Menden. Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Menden erinnern mit Aktion an jüdische Familien und ihr Schicksal. Gunter Demnig verlegt Stolpersteine.

Es war kalt und trüb an diesem Morgen, eigentlich ein Wetter, bei dem man am liebsten drinnen bleibt. Doch bereits am frühen Vormittag treffen sich die Schülerinnen und Schüler des 9. Jahrgangs der Gesamtschule Menden mit dem Künstler Gunter Demnig in Menden, um drei weitere Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus zu verlegen.

Die Stolpersteine sind nur zehn Zentimeter groß, die Namen auf ihnen den meisten unbekannt, jedoch erinnern sie an einen Teil der dunkelsten Geschichte Deutschlands. Auch in Menden wurden Menschen Opfer des Nationalsozialismus. „Die Namen auf den Steinen sagen einem nichts, bevor man sich mit ihnen beschäftigt“, sagt Leonie Seibel. Ihre Klassenkameradin Milena Weidner ergänzt: „Ich finde es richtig und wichtig, dass man darüber spricht und die Opfer nicht vergisst.“

„Die Namen auf den Steinen sagen einem nichts, bevor man sich mit ihnen beschäftigt.“

Leonie Seibel
Schülerin 9. Jahrgang Gesamtschule Menden

Leben und Schicksal der Mendener David Busack und Johanna und Benjamin Keijzer

Die drei Namen aus Menden, die sich auf den einzelnen Steinen befinden, sind für die Schülerinnen und Schüler längst keine unbekannten mehr. Vielmehr haben sich die jungen Menschen in die Zeit des Nationalsozialismus zurückversetzt und das Leben und Schicksal der jüdischen Familien David Busack und Johanna und Benjamin Keijzer aus Menden durchleuchtet. Aus diesem Grund richtet sich am Freitagmorgen ihr Appell an alle: „Geschichte darf nicht hingenommen werden, wir müssen sie täglich neu schreiben.“ Schulleiter Ralf Goldschmidt positioniert sich klar, „kein Kind verlässt unsere Schule, ohne etwas über den Holocaust erfahren zu haben.“

Stolpersteinverlegung
Mit ihren Texten bereicherten Alina Tolkmit, Milena Weidner, Leonie Seibel und Adrian Erken (von links nach rechts) die Stolperstein-Aktion in Menden. © Susanne Springer | Susanne Springer

„Kein Kind verlässt unsere Schule, ohne etwas über den Holocaust erfahren zu haben.“

Ralf Goldschmidt
Schulleiter Gesamtschule Menden

Gunter Demnig verlegt seit nunmehr 25 Jahren die Steine mit Messingplatten und Opfernamen. Fachlehrerin Katrin Kemper bezeichnet es als einen glücklichen Zufall, dass der Künstler gerade zu der Zeit vorhatte, weitere Steine in Menden zu verlegen, als sie das Thema Nationalsozialismus mit ihrem Jahrgang im Unterricht bearbeitete.

Familien Busack und Keijzer

David Busack (geb. 1891) lebte gemeinsam mit seiner Frau Emma von Düren (geb. 1890) und ihren zwei Kindern, Therese und August, an der Wasserstraße 5. Er wurde im KZ Mauthausen am 23. Oktober 1942 ermordet.

Johanna (geb. 1881) und Benjamin Keijzer (geb. 1881) lebten zusammen an der Hauptstraße 52, oberhalb ihres Schuhgeschäftes. Die Familie suchte 1936 Schutz in den Niederlanden. Von dort wurden sie am 19. Mai 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Stolpersteine erinnern an ihrem einstigen Wohnort an das Schicksal der Menschen, die in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Am Freitagmorgen rücken die Schülerinnen und Schüler das Leben und Sterben der Opfer würdevoll in den Vordergrund. Die drei Steine, die als mahnende Erinnerung dienen sollen, werden in das Pflaster der Wasserstraße und der Hauptstraße verlegt. Begleitet wird die Aktion unter anderem von Matthias Eggers, MdL, Bürgermeister Roland Schröder und Dr. Gabriele Schulte-Kurtheshi.

Stolpersteine
Stolpersteinverlegung an der Wasserstraße für David Busack mit den Schülerinnen und Schülern des 9. Jahrgangs der Gesamtschule Menden. © Susanne Springer | Susanne Springer

„Wir hätten euch ein langes Leben gewünscht. Wir hätten euch Kinder gewünscht. Wir hätten euch ein freies Leben gewünscht“. Diese Wünsche, die sich für die Opfer nicht erfüllten, legten Adrian Erken, Alina Tolkmit, Milena Weidner und Leonie Seibel zusammen mit weißen Rosen, dem Zeichen des Widerstandes gegen das NS-Regime, stellvertretend für ihren gesamten Jahrgang an der Gesamtschule Menden nieder.

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Die Schülerinnen und Schüler werden zu „ihren“ Stolpersteinen, gestiftet von Frank Oberkampf, ein ganz besonderes Verhältnis haben. Sie werden sicher nicht an ihnen vorbeigehen können, ohne sich der Menschen zu erinnern und von ihnen zu erzählen.

Die Aktion „Stolpersteine Menden“ zog auch Gäste aus Hemer an. Gisela Knauel, Dr. Anne-Babette Woelki-Westhoff und Dr. Werner Mirbach gründeten im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe und haben vor, es ihrer Nachbarstadt gleichzutun und ebenfalls Stolpersteine zu verlegen.