Menden. Schon Kleinstgewerbe macht ein großes Wohnhaus viel teurer – und damit auch die Mieten. Genau das wollte die Stadt Menden vermeiden.

Der Ärger um die neue Aufteilung der Grundsteuer B in Menden geht unvermindert weiter. Bei der WP haben sich zuletzt mehrere Eigentümer von Wohn- und Geschäftshäusern gemeldet. Allen geht es um die Zuordnung ihrer Gebäude als „Nichtwohngrundstücke“. Das betrifft auch viele Wohn- und Geschäftshäuser in der Innenstadt. In einem besonders krassen Beispiel geht es um ein Haus in Menden, das eine zweistellige Anzahl an Wohnungen aufweist, aber auch ein kleines Geschäft im Parterre. „Obwohl mein Haus zu mehr als 90 Prozent dem Wohnen dient, unterliegt es laut der Stadt Menden komplett der Grundsteuer für Nichtwohngrundstücke“, beklagt der Eigentümer.

Vermieter: Erklärtes Ziel von mehr bezahlbarem Wohnraum wird jetzt verfehlt

Deren Hebesatz liegt in Menden seit Januar mit 1227 Punkten aber fast doppelt so hoch wie die Steuer auf reine Wohnhäuser mit nur 713 Punkten. Bei reinen Wohngrundstücken soll es auch Gewinner der Reform geben: Sie zahlen jetzt weniger als zuvor. Für den betroffenen Eigentümer des Mendener Wohn- und Geschäftshauses ist hingegen klar: „Das führt im kommenden Jahr zu einer spürbaren Mieterhöhung. Dabei ist im Stadtrat eindeutig gesagt worden, dass es die Unterscheidung von Wohn- und Nichtwohngrundstücken geben soll, damit das Wohnen in Menden nicht noch teurer wird.“ Genau das sei jetzt aber der Fall, zumindest in allen Häusern, in denen sich neben Wohnraum auch Geschäftsflächen finden, und seien sie noch so klein.

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Mendener Stadtrat entschied sich für die Splittung des Hebesatzes

Bekanntlich hatten alle Städte in NRW die Wahl, die Wohn- und Nichtwohngrundstücke in ihrem neuen Hebesatz zusammenzufassen oder getrennt zu behandeln. Der Mendener Stadtrat entschied sich auf Anraten der Verwaltung für Letzteres. Nachbarstädte wie Balve oder Fröndenberg wählten dagegen einen einheitlichen Hebesatz für alle, auch weil sie in der Splittung ein hohes Rechtsrisiko erkennen. Ihr Hebesatz fällt damit aber für die Wohngrundstücke allerdings auch höher aus.

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Im Rathaus rollt die Protestwelle an: Stadt verweist aufs Finanzamt

Die Stadtverwaltung Menden erlebt angesichts der rollenden Protestwelle dank der Grundsteuer gerade schwierige Tage. Denn weil die Stadt die Bescheide versendet hat, wollen viele Menschen jetzt auch im Rathaus die aus ihrer Sicht fälligen Korrekturen vornehmen lassen. „Das können wir aber nicht“, bittet Pressesprecherin Vanessa Wittenburg um Verständnis. „Im Gegenteil: Wir erhalten vom Finanzamt zu Einzelfällen nicht einmal eine Antwort. Sondern bestenfalls den Hinweis, dass das eine Sache zwischen Finanzamt und Eigentümer ist.“

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„Hohes Arbeitsaufkommen“: Team Steuern im Rathaus bittet Bürger um Geduld

In der Steuerabteilung der Stadt komme es „aktuell zu einem sehr hohen Arbeitsaufkommen“, erklärt auch die Teamleiterin Anna Belecki. „Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger daher um Geduld und Verständnis.“ Die eingehenden Anfragen würden schnellstmöglich abgearbeitet.

„Wir erhalten vom Finanzamt zu Einzelfällen nicht einmal eine Antwort. Sondern bestenfalls den Hinweis, dass das eine Sache zwischen Finanzamt und Eigentümer ist“

Vanessa Wittenburg
Sprecherin der Stadt Menden

Ausführliches Schreiben zur Berechnung als Antwort von der Stadt

Wer sich jetzt mit der Frage nach seiner Eingruppierung an Beleckis Team wendet, erhält von dort ein sehr ausführliches Schreiben zum Berechnungsmodus. Die Kurzfassung ist indes auch auf der Internetseite menden.de zu finden. Was darin steht, ist für betroffene Eigentümer und deren Mieter wenig ermutigend. Demnach zählen zu den Nichtwohngrundstücken mit einem Hebesatz von 1227 Prozent folgende Grundstücksarten: „Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke sowie sonstige bebaute und unbebaute Grundstücke.“

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Finanzamt legte die Grundstücksart schon im Messbetragsbescheid fest

Und weiter heißt es: „Sofern Ihr Grundstück bewohnt ist und beispielsweise ein Ladenlokal im Erdgeschoss ist, zählt es als Geschäfts- oder gemischt genutztes Grundstück. Die Zuordnung zu den Nichtwohngrundstücken ist somit korrekt. Die Grundstücksart wurde durch das Finanzamt mit dem Messbetragsbescheid festgelegt. Bei der Zuordnung der Grundstücke des jeweiligen Hebesatzes kommt der Stadt Menden kein Ermessen zu.“ Denn das sei im selben Landesgesetz festgelegt worden, das auch jeder einzelnen Kommune im Land die Entscheidung über einheitliche oder gespaltene Hebesätze übertragen hat.

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Auch bei Widersprüchen oder Klagen: Steuer ist erstmal zu bezahlen

In dem Stadtschreiben heißt es zudem, dass eventuelle Widersprüche beim Finanzamt die Pflicht zur Zahlung der festgesetzten Grundsteuer nicht aufschieben. Und: Die höheren Hebesätze dienten dazu sicherzustellen, dass die Stadt auch weiter Schulen, Kitas, Spielplätze oder Straßen bezahlen könne.

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Eigentümer haben Bedeutung der Nichtwohngrundstücke offenbar unterschätzt

Mehrere Hausbesitzer wiederum haben gegenüber der WESTFALENPOST erklärt, dass sie die Bedeutung der Einordnung ihrer Areale als Nichtwohngrundstücke erstmal gar nicht auf dem Schirm gehabt hätten. Doch auch auf eingereichte Widersprüche beim Finanzamt Iserlohn habe es keine Antwort gegeben. Das moniert auch der Mendener Karl-Heinz Quinting, der heute für seine Streuobstwiese statt knapp 40 jetzt 670 Euro Grundsteuer B berappen muss. Was bei ihm indes vor allem daran liegt, dass seine ökologisch wertvolle, 1800 Quadratmeter große Wiese, der er gar nicht mehr bebauen darf, mit satten 160.000 Euro bewertet wurde.