Bad Fredeburg. Ein Spielsüchtiger kämpft für einen Therapieplatz in Bad Fredeburg, aber dann der Schock: Die Therapie wirkt nicht. Und jetzt?

„Ich habe alles verloren. Meine Familie hat sich von mir abgewandt, meine Beziehung ist nach sechs Jahren zerbrochen, einen Job habe ich auch nicht mehr. Alles wegen der Sucht.“ Jan H. (Name durch die Redaktion geändert), der eigentlich aus Bochum stammt und dann in Bad Fredeburg gelebt hat, ist süchtig. Nicht nach Drogen, nicht nach Alkohol. Sportwetten sind seine Droge.

Sein Vater hat es ihm vorgelebt, da ist er gerade ein Teenager. Die Beziehung zum Vater ist kompliziert: Der ist arbeitslos, nutzt die Sportwetten, um die Haushaltskasse „aufzubessern“. Bis zu seiner Teenager-Zeit ist Jan H. gut in der Schule und lernt gern; dann rutscht er ab, muss vom Gymnasium auf die Realschule wechseln, bald schon beginnt er, die Schule zu schwänzen.

Spielsucht verschlimmert sich durch schlechten Lohn in der Ausbildung

Mit 17 Jahren zieht er in seine erste eigene Wohnung. „Die Zeit war besonders schwierig“, erinnert er sich: Die Schule hat er abgeschlossen, macht eine Ausbildung bei der Bahn, trotzdem hat er kaum ein Auskommen. „Als ich dann 18 war und legal wetten durfte, ist die Sucht förmlich explodiert. Ich hab meinen Lohn komplett verzockt, also habe ich mir Geld von Freunden und Familie geliehen, das habe ich aber auch für Wetten ausgegeben.“ Doch das Glück war nicht auf seiner Seite. „Ich hatte nichts mehr.“

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Seine Sucht treibt Jan H. damals schnell in die Illegalität. „Ich habe auf Ebay Leute betrogen - so kam ich schnell an Geld, das ich wieder verwetten konnte“, sagt er. Dafür landet er im Gefängnis: 4,5 Jahre muss er einsitzen. „Da hat man viel Zeit, nachzudenken. Also habe ich beschlossen, mein Leben umzukrempeln. Ich habe mir neue Ziele gesetzt, bin in Gruppentherapien gegangen, habe mir einen Suchtberater gesucht, und mich dann entschieden, für eine Therapie zu kämpfen.“

Gravierende Vorwürfe: Keine Therapie in der Fachklinik?

Diese Entscheidung führt Jan H. schließlich ins Sauerland: Denn die Johannesbad-Fachklinik Bad Fredeburg gehört zu den führenden Kliniken für Suchterkrankungen in Deutschland. „Ich habe viele Hoffnungen da reingesteckt.“ In Bad Fredeburg angekommen dann der Schock: Gruppen von 30 bis 35 Leuten. Der Fachbereich für Glücksspielsucht? Als Jan H. danach fragt, wird ihm gesagt, der sei aufgelöst worden.


Die Johannesbad-Fachklinik Bad Fredeburg war ein Sehnsuchtsort für Jan H.
Die Johannesbad-Fachklinik Bad Fredeburg war ein Sehnsuchtsort für Jan H. © WP

„Die Therapie hat mir nichts gebracht“, sagt der Mann Anfang 30 ehrlich. „In den Einzelsitzungen haben wir meine Vergangenheit aufgearbeitet, klar. Aber das Fachpersonal fehlte, um an meinem eigentlichen Problem zu arbeiten.“

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Anfang des Jahres wird er entlassen, sucht in Bayern nach einem radikalen Neuanfang; Jan H. hofft darauf, dass der räumliche Abstand ihm beim Neuanfang hilft. Egal, wohin er sich wendet, geholfen wird ihm nicht. „Ich bekomme keine Hilfe, keine Empathie. Ich bin nur der Süchtige. Und ja, das gehört zu mir - aber ich will es in der Vergangenheit lassen.“

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Sein großer Traum: Jan H. möchte in die Präventionsarbeit einsteigen und Jugendlichen am eigenen Beispiel zeigen, wie schnell der Weg in die Kriminalität gegangen ist und welche versteckten Gefahren im Glücksspiel liegen. Das will er angehen, sobald er selbst wieder ein sicheres Leben aufgebaut hat und die Sucht hinter sich lassen konnte. „Wenn man in dem Strudel einmal gefangen ist, dann ist es zu spät - und das Leben ist zu schade, um es im Knast zu verbringen.“