Bad Berleburg. Ein Schmallenberger zieht ein Schulkind aus dem Wasser und rettet es. Mit seiner Geschichte möchte er andere ermutigen, zu helfen.
„So eine Geschichte brennt sich ein. Das war eine krasse Sache, wie in einem Film“, sagt Florian Meznar. Er rettete ein Kind vor dem Ertrinken aus der Odeborn. Für seine Zivilcourage wurde er vor kurzem von der Polizei Siegen-Wittgenstein und dem Landrat geehrt. Der ehemalige Girkhäuser wohnt mittlerweile in Schmallenberg – „der Liebe wegen“, wie er sagt. Die Verbindung zur Heimat ist aber noch da: „Arbeit, Zahnarzt und Autowerkstatt sind noch vor Ort.“ Deswegen war er auch am 7. November 2023 in Bad Berleburg unterwegs gewesen.
„Es war ein regnerischer Tag“, erinnert sich der 46-Jährige. Sein Auto war zur Inspektion in einer Autowerkstatt in Berleburg. „Ich hatte um 14 Uhr einen Termin. Eigentliche sollte ich um die Uhrzeit schlafen, weil ich Nachtschicht hatte.“ Während das Auto in der Werkstatt war, hatte er zwei Stunden Zeit. „Ich dachte, da gehe ich nochmal durch die Stadt“, erzählt er. Der Mitarbeiter der Werkstatt fragte noch: „Willst Du wirklich raus bei dem Wetter?“ Aber Florian Meznar machte sich auf den Weg und lief die Limburgstraße Richtung Stadtkern entlang.
„Das Bild war ein Horror. Der Junge, seine Jacke und die Kappe trieben vorbei. Ich rannte los zur anderen Seite. Als ich da war, war der Junge weg.“
Auf der Höhe eines Getränkemarktes überquerte er die Straße, um einen Fußweg Richtung Zentrum zu nehmen. Auf der Fußgängerbrücke über die Odeborn, die zum Wohngebiet rund um die Jacob-Nolde-Straße führt, sah er ein Mädchen stehen. Dann fiel sein Blick ins Wasser: „Auf meiner Höhe sah ich einen Jungen im Wasser. Er schwamm wie ein Papierschiffchen an mir vorbei“, erinnert er sich an den Moment. „Das Bild war ein Horror. Der Junge, seine Jacke und die Kappe trieben vorbei. Ich rannte los zur anderen Seite. Da war ein Haus an der Ecke, ich musste über den Vorhof laufen, um bis zur Böschung runter zum Wasser zu kommen. Als ich da war, war der Junge weg.“
Kind samt Schulranzen aus der Odeborn gehoben
Meznar lief weiter am Ufer entlang und entdeckte das Kind wieder. „Der Junge klammerte sich an Gestrüpp am Uferrand. Ich habe in samt Schulranzen auf dem Rücken rausgehoben“, erzählt er. „Ich war erstmal froh, dass es dem Jungen gut ging.“ Der Junge, damals zehn Jahre alt, war trotz der Situation noch klar im Kopf. „Ich habe ihm angeboten, ihn nach Hause zu bringen. Aber er sagte: ‚Ich darf nicht mit fremden Männern mitgehen.‘ Das war echt goldig.“ Meznar rief schließlich die Polizei an und ein Krankenwagen kam dazu. Der Junge wurde versorgt. „Damit war die Sache für mich erledigt. Ich bin dann noch mit nassen Füßen zwei Stunden durch Berleburg gelaufen.“
Aber so schnell ließ ihn das Ereignis nicht los. „Ich habe mir Gedanken gemacht, ob ich alles richtig gemacht habe. Was hätte ich besser machen können? Wäre es schneller gewesen, über das Geländer zu springen? Aber darüber habe ich in dem Moment nicht nachgedacht, ich bin einfach hingelaufen.“ Abends musste er dann noch zur Nachtschicht. „Da waren immer noch tausend Gedanken in meinem Kopf.“ Eine Kollegin erzählte von dem Fall, weil sie die Mutter kannte. Als Meznar erzählte, dass er den Jungen gerettet habe, überbrachte die Kollegin ihm telefonisch den Dank der Mutter. Kontakt gab es danach keinen mehr.
„Ich war durch Zufall da und habe das gemacht, was jeder andere auch gemacht hätte. Ich sehe das als Pflicht. “
Doch was war eigentlich passiert? „Die Kinder haben vermutlich Faxen gemacht und die Jacke über das Brückengeländer gehalten. Dabei ist sie ins Wasser gefallen und der Junge wollte sie herausholen“, berichtet Meznar. „Es war viel Wasser in der Odeborn, die Strömung war schnell.“ Das habe das Kind unterschätzt.
Florian Meznar war durch Zufall zur richtigen Zeit am richtigen Ort
„Es haben so viele Faktoren hineingespielt, dass ich gerade in dem Moment da war“, sagt der 46-Jährige fast ein Jahr später. „Wenn ich bei Verstand gewesen wäre, hätte ich mir während der Nachtschicht keinen Termin in der Werkstatt geben lassen. Was, wenn ich nicht losgegangen wäre, wenn ich nur fünf Minuten später an der Brücke vorbeigegangen wäre?“
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Die Veranstaltung in Siegen, bei der er für seine Zivilcourage geehrt wurde, war eine „tolle Geschichte“. „Das hat mich berührt. So viele Menschen wurde geehrt. Ich war als Letztes dran und war nervös. Ich dachte bei allen: ‚Was sind das für tolle Menschen, aber du gehörst auch dazu.‘“ Seine Reaktion ist für den ursprünglichen Girkhäuser aber nichts Besonderes. „Ich war durch Zufall da und habe das gemacht, was jeder andere auch gemacht hätte“, sagt er. „Ich sehe das als Pflicht. Ich möchte auch Hilfe bekommen, wenn etwas ist.“ Er hofft, mit seiner Geschichte andere zu ermutigen: „Ich möchte anderen Mut machen. Vielleicht denkt der ein oder anderen, wenn der das kann, kann ich das auch.“ Das Wichtigste ist, dass niemandem etwas passiert ist, denn die Sache hätte auch anders enden können. „Für mich ist es die größte Belohnung, dass es dem Jungen gut geht. Dafür brauche ich keine Ehrung oder Blumen.“
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