Meschede. Frank Teutenberg baut die Vögel der Schützengemeinschaft Meschede-Nord. Er erklärt, was es ausmacht, einen Schützenvogel zu bauen.

Mittlerweile müsste er es wissen, und mit dem Bauen eher beginnen - oder sich mehr Zeit einplanen. Trotzdem wird es jedes Jahr eng kurz vorm Schützenfest der Schützengemeinschaft Meschede-Nord; vielleicht auch, weil Frank Teutenberg sein Handwerk jedes Jahr weiter verfeinert. Seit 10 Jahren baut der Tischlermeister die Vögel für die Schützengemeinschaft.

Frank Teutenberg ist der Vogelbauer der Schützengemeinschaft Meschede-Nord - und ermöglicht hier einen exklusiven Einblick in seine Werkstatt.
Frank Teutenberg ist der Vogelbauer der Schützengemeinschaft Meschede-Nord - und ermöglicht hier einen exklusiven Einblick in seine Werkstatt. © WP | Katharina Kalejs

In diesem Jahr, zum 75. Jubiläum, sind es sogar drei Vögel - für die Jungschützen, die Schützen und fürs Kaiserschießen - und eine Geckpuppe. Auch den Vogel fürs Frauenvogelschießen baut er, seitdem die Gemeinschaft das auch durchführt. „Jeder Vogel ist einzigartig.“ Die Jungschützen schießen auf einen Albatross, die Frauen auf eine Taube; nur beim Königs- und Kaiserschießen wird auf den traditionellen Adler geschossen.

Holzstange zur Befestigung des Vogels - kein Abprallen der Kugeln

In diesem Loch wird die Holzstange mit Dübel und Leim befestigt.
In diesem Loch wird die Holzstange mit Dübel und Leim befestigt. © WP | Katharina Kalejs

Das Besondere am Vogel der Schützengemeinschaft Meschede-Nord ist, dass er nicht mit einer Gewindestange befestigt wird. „Stattdessen wird er mit einer gedübelten und geleimten Holzstange befestigt“, erklärt Frank Teutenberg - entwickelt von Hubert Clemens, der auch heute noch die Halterungen für die Gemeinschaft herstellt. So können die Kugeln nicht von der Metallhalterung abprallen; das macht das Schießen sicherer. Das ist das einzige Teil des Vogels, dessen Herstellung seit mehr als zehn Jahren gleich ist; fast alles andere hat Frank Teutenberg mittlerweile überarbeitet.

Die Schablonen hat sich Frank Teutenberg über die Jahre zusammen gesammelt und optimiert.
Die Schablonen hat sich Frank Teutenberg über die Jahre zusammen gesammelt und optimiert. © WP | Katharina Kalejs

Sein Ziel: Der perfekte Schützenvogel. „Mir ist das alles immer nicht gut genug“, sagt er. So baut er an einem Königsvogel gern mal 30 Stunden, an den Frauenvögeln und Jungschützenvögeln etwas weniger. Die Vorlagen hat er im Internet gefunden, hat sich dann selbst Schablonen für die einzelnen Stücke hergestellt. Allein die Flügel der Königs- und Kaiseradler bestehen aus vier Schichten Holz - und sogar die Bretter dafür leimt Frank Teutenberg in seiner Werkstatt selbst zusammen, um die richtige Größe und Stärke zu haben.

Schablonen für die Form: Hier entsteht der Jungschützenvogel für das Schützenfest Mitte Juli.
Schablonen für die Form: Hier entsteht der Jungschützenvogel für das Schützenfest Mitte Juli. © WP | Katharina Kalejs

Für den Kopf hat er eine eigene kleine CNC-Fräse, mit der er die grobe Form aus dem Holz ausschneiden lässt. Ein Körper besteht nochmal aus drei bis fünf Stücken, dazu kommen die Beine mit drei bis fünf Stücken. „Das macht es einfacher, weil man schneller die grobe Form erkennt“, erklärt der gelernte Tischlermeister.

Liebe zum Detail bis in den letzten Zentimeter

Auch Schnittwerkzeug gehört zu seiner Arbeit dazu.
Auch Schnittwerkzeug gehört zu seiner Arbeit dazu. © WP | Katharina Kalejs

Die Feinarbeiten im Design macht er mit einer Flex, einem Winkelschleifer mit speziellem Fräsaufsatz - und mit klassischem Schnitzwerkzeug. So entstehen die tiefe Aushöhlung des Schnabels, die Augen, die Krallen, aber auch die Struktur auf Brust und Flügeln. Liebe fürs Detail bis in den letzten Zentimeter - und das für einen Vogel, der nur dafür gemacht wird, zerschossen zu werden. „Natürlich macht das uns Vogelbauer ein bisschen traurig“, gibt er zu. „Aber das gehört eben dazu.“

Königs- und Kaiservogel sind baugleich.
Königs- und Kaiservogel sind baugleich. © WP | Katharina Kalejs

Nur die Bemalung, die übernimmt nicht er selbst, sondern der Maler und Polier Karl-Heinz Großkurth - der hat meistens etwa ein bis zwei Wochen vor dem Schützenfest Zeit, um die Vögel und die Geckpuppe zu gestalten. „Da bekommt er von mir vollkommen freie Hand, das ist nicht mein Metier“, gibt Frank Teutenberg mit einem Lachen zu.

Der letzte Kaiservogel der Schützengemeinschaft Meschede-Nord: Auf diesen Adler wurde 2019 geschossen.
Der letzte Kaiservogel der Schützengemeinschaft Meschede-Nord: Auf diesen Adler wurde 2019 geschossen. © privat | Frank Teutenberg

Grundlage: Astreines Nadelholz

Als Grundlage wählt der Vogelbauer nur weiches Nadelholz, das im wahrsten Sinne des Wortes astrein ist - denn die Astlöcher und Verhärtungen sind Schwachstellen, die man beim Vogelschießen nicht haben möchte. Trotzdem kann man nicht sagen, wie viel Schuss ein Vogel aushält. „Das ist wohl die meistgestellte Frage auf jedem Schützenfest!“

Frank Teutenberg von der Schützengemeinschaft Meschede-Nord.

„Wenn er zu früh abgeschossen wird, ist es der Vogelbauer. Wenn es zu lange dauert, ist es der Vogelbauer. Damit muss man halt leben.“

Frank Teutenberg

Einflussfaktoren wie die Festigkeit des Holzes, der Verlauf der Maserung und - allem voran - das Können der Schützen bedingen, wie lang es dauert. Den einzigen Einfluss, den Teutenberg selbst nimmt, ist, den Rumpf nicht zu dick zu bauen, damit der Vogel tatsächlich irgendwann fällt. „Wenn er zu früh abgeschossen wird, ist es der Vogelbauer. Wenn es zu lange dauert, ist es der Vogelbauer. Damit muss man halt leben.“

Die Flügel bestehen aus vier Lagen Holz.
Die Flügel bestehen aus vier Lagen Holz. © WP | Katharina Kalejs

Lesen Sie auch

Doch eine Sache bereitet Frank Teutenberg auch Sorge: Der Nachwuchs. Er selbst wird es auch nicht mehr ewig machen können - doch noch niemand findet sich, der mit ihm bauen möchte oder das vielleicht sogar irgendwann mal übernehmen mag. „Ich verstehe einfach nicht, dass man daran keinen Spaß haben kann. Wie soll das denn werden, wenn sich irgendwann niemand mehr findet?“

Mehr Nachrichten? Folgen Sie der WP Meschede in den sozialen Medien: