Bestwig. Der Bestwiger Feingussspezialist Tital hat die Krise hinter sich. Weil es so gut läuft, werden aktuell in Serbien weitere Kapazitäten geschaffen.

Volle Auftragsbücher, die Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie gute Aussichten für die weitere Zukunft: Der Bestwiger Feingussspezialist Tital hat die Corona-Krise hinter sich. Und mehr noch: „Es boomt wieder“, wie Vertriebsdirektor Thomas Stephan gegenüber unserer Zeitung betont. Nach der coronabedingten Kündigungswelle im Januar des vergangenen Jahres, als sich das Unternehmen aufgrund wirtschaftlicher Entwicklungen von 210 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getrennt hatte, hat sich das Blatt nun wieder deutlich gewendet.

Zahl der Mitarbeiter steigern

Die Auftragsbücher des Unternehmens seien nicht nur für dieses Jahr voll, sondern bereits bis Ende des Jahres 2023, sagt Thomas Stephan. „Wenn es so weiterläuft wie momentan - und davon gehe ich aus - werden wir Anfang 2024 wieder den Umsatz erreicht haben, den wir vor Corona im Jahr 2019 hatten“, ergänzt er. Rund 60 neue Mitarbeiter seien inzwischen wieder eingestellt worden. Weitere sollen folgen. Bei der Kündigungswelle vor zwei Jahren war die Zahl der Mitarbeiter auf insgesamt 600 reduziert worden. Bald sollen laut Thomas Stephan wieder 700 im Bestwiger Werk arbeiten. Und mit jedem Auftrag, den wir annehmen können, kann es sein, dass weitere Einstellungen erforderlich werden, so der Vertriebsdirektor.

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Weil es so gut laufe, ist Tital derzeit dabei, in Serbien weitere Kapazitäten zu schaffen. Dort und in Ungarn ist das US-amerikanische Luft- und Raumfahrtunternehmen Howmet Aerospace, zu dem die Tital GmbH gehört, bereits seit längerer Zeit aktiv. Eines stellt Thomas Stephan in diesem Zusammenhang ganz deutlich heraus: Das Verlagern von Prozessen nach Serbien habe in keiner Weise den Hintergrund, am Standort in Bestwig Stellen abbauen zu wollen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Durch diesen Schritt schaffe man Kapazitäten, um weitere Aufträge annehmen und sich in Bestwig weiterentwickeln zu können.

Bauteile für die Luft- und Raumfahrt

Zum Hintergrund: Die Firma Tital Tital liefert unter anderem fertige Bauteile für die Luft- und Raumfahrt. Am Standort in Bestwig werden sie gegossen, die Anschnitte werden gesägt und geschliffen, die fertigen Gussteile werden mechanisch bearbeitet und mit einem Oberflächenschutz versehen. Zum Schluss werden die geforderten Anbauteile montiert. Und genau dieses Sägen, Schleifen, die mechanische Bearbeitung und die Montage erfolge nun in Serbien. „Wir brauchen diese Kapazitäten, um in Bestwig wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Thomas Stephan. Und: Ihm sei es wichtig, die Kompetenzen in Bestwig zu halten, weil man heute nie wissen könne, was morgen in Serbien sei.

Thomas Stephan, Vertriebsdirektor bei Tital in Bestwig.
Thomas Stephan, Vertriebsdirektor bei Tital in Bestwig. © Unbekannt | WERBSTATT GmbH

Fest stehe jedenfalls: Die Luftfahrtindustrie wachse seit Beginn der Corona-Pandemie wieder nachhaltig. Urlaubsflüge seien wieder im Trend. In Europa und den USA seien die Flugzahlen wieder auf das Niveau des Jahres 2019 angestiegen. „Und wenn geflogen wird, werden Flugzeuge gebaut, und wenn Flugzeuge gebaut werden, haben wir hier in Bestwig Arbeit“, sagt Stephan plakativ. Die Luftfahrt wolle zurück zu alten Zeiten und darüber hinaus.

Neue Ziele gesetzt

So habe sich etwa Airbus zum Ziel gesetzt, noch mehr Flugzeuge zu produzieren als vor der Krise. Eine Nachricht, die man in Bestwig mit Freude zur Kenntnis genommen hat. Airbus hatte seine Produktionsraten der A320-Familie während der Krise zwar auf 40 Stück pro Monat reduziert. Damit seien aber immerhin noch die Lieferketten am Leben gehalten geworden, sagt Thomas Stephan. Anders sei es beim US-amerikanischen Hersteller Boeing gewesen, der nach zwei Flugzeugabstürzen bereits vor Corona in einer massiven Krise gesteckt habe. Doch auch hier sei man wieder auf einem guten Weg.

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Durch Corona und seine Auswirkungen hatte auch Tital viele Projekte zunächst auf Eis legen müssen. Auch das ist nun Geschichte. „Nach der Krise haben wir neue Luftfahrt-Geschäfte hinzugewinnen können“, sagt Thomas Stephan zufrieden. Dabei handele es sich unter anderem um Triebwerksringe und komplexe Getriebegehäuse für neue Triebwerke. „Aufträge, die die Zukunft sichern“, betont der Vertriebsdirektor. Rund zwei bis vier Jahre dauere in etwa die Auftragsanbahnung in der Luft- und Raumfahrt. Dafür ließen sich durch solche Aufträge in der Regel aber auch für 10 bis 20 Jahre Arbeitsplätze sichern.

Effizienter und stärker denn je

„Wir haben hier aktuell alle genug zu tun“, sagt Thomas Stephan und spricht von einer Herausforderung. Aber wenn man einmal eine solche Krise mitgemacht habe, wisse man sehr genau: Belastung ist schöner und leichter zu ertragen, wenn es bergauf gehe, als wenn es abwärts gehe. In den vergangenen zwei Jahren seien Organisation und Prozesse angepasst und optimiert worden. Dadurch sei man bei Tital inzwischen effizienter und stärker denn je.

  • Tital hat den größten Gussofen für Titan in Europa.
  • Europaweit gebe es nur zwei ernstzunehmende Mitbewerber, sagt Thomas Stephan. Und auch weltweit gebe es nur drei Unternehmen, die das könnten, was Tital könne.
  • Tital liefert einbaufertige Aluminium- und Titan-Feinguss-Bauteile an weltweit führende Unternehmen aus Luftfahrt, Verteidigung, Rennsport und Maschinenbau.
  • Bei Tital zu besetzende Stellen können im Internet unter https://tital-gmbh.talentstorm.de eingesehen werden. Gesucht werden unter anderem Produktionsmitarbeiter sowie Maschinen- und Anlagenführer im Bereich Titan-/Aluminium-Formherstellung und SPS-Techniker, sowie Zerspanungsmechaniker für den Standort Erwitte.
  • Aber auch Praktikanten, Werkstudenten, Bacheloranden und Masteranden für den technischen und kaufmännischen Bereich und Ferienarbeiter für die Produktion sind aufgerufen, sich zu bewerben.
  • Seit Beginn der Corona-Pandemie wird Tital erstmals wieder an der internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung teilnehmen, die vom 22. bis 26. Juni in Berlin stattfindet.