Menden. Mendener kann Jahre nach dem Glasfaser-Ausbau in seinem Haus nicht zum Wunsch-Anbieter Telekom, Vodafone oder 1&1 wechseln. Die Gründe.

Schon mehrere Jahre hat der Mendener Leser einen Glasfaser-Anschluss. Doch von besseren Tarifen kann er nicht profitieren. Und das könnte auch anderen Kundinnen und Kunden bald so gehen.

Der Platte Heider (Name der Redaktion bekannt) ließ seinen Glasfaseranschluss 2020/2021 durch die Telemark legen. Die damals verfügbaren Anbieter „waren Helinet, Dokom21 und Münet“, erzählt er. „Wir selbst wie auch die meisten meiner Nachbarn haben sich aufgrund einer guten Preis/Leistung von 100Mbit Down-/Upstream (synchrone Leitung) für die Helinet entschieden.“

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Alles lief gut, der Mendener war zufrieden. Er hatte einen Vertrag mit einer 24-monatigen Mindestlaufzeit abgeschlossen, bezahlte eine monatliche Grundgebühr von 44,95 Euro. Nach Ablauf der Mindestlaufzeit habe er bei Helinet nach besseren Vertragskonditionen gefragt, in diesem Jahr startete er einen erneuten Anlauf. Denn: Auf der Homepage von Helinet hatte der Mendener viel bessere Tarife entdeckt: zum Beispiel für fünf Euro weniger eine doppelt so schnelle Leitung wie bisher oder für fünf Euro mehr eine viermal schnellere Leitung.

Glasfaserkabel liegen auf einer Baustelle. Ein Mendener Leser ärgert sich, dass er den Anbieter auch nach Jahren nicht frei wählen kann.
Glasfaserkabel liegen auf einer Baustelle. Ein Mendener Leser ärgert sich, dass er den Anbieter auch nach Jahren nicht frei wählen kann. © dpa | Sina Schuldt

Mögliche Tarife hängen vom Wohnort ab

Allerdings hat der Mendener keine Möglichkeit, diese Tarife zu buchen, berichtet er von seinen Erfahrungen. Ihm sei gesagt worden, dass diese Tarife lediglich für Hamm – dem Sitz von Helinet – gelten, aber nicht für Menden. Zudem habe Helinet ja einen Vertrag mit der Telemark und könne selbst nichts ändern.

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Daraufhin fragte der Mendener bei der Telemark nach. Nicht einmal, sondern immer wieder, wie er berichtet. Er sei über Monate wieder und wieder vertröstet worden.

„Ich kann jetzt aber eben nicht zur Telekom, zu Vodafone oder zu 1&1 oder wem auch immer wechseln – trotz der Tatsache, dass Glasfaser in meinem Haus liegt.“

Glasfaser-Kunde

Der Mendener berichtet, ihm sei der Glasfaser-Anschluss damals als „Open Accesss“-Anschluss angeboten worden. Das bedeutet, dass anderen Unternehmen zu bestimmten Konditionen die Nutzung des Glasfasernetzes ermöglicht wird. Vom Open Access merkt der 37-Jährige indes nichts: „Ich kann jetzt aber eben nicht zur Telekom, zu Vodafone oder zu 1&1 oder wem auch immer wechseln – trotz der Tatsache, dass Glasfaser in meinem Haus liegt“, ärgert er sich.

„Dementsprechend sind die angebotenen Tarife nicht mehr zeitgemäß, und ich habe das Gefühl, dass die Anbieter diesen Umstand für sich ausnutzen.“

Mendener Glasfaser-Kunde

Als Glasfaser-Nutzer habe er „leider keine Möglichkeit, dass ich den Anbieter wechseln kann“, da der Anschluss nur über die genannten Anbieter verfügbar ist: „Dementsprechend sind die angebotenen Tarife nicht mehr zeitgemäß, und ich habe das Gefühl, dass die Anbieter diesen Umstand für sich ausnutzen.“

Das sagt die Telemark

Die Telemark, die den Glasfaser-Ausbau bei dem Leser durchgeführt hatte, kann den Wunsch verstehen, sagt aber, dass es tatsächlich keine Möglichkeit für den Platte Heider gebe, einen Anbieter frei auszuwählen. Er könne lediglich unter den Anbietern wählen, mit denen die Telemark eine entsprechende Kooperation vereinbart habe. „Wir wären begeistert, wenn beispielsweise die Telekom unser Netz nutzen würde“, erklärt Andreas Griehl, Geschäftsführer der Telemark, auf Nachfrage der Westfalenpost. „Das ist uns aber bislang nicht gelungen.“ Die Telemark habe Kooperationsgespräche mit verschiedenen Anbietern geführt, doch große, bundesweit agierende Anbieter hätten bisher kein Interesse an einer Kooperation gezeigt.

„Wir wären begeistert, wenn beispielsweise die Telekom unser Netz nutzen würde. Das ist uns aber bislang nicht gelungen.“

Andreas Griehl
Geschäftsführer der Telemark

Irgendwann soll beim Glasfaser-Netz ähnlich wie beim Strom-Netz eine große Auswahl für den Kunden möglich sein, hofft Andreas Griehl: „Wir arbeiten daran. Aber die großen Anbieter haben da andere Vorstellungen. Wir hoffen aber, dass wir mittelfristig Große wie die Telekom auch anbieten können. Aber wann das so ist, das ist ein Blick in die Glaskugel.“ Seine persönliche Meinung sei: „In fünf Jahren werden alle mit allen kooperieren und das Netz wird offen sein.“

Das sagt Helinet

Auch bei Helinet, dem Diensteanbieter, den der Platte Heider Leser nutzt, hofft man auf diese Entwicklung: „Wenn einer das Glasfasernetz baut und es viele Diensteanbieter gibt, dann wäre das optimal“, sagt Martin Köster, Teamleitung Marketing bei Helinet, gibt aber auch zu bedenken: „Es muss für den Diensteanbieter interessant – und wirtschaftlich – sein, sich aufs Netz aufzuschalten.“

„Es muss für den Diensteanbieter interessant – und wirtschaftlich – sein, sich aufs Netz aufzuschalten.“

Martin Köster
Teamleitung Marketing bei Helinet

Es handele sich zwar um ein Open-Access-Netz, „aber ob sich da jeder denkbare Anbieter draufschaltet, ist eine andere Frage“, erläutert Martin Köster.

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Wie kompliziert die Marktsituation ist, verdeutlicht Martin Köster an einem Beispiel aus Hamm: „Wir würden gerne mit einem einzigen Preis werben, aber das geht nicht.“ Denn je nach Kooperationspartner gebe es andere Preise. Und so existieren selbst innerhalb einer Stadt wie Hamm zwei verschiedene Tarife – welcher zur Wahl steht, hängt von der Adresse des Kunden ab.

„Die Bundesnetzagentur wird alles tun, um ihren Beitrag dazu zu leisten, das Entstehen von Open-Access-Vereinbarungen weiter zu beschleunigen.“

Michael Reifenberg
Pressestelle der Bundesnetzagentur

Doch auch Martin Köster ist zuversichtlich, dass sich die aus Sicht etlicher Kunden wenig zufriedenstellende Situation irgendwann ändern werde: „Ich kann mir vorstellen, dass das fünf bis sieben Jahre nach dem Glasfaser-Ausbau passiert. Irgendwann wird der Markt das automatisch regeln.“

Das sagt die Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur weiß um die Problematik und ist bestrebt, die Anbieterauswahl für Kundinnen und Kunden zu verbessern. Deshalb erarbeite die Bundesnetzagentur im Rahmen des Gigabitforums gemeinsam mit Vertretern der Branche Orientierungspunkte für freiwillige vertragliche Einigungen, um diese schneller und kostengünstiger in der Praxis zu etablieren. „Allerdings kommen entsprechende Vereinbarungen nur zustande, wenn nicht nur ein Zugang zum neuen Glasfasernetz angeboten, sondern auch von anderen Unternehmen nachgefragt wird“, erläutert Michael Reifenberg von der Pressestelle der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. „Auf beiden Seiten erwarten wir in den kommenden Jahren deutliche Fortschritte und die Bundesnetzagentur wird alles tun, um ihren Beitrag dazu zu leisten, das Entstehen von Open-Access-Vereinbarungen weiter zu beschleunigen.“