Siegen. Eine „Alexa“ bringt die Polizei in Hilchenbach auf die Spur zu den Haus mit den immer neu mit falschen Namen überklebten Klingelschildern.
„Ich bin nicht schuldig“, lässt der Angeklagte durch den Dolmetscher erklären und schiebt noch nach, dass er nur seinen Arbeitsvertrag erfüllt habe. Trotzdem protestiert er nicht gegen die Entscheidung von Amtsrichterin Völkel, die ihn wegen Geldwäsche in acht Fällen zu einer durchaus empfindlichen Geldstrafe verurteilt, und nimmt das Urteil sofort an. „Ich will das alles vergessen“, sagt er mit Hilfe des Übersetzers.
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Pakete für Unbekannte annehmen und nach Polen schicken
Angefangen hat das alles mit einem ungewöhnlichen Anruf bei der Polizei in Hilchenbach. Aber der Reihe nach: Die Geldwäsche hat darin bestanden, dass der Hilchenbacher (50) mit ungarischem Pass diverse Pakete an seine Adresse geliefert bekam, dass er aus mehreren Sendungen eine einzige machte und diese nach Polen weiterschickte. Das alles im Auftrag einer Firma namens „Paket-Express“, bei der der Angeklagte einen Arbeitsvertrag unterschrieben und sogar Zugang zu einer Webseite bekommen hatte, wo er unter anderem die Aufkleber für die Weiterbeförderung herunterladen konnte.
Hochwertige Notebooks und Mobiltelefone
Das Problem: Ein Teil der Sendungen war an ihn gerichtet, in acht Fällen standen aber falsche Namen über seiner Adresse in Hilchenbach, die von unbekannt gebliebenen Hintermännern zur betrügerischen Bestellung der Waren benutzt wurden. Die bestellten Dinge waren „klein und hochwertig“, wie einer der Polizisten beschreibt, Mobiltelefone oder Notebooks. Rund 40 Sendungen waren am 18. Dezember 2020 beim Angeklagten gefunden worden.
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Er habe von Anfang an mit den Beamten zusammengearbeitet und ihnen die Pakete übergeben. Sie seien gar nicht in seinem Haus gewesen, erklärt der Angeklagte. Er will auf keinen Fall selbst den Namen an seinem Briefkasten geändert haben für jene Päckchen, die nicht auf seinen eigenen lauteten. Dass so etwas geschehen sei, habe er erst durch den Hinweis des Polizisten am 18. Dezember 2020 erfahren. Die Stellenanzeige sei nebenbei auch weiterhin im Netz geschaltet.
Anruf aus Norddeutschland bringt Polizei auf die Spur
Der Besuch des Bezirksbeamten erfolgt an diesem Tag nach dem bereits eingangs erwähnten Anruf. Der kommt aus Norddeutschland und von einer Frau, die kurz zuvor eine Nachricht von „Alexa“ erhielt, ein Paket für ihren Mann werde in Kürze in Hilchenbach zugestellt. Er sei umgehend zu der Adresse gefahren, sagt der Polizist und wundert sich vor Ort, tatsächlich den Namen „des Mannes aus dem Norden“ am Briefkasten vorzufinden, handgeschrieben über den richtigen Namen geklebt. Er klingelt und findet den Angeklagten vor.
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Beide Zeugen, der Bezirksbeamte und ein Vertreter der Kripo erinnern sich genau daran, vom Angeklagten berichtet bekommen zu haben, dass er seine Aufträge per SMS bekam. Bei anderen Namen auf dem Paket hätte er dann jeweils ein Schild auf seinen Briefkasten kleben sollen und dies auch getan. Das sei ein Missverständnis bei der ersten Vernehmung gewesen, betont der Angeklagte auf nochmalige Nachfrage der Vorsitzenden erneut. So etwas habe er damals nicht gesagt. Jeder hätte nachts falsche Namen dort aufkleben können. Er stamme aus einer Region, wo es derartige Betrügereien nicht gebe. Sein Vater und Großvater hätten sich die Hand gegeben, dann sei alles recht gewesen: „Ich arbeite seit zehn Jahren in Deutschland und hatte noch nie mit dem Gericht zu tun.“
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Auch die Ehefrau wird misstrauisch
Einer der Polizisten erinnert sich an ein Gespräch mit der Frau des Angeklagten, die das Tun ihres Mannes mit Sorge betrachtet und Unstimmigkeiten befürchtet hätte. Staatsanwältin und Richterin sind sich danach einig, dass der Hilchenbacher zumindest fahrlässig gehandelt hat. Er hätte ahnen können und müssen, dass hier etwas Illegales im Gange sei. Trotz des Arbeitsvertrages. Die Staatsanwältin beantragt 90 Tagessätze zu 20 Euro. „Kann ich das in Raten bezahlen?“, fragt der Angeklagte. „Das war erst der Antrag, das Urteil kommt noch“, wehrt die Vorsitzende ab. Und verhängt schließlich 90 Tagessätze zu je 50 Euro. Weil das seinem Einkommen entspreche. Der nunmehr Verurteilte akzeptiert und muss also insgesamt 4500 Euro bezahlen.
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