Meschede. Vom Café-Inhaber zu einem ganz anderen Job: Dennis Kramer erzählt von seiner beruflichen Reise und dem Abschied von Meschede.

Für Dennis Kramer ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Er nimmt den Hut und kehrt Meschede den Rücken. Ihn zieht es raus aus dem Sauerland. Doch was hat ihn dazu bewegt, Meschede zu verlassen?

„Die Familie meines Partners lebt in Anröchte. Daher haben wir uns entschlossen, dort ein Haus zu beziehen und für immer da zu bleiben“, sagt Kramer. Vielen ist er besonders als Inhaber des Café Brazil noch in Erinnerung geblieben. Er freut sich darauf, künftig einkaufen gehen zu können, ohne dass ihn jemand kennt: „Das ist der Nachteil der Selbstständigkeit. Jeder kennt dich!“

Erinnerungen an früher

Heute heißt das Brazil „Coffee Vibes“. Dort haben wir ihn getroffen und er erzählt uns, dass in den Räumlichkeiten noch Pinselstriche seien, „die ich selbst versaut habe“. Es scheint, als sei es für ihn wie nach Hause kommen. Er zeigt auf eine kleine Feuerschutztür hinter einer Couch. „Siehst du die grüne Farbe am Rahmen oben? Das ist noch die Originalfarbe der Wand, die das Brazil vor meiner Zeit hatte. Ich war immer zu faul, das wegzumachen“, erinnert sich der ehemalige Gastronom.

Nach der Zeit im Brazil ist Kramer zu einem großen Tabakhersteller gewechselt, hat aber gemerkt, dass das Gebiet, welches er als Außendienstler versorgte, nicht ganz zu ihm passte. „Ich hatte schon zu Zeiten des Brazil mit einem Limonadenhersteller aus Hamburg Kontakt und fand die Marke cool. Ich hab dann mal geguckt, ob die eine passende Stelle im Außendienst frei ist – und ich hatte Glück!“

Das Brazil im Mai 2020 (Archiv)
Das Brazil im Mai 2020 (Archiv) © WP | Privat

200 Prozent im Herzensprojekt

Jetzt betreut er Kunden vom Sauerland bis ins bergische Land und versorgt sie mit Limonade. Wenn er an die Zeit im Brazil zurückdenkt, muss er unweigerlich an die schönen Zeiten mit vielen Stammgästen denken: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir eine Party hatten und morgens um sieben noch mit den Gästen hier saßen.“

„Das Brazil war immer ein Herzensprojekt. Ich stand fast immer selbst hinter dem Tresen und habe 200 Prozent gegeben. Das daily business war geil! Oft habe ich das Team gewechselt, bis es endlich passte – und dann kam Corona“, sagt Kramer mit gesenkter Stimme.

Ausbaufähige Gastronomieszene

„Corona war ganz schrecklich“, fasst er die Zeit der Einschränkungen zusammen. Für ihn war es zeitweise während der Lockdowns so, dass er im Café saß, nur um den Postboten abzufangen. „Den Stapel mit allen Corona-Briefen habe ich immer noch zu Hause. Sobald wir im neuen Haus sind, wird der feierlich in einer Feuerschale verbrannt!“

Auch bei der Tour de WP 2021 versorgte Dennis Kramer (rechts) die durstigen Redaktionsleiter und Redakteure mit alkoholfreien Cocktails.
Auch bei der Tour de WP 2021 versorgte Dennis Kramer (rechts) die durstigen Redaktionsleiter und Redakteure mit alkoholfreien Cocktails. © WP | Christina Schröer

Die Mescheder Gastronomieszene sieht er mit gemischten Gefühlen: „Es tut sich was in Meschede, aber das ist dennoch noch ausbaufähig.“ Aktuell machen natürlich die gestiegenen Preise allen Gastronomen zu schaffen. „Ich kann als Gastronom nur wirtschaftlich bleiben, wenn ich das auf die Kunden umlege, das ist einfach so.“

Der Subway-Effekt

Ob die Mescheder Gastronomie schwierig ist? „Viele beschweren sich, dass es nichts gibt, aber wenn es dann was gibt, dann wird es nicht genutzt und verschwindet somit schnell wieder.“ Er nennt es den „Subway-Effekt“. Als „Subway“ in Meschede öffnete, waren Kramer zufolge alle aus dem Häuschen und man stand lange an. Doch nur wenige Monate später war die Euphorie abgeebbt und Subway schloss wieder. Vieles sei trendgetrieben, so Kramer, und wenn der Trend vorbei sei, werde es schwierig für die Gastronomen.

2011: Christoph Wilmers aus Bödefeld betrieb einen Mr. Sub Laden in Meschede. Vorher war dort Subway. Heute ist auch Mr. Sub dicht. (Archiv)
2011: Christoph Wilmers aus Bödefeld betrieb einen Mr. Sub Laden in Meschede. Vorher war dort Subway. Heute ist auch Mr. Sub dicht. (Archiv) © WP | Ilka Trudewind

Ein gutes Beispiel für den Verlust von Gastronomie betrauert Kramer nur unweit des ehemaligen Brazil: Das Baguette-Stübchen. „Ich habe Tränen geweint, als die geschlossen haben. Dort habe ich mir nicht nur einmal mein Mittagessen geholt.“

Auch an Meschede vermissen wird er die „geile Natur“. Er sagt, dass er es liebt, einfach schnell am See und in der bergigen Natur sein zu können, was in Anröchte „im flachen Land“ fehle.

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Oft hat es ihn schon in die Ferne gezogen. Bereits in Bonn, Düsseldorf und Österreich hat er gewohnt und kam doch wieder zurück nach Meschede. „Jetzt will ich einen Strich ziehen. Ich habe meinen Partner im Brazil kennengelernt und wir waren viel in Anröchte, also war es ein logischer Schritt, dort hinzuziehen.“ Wirklich realisiert, dass es jetzt final ist, habe er erst, als er die Verträge unterschrieb. Andrea Bocelli sang einst „Con te partiro“, time to say goodbye.

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