Meschede. Sven Brandelius ist Mescheder, seine Frau Carly Brandelius Schmitt Amerikanerin und Künstlerin. Was die beiden an der Stadt begeistert.
Irgendwann merkte Sven Brandelius, dass ihm der Hennesee fehlte. In einer Stadt zu leben, in der man nicht mal eben in fünf Minuten an den nächsten See oder in den Wald fahren kann, schien ihm immer weniger reizvoll.
Enge in der Corona-Zeit
Als dann während der Corona-Zeit die Kontrollen in Bayern, wo er damals mit seiner Frau und den bedien Kindern lebte, besonders streng wurden, Polizei durch die Wälder patrouillierte, Oma und Opa in Amerika und im Sauerland viel zu weit weg schienen und sein Ältester immer lieber in Meschede als woanders war, beschlossen er und seine Frau Carly Brandelius Schmitt umzuziehen. „Tatsächlich gab es auch Zeiten, in denen wir mit dem Gedanken gespielt haben, nach Amerika zu gehen, aber während der Pandemie war an einen Umzug nicht zu denken.“ Seit 2020 leben sie in Meschede.
Riesengroße Lebensveränderung
Kennengelernt hatte sich das Paar in Weimar, wo Carly Schmitt ein Auslandsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung für den Masterstudiengang Kunst im öffentlichen Raum ergattert hatte und Sven, damals hieß er noch Müller, Architektur studierte. „Als mich die Frau von der Stiftung in Seattle anrief und frage, ob ich bereit sei für eine riesengroße Lebensveränderung, konnte sie nicht ahnen, wie groß diese tatsächlich sein würde“, schmunzelt Carly Schmitt.
Deutschen Wurzeln nachspüren
Ein Jahr wollte die junge Frau bleiben und den deutschen Wurzeln ihrer Großeltern nachspüren. Die hatten sogar noch Deutsch gesprochen, das aber nicht an ihre Kinder weitergegeben, weswegen Carly Schmitt auch länger mit der Sprache haderte, die sie heute perfekt beherrscht. Englisch redet sie vor allem mit den Kindern. Beide Jungs, Björn (10) und Aren (7), wachsen zweisprachig auf. Immer wieder ging und geht es ja auch für Projekte und Besuche der Großeltern nach Minnesota.
Lehrauftrag in Regensburg
Aktuell baut das Paar in Meschede das elterliche Haus um und aus. Sven Brandelius (43) arbeitet als Fachbereichsleiter Technik für die Siedlungs- und Baugenossenschaft und seine Frau als freischaffende Künstlerin. Außerdem hat sie noch einen Lehrauftrag an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg und gibt dort den Grundlagenkurs Industriedesign.
„Kunst im öffentlichen Raum ist eine tolle Möglichkeit, Menschen ins Gespräch zu bringen. Sie entwickeln darüber eine neue Sicht auf sich und ihre Stadt.“
Doch ihr Schwerpunkt bleibt - diesseits und jenseits des Atlantiks - die Kunst im öffentlichen Raum. „Es ist eine tolle Möglichkeit, Menschen ins Gespräch zu bringen. Sie entwickeln darüber eine neue Sicht auf sich und ihre Stadt“, erklärt sie. In ihrer Heimatstadt gestaltete sie ein Wandbild in einem Gemeindehaus aus 11.424 kleinen Holzkacheln, bemalt von 11.424 Bürgern. Über ein Koordinatenkreuz konnten sie ihre Zeichnung wiederfinden, wurden ein Teil davon.
Stromkästen in Minneapolis
Faszinierend sind auch die Stromkästen. „In Minneapolis gibt es ein Problem mit Gangs, die die Kästen immer wieder beschmieren und sie taggen, um so ihr Revier abzugrenzen.“ Carly Schmitt lud Anwohner ein. Sie sollten einen Gegenstand mitbringen, der ihnen viel bedeutet. Diese fotografierte sie von allen Seiten und montierte die Fotos so auf die Stromkästen, dass diese zu scheinbar durchsichtigen Vitrinen wurden. Ein Schmuckstück, das immer wieder Gesprächsstoff bietet.
Projekt in Freienohl
In Meschede hat die 42-Jährige bisher vor allem beim Jubiläum von Freienohl Menschen ins Boot geholt, mit einer Diaschau in einem verlassenen Ladenlokal und vor allem mit den 750 Fischen, die Freienohler genäht und bemalt hatten und die zum Stadtjubiläum, wie ein Baldachin über einer großen Wiese hingen. „Die Menschen sind dorthin gepilgert und haben darunter gepicknickt“, freut sie sich heute noch.
Musterstadt Meschede
Auch in Meschede kann man ihre Kunst bewundern. „Musterstadt Meschede“ heißt das Projekt. Dafür hat die Künstlerin Muster aus Privaträumen, wie Teppiche, gestickte Deckchen und Kacheln, Muster von Fassaden oder Innenräumen zusammengestellt und sie auf einem stilisierten Bild Meschedes wieder zusammengefasst. Diese verschönern jetzt auch Meschedes Stromkästen in der Fußgängerzone
Carly Brandelius Schmitt hat noch viele Ideen
Carly Brandelius Schmitt ist eine lebhafte, kreative Frau, die viel lacht. Sie hat den Gemeinschaftsgarten Meschede ins Leben gerufen. „Und oft gehe ich durch die Stadt und denke, da könnte man noch dies oder das machen.“ Die ganze Familie genießt das Leben in der Kleinstadt. „Für mich ist es schön, aber immer noch ungewohnt, überall Bekannte zu treffen“, erzählt Carly Brandelius Schmitt. Gern hätte sie noch mehr Austausch mit anderen kunstinteressierten Meschedern.
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Was das Paar sagt, wenn es gefragt wird, warum es sich ausgerechnet für Meschede entschieden hat? „Den Kindern gefällt‘s“, sagt Sven Brandelius und lacht.
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