Bestwig. Wechsel in Transfergesellschaft oder betriebsbedingte Kündigung? Diese Entscheidung müssen 175 Tital-Mitarbeiter in Bestwig treffen.

175 Mitarbeiter haben beim Luftfahrtspezialisten Tital die Ankündigung ihrer Kündigung durch den Arbeitgeber erhalten. Bis Freitag dieser Woche hatten sie Zeit, sich zu entscheiden, ob sie ab 1. Februar in eine Transfergesellschaft wechseln – oder die betriebsbedingte Kündigung erhalten.

"Wir können damit nicht zufrieden sein, dass insgesamt 210 Arbeitsplätze abgebaut werden", sagt Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Arnsberg. 210: Diese Anzahl hatte Tital im Frühjahr 2020 vorgegeben, die mangels ausreichender Auftragslage abgebaut werden müssten. In der Zwischenzeit hatten deshalb Mitarbeiter bereits den Betrieb verlassen, übrig bleiben die 175 Stellen, die jetzt noch abgebaut werden müssen. Bis Ende Januar soll klar sein, wie vielen gekündigt wird und wie viele in die Transfergesellschaft wechseln.

Verweildauer in Transfergesellschaft individuell geregelt

Wer wechseln wird, mit dem wird ein Aufhebungsvertrag gemacht. Die Verweildauer in der Transfergesellschaft ist individuell geregelt: Die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sieht dafür die Dauer der individuellen Kündigungsfrist vor (die wiederum von der jeweiligen Betriebszugehörigkeit abhängt), plus vier weitere Monate. Wer nicht wechselt, bekommt eine betriebsbedingte Kündigung mit seiner individuellen Kündigungsfrist.

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Carmen Schwarz rechnet kaum mit Klagen vor dem Arbeitsgericht: "Der Punkt ist: Betriebsrat und Arbeitgeber haben sich auf eine Namensliste verständigt – die beiden haben sich hingesetzt, und gesagt, wer geht. Damit ist juristisch die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass man vor Gericht erfolgreich sein wird." Sie meint: "Der Fall ist abgeschlossen, juristisch betrachtet."

Betroffen vom Stellenabbau seien alle Abteilungen bei Tital, sowohl kaufmännisch als auch gewerblich, betroffen sind Ältere wie Jüngere: "Es gibt auch den ein oder anderen, der nicht damit gerechnet hat, dass es ihn treffen wird – Leute, die schon mehr als zehn Jahre dabei sind und Kinder haben." Das Grundgerüst, wer auf der Kündigungsliste steht, sei zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber besprochen worden.

"Mögliche Leistungsverdichtung"

Welche Perspektive die übrigen Mitarbeiter haben, hänge von den Aufträgen ab, so die Gewerkschaft: "Es bleibt abzuwarten, wie sich das entwickelt. Ich kann mir vorstellen, dass es einige Bewegung im Betrieb geben wird: Wenn 210 Leute einfach mal so weg sind, dann hat das natürlich Auswirkungen auch auf die, die noch da sind – auf ihre Aufgabenbereiche, auf eine mögliche Leistungsverdichtung."

Stelle das Unternehmen nicht wieder ein, wenn die Auftragslage anziehe, dann gebe es ja nur die Möglichkeit, dass die übrigen mehr arbeiten, mehr Aufgaben erledigen und flexibler sein müssten. Sie sagt, dass bereits 2020 am Anfang der Gespräche vom Unternehmen gesagt worden sei, dass man gegebenenfalls flexible Arbeitszeitmodelle nach dem Stellenabbau umsetzen müsse.

IG Metall: Erfolg von Kurzarbeit abwarten

Carmen Schwarz hält daran fest, dass die Möglichkeiten der Kurzarbeit nicht ausgeschöpft worden seien und ein Erfolg davon gar nicht abgewartet wurde. Sie kritisiert auch, dass der Arbeitgeber kein Freiwilligenprogramm aufgesetzt hatte: "Das muss eigentlich immer im Vorfeld stattfinden, bevor es zu Kündigungen kommt. Das finde ich sehr bitter, dass man sich nicht darauf eingelassen hat." Damit wären diejenigen angesprochen worden, die sich - mit finanziellem Anreiz - vielleicht freiwillig umorientiert hätten: "Das hätte andere gerettet, die von dem Arbeitsplatz in Bestwig abhängig sind."

Den Erfolg von Transfergesellschaften schätzt die IG-Metall-Bevollmächtigte als "völlig unterschiedlich" ein: "Pauschal kann man das nicht sagen. Es kommt darauf an, mit welcher Qualifikation man in die Transfergesellschaft reingeht – und wohin man sich qualifizieren kann und möchte. Dem ein oder anderen wird durch Qualifizierung gut geholfen werden können, der andere wird darüber hinaus noch schauen müssen, was er macht. Das ist sehr individuell."

>>>HINTERGRUND<<<

Die Tital GmbH gehört seit April 2020 zu dem US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtunternehmen Howmet Aerospace mit Sitz in Pittsburgh/Pennsylvania.

Geliefert werden einbaufertige Aluminium- und Titan-Feinguss-Bauteile an weltweit führende Unternehmen aus Luftfahrt, Verteidigung, Rennsport und Maschinenbau.