoffe dringend, dass die Genehmigungsbehörde dem Ansinnen aus Siegen nachkomme. „Im Raum Köln/Bonn gibt es eine absolute Überversorgung in vielen Bereichen“, berichtete Carsten Jochum, der vor seiner Tätigkeit in Siegen Geschäftsführer der Malteser-Krankenhäuser in beiden Städten war. „Da muss das Geld nicht hinfließen.“

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