Bestwig. Im Kompostwerk der Firma Lobbe wird auch Biomülls aus Bestwig sortiert. Unfassbar, was alles in heimischen Biotonnen landet!
Ein komplettes Waschbecken in der Biotonne, ein Staubsauger oder ein Badezimmerteppich - manchmal kann Michael Hamm auch nur mit dem Kopf schütteln, wenn er sieht, was manche Leute unter grünem Müll verstehen. Der Umweltingenieur ist Betriebsleiter des Kompostwerks der Firma Lobbe. Dort wird der gesammelte Biomüll aus Bestwig, Schmallenberg und dem Altkreis Brilon sortiert und kompostiert. Im Winter - der vegetationsarmen Periode - würden solche „Störstoffe“ in der grünen Tonne sofort ins Auge fallen. Denn dann ist da generell weniger drin. Aber jetzt im Sommer meint so mancher, er könne jeglichen Unrat mit Grasschnitt verdecken und entsorgen. Der grüne Bio-Mantel des Schweigens - eine denkbar schlechte Idee.
Was alles gefunden wird
„Eigentlich wird im Hochsauerland noch verhältnismäßig gut sortiert. Wir haben viele Einfamilienhäuser und der Nachbar könnte schon mitbekommen, wenn da ein Stromkabel aus der grünen Tonne herausguckt oder ein Fahrrad-Akku unter den Rasenschnitt gestopft wird“, sagt der Bestwiger Jan Frigger, der bei der Firma für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. In Ballungszentren mit vielen Mehrfamilienhäusern sehe das mitunter anders aus.
Trotzdem ist auch bei uns noch Luft nach oben. Denn wer einmal naserümpfend in den frisch angelieferten Biomüllbergen wühlt, der fördert Erstaunliches zutage. Zersplitterte Gläser, Drahtkörbe, Blumentöpfe und jede Menge Plastiktüten. Schimmelige Toastbrote noch komplett in ihren Verpackungen, Gefrierbeutel mit gammeligen Brötchen, Joghurtbecher und der Holzfuß eines Eichenschranks. Dass sich so manches Schälmesser dort wiederfindet, dürfte eher der Unachtsamkeit geschuldet sein. Aber der Rest? Spülbecken oder Rasierapparate dürften wohl kein Zufall sein...
„Das mit den Tüten ist ein großes Problem, weil sehr viele Bürgerinnen und Bürger die vermeintlich kompostierbaren Beutel nutzen und glauben, sie würden damit etwas Gutes tun. Aus dreierlei Gründen taugen diese Tüten aber nicht. Zum einen kann die Maschine beim Vorsortieren nicht unterscheiden, ob der Beutel aus recyclebarem oder normalem Kunststoff ist. Zum anderen dauert es hier bei uns mindestens acht Wochen, bis die Apfel- oder Bananenschale zu Kompost wird. In dem relativ kurzen Zeitraum würden die Tüten aber kaum komplett verrotten und Kunststoffteile der Tüten übrig bleiben. Außerdem verliert der Bürger den Blick für eine scharfe Trennung zwischen kompostierbarem Material und anderem Müll“, sagt Michael Hamm.
„Eigentlich wird im Hochsauerland noch verhältnismäßig gut sortiert. Wir haben viele Einfamilienhäuser und der Nachbar könnte schon mitbekommen, wenn da ein Stromkabel aus der grünen Tonne herausguckt oder ein Fahrrad-Akku unter den Rasenschnitt gestopft wird“
So läuft das Verrotten
Die 150 Meter lange „Kompostier-Straße“ bei Lobbe hat gerade Sendepause. Weil sie einen neuen Asphalt-Belag bekommt, wird der Biomüll aktuell vorübergehend auf die Hellefelder Höhe bei Sundern gefahren – die zweite Kompostierungsanlage im HSK. Wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, landet der Inhalt der Biotonnen aber wieder am Almerfeldweg, wird dort von einem riesigen Gerät, das an einen gigantischen Bagger aus dem Braunkohletagebau erinnert, durchgemischt und in der Halle nach und nach binnen einer Woche weiter nach vorne geschoben.
Der eigentliche Prozess des Verrottens geschieht automatisch: durch viele Bakterien und Mikroorganismen, die beim Zersetzungsprozess Wärme produzieren und durch das Einbringen von Sauerstoff per Aufwirbeln des Materials. „Anschließend wird der Frischkompost über ein Trommelsieb konfektioniert und von den vielen Fremdstoffen entfrachtet“, erklärt Hamm. Das heißt: Die groben Teile werden mechanisch herausgefiltert.
Stichwort Sortierquote
Nochmal zur Sortierquote: „Wollte man genau wissen, wie hoch der Anteil der Störstoffe ist, müsste man eine Chargenanalyse machen und den etwa acht Tonnen schweren Inhalt eines Transportfahrzeugs auseinander sortieren und untersuchen“, erklärt Michael Hamm und spricht von „saisonal mindestens drei Prozent Gewichtsanteil“, die nicht in die Tonne gehören. Das klingt im ersten Moment gar nicht so viel. Aber da Plastiktüten oder -flaschen sehr leicht sind, sorgen sie in der grünen Gemengelage doch für zahlreiche unerwünschte Farbtupfer. Und weil der Gesetzgeber die Stellschrauben per Verordnung noch einmal enger gedreht hat und künftig noch weniger Kunststoff im Biomüll sein darf, muss noch intensiver sortiert oder im Vorfeld informiert werden.
„Der fertige Kompost ist völlig frei von Störstoffen, wird monatlich beprobt, ist zertifiziert und ein gutes Beispiel für ein funktionierendes Recycling-Modell.“
Jedem Bürger dürfte klar sein: Je mehr Arbeit die Entsorger mit dem Abfall haben, desto teurer wird es. Inzwischen beteiligen sich alle Kommunen im HSK an der „Wir für Bio“-Aufklärungskampagne, in der noch einmal für eine exakte Trennung des Mülls geworben wird. Mancherorts steht auch die Drohung im Raum, solche Tonnen stehen zu lassen, die ganz offensichtlich falsch befüllt sind.
Das Endprodukt Kompost übrigens, so Michael Hamm, sei vor allem in der Landwirtschaft, aber auch bei Gartenbaubetrieben und Einzelpersonen sehr gefragt. „Das Image des Produktes ist völlig zu Unrecht nicht so gut. Dabei ist es völlig frei von Störstoffen, wird monatlich beprobt, ist zertifiziert und ein gutes Beispiel für ein funktionierendes Recycling-Modell.“ Und wer mit dem Pkw bei Lobbe vorfährt und sich 750 Kilo Kompost auf den Hänger schütten lässt, der sollte sich vor Augen führen, dass das einmal 3000 Kilo Eingangsmasse waren – allein der Wasseranteil liegt bei über 50 Prozent, reduziert sich aber stark im Zuge der Kompostierung.
Staubsauger und Wachbecken in der Biotone
Zurück zu Waschbecken, Staubsauger oder Teppich in der Biotonne: All das sind Materialien, die den Gesamtablauf stören und die Maschinen beeinträchtigen oder beschädigen können. Jan Frigger: „Noch viel schlimmer sind Elektrogeräte mit Lithium-Ionen-Akkus. Die sind zum Beispiel in elektrischen Zahnbürsten, Rasierern oder auch Telefonen enthalten.“ Dass so etwas im grünen Müll nichts zu suchen hat, sei nur am Rande erwähnt. Michael Hamm: „Die Geräte haben eine große Energiedichte und wenn sie beschädigt werden, kann es schon in der Mülltonne oder im Transportwagen oder auch bei uns im Kompostwerk passieren, dass die Akkus explodieren und brennen.“
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Von wie viel Biomüll aus Bestwig, Schmallenberg und dem Altkreis Brilon sprechen wir eigentlich? Gut und gerne 20.000 Gewichtstonnen (also nicht Müllbehälter, sondern Mengengewicht) plus 4000 Tonnen Grünschnitt werden pro Jahr in der Briloner Anlage zu Kompost verarbeitet. Nur mal so zum Vergleich: Das entspricht etwa dem Gewicht von 6000 Elefanten!
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