Meschede. Vorstandsvorsitzender Peter Schulte verabschiedet sich nach 43 Jahren bei der Sparkasse Meschede und spricht über prägende Erlebnisse.
Sparkassen-Chefs stehen mehr als andere Firmenchefs im Fokus. Peter Schulte geht als Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mitten im Sauerland - nach mehr als 43 Jahren bei „seiner“ Sparkasse - Ende des Jahres in Rente. 14 Tage nach Eröffnung des Gebäudes fing er am Winziger Platz an. Wir haben mit ihm zum Abschied über Kritisches, über ganz Persönliches und über die Entwicklung Meschedes gesprochen.
Fangen wir mit den unangenehmen Themen an: Immer wieder stehen Sparkassen-Chefs wegen ihrer hohen Gehälter im Fokus. Was sagen Sie, wenn Sie dafür kritisiert werden?
Vorab: Persönlich bin ich dafür noch nie kritisiert worden. Für die Gehälter gibt es eine Empfehlung der Sparkassenverbände. Festgelegt wird die Summe letztlich vom Verwaltungsrat und der hat sich in Meschede immer am unteren Ende der vorgegebenen Spanne orientiert. Sparkassenchefs oder -chefinnen sind qualifizierte Manager, die im Wettbewerb stehen. Und auch wenn ich jetzt als Sparkassenchef in Rente gehe, ist das nicht vorherbestimmt. Wir haben immer nur Fünf-Jahresverträge und es hat in NRW schon einige Kollegen gegeben, deren Verträge nicht verlängert wurden. Das wird oft bei der Diskussion vergessen.
Zuletzt hatte die Sparkasse Mitten im Sauerland 2021 zehn Filialen geschlossen. Droht jetzt mit der Fusion erneut eine Schließungswelle?
Nein, weitere Schließungen sind definitiv ausgeschlossen! Das hat schon weh getan, damals. Gerade, wenn man als Unternehmen großen Wert auf Service und Kundennähe legt. Aber letztlich war es alternativlos. Die Branche stand durch die niedrigen Zinsen erheblich unter Druck und wir mussten reagieren. Obwohl wir nach Supermarkt und Kneipe oft die letzten waren, die gingen, habe ich dafür ordentlich Kritik bekommen.
Im Rückblick, was waren die bewegendsten beruflichen Veränderungen?
Das war auf jeden Fall die Fusion 2019. Bei der finalen Verhandlungsrunde am Rimberg habe ich plötzlich realisiert: Jetzt ist „meine“ Sparkasse Vergangenheit. Da haben mir tatsächlich die Hände gezittert. Wir hatten den Anspruch, drei tolle Vertriebssparkassen zu einem neuen und starken Unternehmen zu formen. Im vergangenen Winter habe ich dann gedacht: Jetzt sind wir wieder eine Sparkassen-Familie. Damals hatten wir in Meschede Hochwasser und Kolleginnen und Kollegen – auch aus Schmallenberg und Finnentrop - haben gemeinsam über Weihnachten Nachtwache gehalten. Das hat mich begeistert.
Sparkassenkunden blicken oft frustriert auf Zinsen von Online-Banken oder auch darauf, wie man über Aktien und ETFs Gewinne machen kann. Warum soll man Sparkassenkunde in Meschede bleiben?
Unsere Zinsangebote sind marktgerecht. Mittlerweile haben wir mit rund 2 Prozent auch wieder attraktive Tagesgeldzinsen. Eine Zeit lang standen wir erheblich unter Wettbewerbsdruck. Was wir allerdings nicht mitmachen, sind die Lockangebote von Internetbanken wie drei Prozent für sechs Monate. Diese Angebote gelten meist nur für Neukunden. Treue Bestandskunden profitieren nicht davon. Das entspricht nicht unserer Geschäftsphilosophie und das ist auch kein nachhaltiges Geschäftsgebaren. Und für die ETFs gilt: Man muss wissen, was man will. Lässt man sich gut und umfassend wie bei uns über Wertpapiere beraten, kostet das auch etwas Geld.
Wie stehen Sie zu Ihren Mitbewerbern im Markt?
Zu den Großbanken habe ich ein eher gestörtes Verhältnis. Leider habe ich in der Mittelstandsfinanzierung zu oft gesehen, wie sie, sobald es wirtschaftlich schwierig wird, den Kunden hängenlassen. Das machen Sparkassen und Volksbanken so nicht. Beide stehen für den Mittelstand ein und haben zumindest in dem Bereich ähnliche Geschäftsphilosophien. Fazit (schmunzelt): Erst kommt Sparkasse, dann Volksbank, dann eher nichts mehr...
Sie haben die städtische Entwicklung über Jahrzehnte begleitet, zuletzt auch als Vorsitzender des Stadtmarketings und im Vorstand von IMW. Wie stellen Sie sich Meschede in zehn Jahren vor?
Nicht viel anders als heute, wobei ich fürchte, dass der Einzelhandel weiter unter Druck kommt. Umso wichtiger war und ist die Investition in ein professionelles Stadtmarketing. Wir brauchen Highlights, um Menschen in die Stadt zu holen. Denken Sie z.B. an das tolle Event mit dem mit Schirmen überspannten Von-Stephan-Platz, das war schon eine ganz besondere Atmosphäre. Oder den Sparkassen Schüler- und Firmenlauf. Ja und wenn ich das Innenstadt-Dinner wiederbeleben könnte, würde ich es sofort tun.
Wie planen Sie Ihren Ruhestand?
Noch gar nicht (lacht). Es gibt so einen kleinen Spleen: Ich will mir ein Backhaus in den Garten bauen und selbst Brot backen – natürlich nur für den Eigengebrauch und vielleicht für meine lieben Nachbarn. Und dann will ich auch versuchen, mein Golfspiel zu verbessern.
Sie haben zwei Töchter, eine hat ein Handicap, hat das Ihre Sicht auf die Welt verändert?
Ja definitiv. Beide Töchter waren Frühchen, die erste kam in der 27. Woche zur Welt. Da ist noch alles glattgegangen. Unsere Nadja kam in der 23. Woche und wog nur 600 Gramm. Meine Frau wäre bei der Geburt beinahe gestorben. Das hat unsere Familie zusammengeschweißt. Unsere Jüngere lebt heute in einer Wohngemeinschaft, fährt allein Bus und kommuniziert mit uns täglich über WhatsApp-Sprachnachrichten, eine tolle Erfindung für sie! Ehrlicherweise muss man sagen, dass meine Frau all‘ die Jahre die größte Last getragen hat. Ich durfte Karriere machen und sie hat mir familiär den Rücken freigehalten. Noch mal richtig nachdenklich bin ich geworden, als vor wenigen Jahren mein bester Freund starb. Da habe ich gesehen, wie endlich dieses Leben ist. Auch deshalb freue ich mich jetzt auf den anstehenden neuen Lebensabschnitt.
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>>> Hintergrund
Peter Schulte ist 63 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Er begann seine Karriere bei der Sparkasse im Jahr 1981 nach dem Abitur am Gymnasium der Benediktiner. 1987 bildete er sich an der Sparkassenakademie in Münster weiter zum Sparkassenbetriebswirt.
Ab 1995 war er Leiter der Kreditabteilung der Sparkasse Meschede, 1997 Verhinderungsvertreter des Vorstandes, 2010 stellvertretendes Vorstandsmitglied und seit Juli 2015 Vorstandsvorsitzender.
Er begleitete die Fusionen mit Finnentrop und Schmallenberg zur Sparkasse Mitten im Sauerland und jetzt zum 1. Januar 2025 mit der Sparkasse Hochsauerland und Arnsberg-Sundern.
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