Kreis Olpe. Im Kreis Olpe nimmt die Debatte um Handyverbote an Schulen deutlich an Fahrt auf. So reagieren Schulen. Müssen Schüler vor Mediennutzung geschützt werden?

Digitale und soziale Medien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Immer früher haben bereits Kinder ihr erstes eigenes Handy. Doch das Internet und soziale Medien bergen Gefahren, die den Jüngsten oft nicht bewusst sind. Daher wurde Ende letzten Jahres eine strikte Altersgrenze für soziale Medien in Australien beschlossen. In Deutschland wird dies auch immer wieder heftig diskutiert. Wie gehen Schulen im Kreis Olpe mit der Social-Media- und Handy-Nutzung ihrer Schülerinnen und Schüler um? Was halten Lehrkräfte von einer (Alters-)Einschränkung?

Die WESTFALENPOST im Kreis Olpe ist auch bei WhatsApp. Jetzt hier abonnieren.

Folgen Sie uns auch auf Facebook.

Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus dem Kreis Olpe.

Alle News aufs Handy? Jetzt die neue WP-App testen.

Die WP im Kreis Olpe ist jetzt auch bei Instagram.

Handyverbot an Schulen: Kritische Sichtweise

Manuel Cordes, Koordinator der Öffentlichkeitsarbeit an der St.-Franziskus-Schule in Olpe, weiß als Klassenlehrer einer siebten Klasse, welchen großen Einfluss Internet- und Handynutzung auf Schüler haben. Trotzdem sieht er ein generelles Verbot eher kritisch: „Wir können Schüler nicht von der Mediennutzung ausschließen. Wichtiger ist es, sie ordentlich dabei zu begleiten“, so der Mathematik- und Physiklehrer. Und genau das macht der Verbund aus Realschule und Gymnasium seit knapp fünf Jahren durch das Projekt „Medienscouts NRW“ der Landesanstalt für Medien NRW. „Im Fokus steht hierbei das Peer-to-Peer-Lernen, da dies erfahrungsgemäß besser angenommen wird, als wenn ein Erwachsener vorne steht und erklärt, was man darf und was nicht“, erklärt Cordes.

Eine Schülerin schaut auf ihr Smartphone. Handys gehören zum Alltag junger Menschen. Doch gehören sie auch in den Unterricht?
Eine Schülerin schaut auf ihr Smartphone. Handys gehören zum Alltag junger Menschen. Doch gehören sie auch in den Unterricht? © Shutterstock/Vasily Makarov | Vasily Makarov

Medienscouts sind Schüler ab den Klassen acht aufwärts, die ein halbes Jahr lang in einer Arbeitsgemeinschaft eine entsprechende Ausbildung durchlaufen. Anschließend vermitteln sie in regelmäßigen Klassenbesuchen ihr Wissen an jüngere Schulkameraden. An der St.-Franziskus-Schule hat man sich inzwischen dazu entschieden, zum Programm „Digitale Helden“ zu wechseln. „Das Ausbildungskonzept hat sich etwas verändert und der Support ist ein anderer. Aber insgesamt ändert sich für die Schüler nicht groß etwas“, erklärt Cordes.

Kein generelles Handyverbot

Die behandelten Themen der „Digitalen Helden“ sind sehr vielfältig und reichen von Datenschutz und Selbstdarstellung im Netz über Meinungsbildung und Demokratie bis hin zu Handlungsmöglichkeiten in Krisensituationen, wie in Fällen von Cybermobbing oder exzessiver Mediennutzung. Zugang zu den Themen erhalten die Schüler über eine digitale Lernplattform. Einer Altersbeschränkung sozialer Medien steht Cordes zwiegespalten gegenüber. „Es gibt ja bereits Altersrichtlinien auf Plattformen wie WhatsApp, Facebook und Instagram, aber daran wird sich häufig nicht gehalten. Daher bemühen wir uns als Schule eher darum, den richtigen Umgang damit zu schulen“, erklärt der Lehrer.

Weitere Themen

In den letzten zwei Jahren wurde auch die Handyordnung an der St-Franziskus-Schule überarbeitet. Im Unterricht ist die Nutzung von Handys verboten, in den Pausen für ältere Schüler erlaubt. Ähnlich handhabt es das St.-Ursula-Gymnasium in Attendorn: „Die Nutzung von mobilen Endgeräten ist laut Hausordnung im Unterricht untersagt und nur in Ausnahmefällen mit ausdrücklicher Genehmigung der Lehrkraft gestattet“, erklärt Doris Kennemann, Koordinatorin der Pressearbeit des Attendorner Gymnasiums. In der unterrichtsfreien Zeit dürfen Schüler der Oberstufe die Geräte in einem dafür ausgewiesenen Bereich nutzen. Die Schule nimmt auch an dem Projekt „Medienscouts NRW“ teil.

Social-Media-Sprechstunde am SGO

Am Städtischen Gymnasium Olpe wurde indes eine Arbeitsgruppe zum Thema „Handynutzung“ gebildet und ein generelles Handyverbot für die Jahrgangsstufen 5 bis 7 beschlossen. „Wir haben mit Sorge beobachtet, wie die Handynutzung bei den Schülern überhandgenommen hat“, so Frank Böhm, Schulsozialarbeiter am SGO. „Wir konnten seit dem Verbot viele positive Entwicklungen beobachten.“ Gemeinsam mit Lehrerin Natja Scharz arbeitet er auch an dem Präventionsprojekt „KryptoKids“, bei dem Schülern spielerisch das Thema Datenschutz nähergebracht wird. Zudem sind beide Teil einer im November 2024 gegründeten Arbeitsgruppe für soziale Medien. Ihr Ziel ist es, eine Sprechstunde zum Thema Social-Media einzurichten. Digitalisierungsbeauftragte Sandra Koesling sagt dazu: „Die personelle Besetzung, der genaue Ablauf und die Themen sind noch nicht ganz klar. Bis Ostern findet erstmal eine Bedarfsanalyse statt, damit wir wissen, was unsere Schüler brauchen.“

Eine strikte Altersgrenze für soziale Medien hält Scharz für sehr sinnvoll: „Die Software ist gar nicht auf Kinder zugeschnitten, sondern für Erwachsene entwickelt“, sagt sie. Böhm findet, dass Medienbildung zwar Aufgabe aller Fächer ist, eine von „oben“ festgelegte Altersbeschränkung aber vieles für die Schulen erleichtern würde. „Im Internet existieren einige Gefahren und es wäre sicherlich einfacher ohne. Aber oft hapert es an der Umsetzbarkeit von solchen Verboten“, weiß Koesling. „Unser Handyverbot für die Klassen 5 bis 7 ist der kleine, geschützte Raum, in dem wir wirklich etwas bewegen können.“

Natja Scharz, Sandra Koesling und Frank Böhm sind Teil der Arbeitsgruppe
Natja Scharz, Sandra Koesling und Frank Böhm (von links) sind Teil der Arbeitsgruppe "Social-Media" am SGO. © Sophia Becker | Sophia Becker

Aufklärung an Grundschulen

An der Düringerschule in Olpe sind Handys und und andere digitale Endgeräte, wie Smartwatches, verboten und werden morgens vor Unterrichtsbeginn bei den Lehrern abgegeben. Gearbeitet wird lediglich mit den vor Ort zur Verfügung gestellten Tablets. Die Digitalisierungs- und Medienbeauftragte sowie stellvertretende Schulleiterin und Klassenlehrerin der Grundschule, Susanne Nies, hat sich zusammen mit der Medienbeauftragten, Carina Kirchhoff, bereiterklärt, das Pilotprojekt „Medienscouts NRW Grundschule“ zu unterstützen. Die Düringerschule wurde 2023/2024 als eine von sechs Grundschulen in Nordrhein-Westfalen für eine Teilnahme ausgewählt. Zuvor gab es die Medienscouts nur an weiterführenden Schulen.

Auch an den beiden Grundschulstandorten in Olpe und Dahl/Friedrichsthal werden ältere Schüler, in diesem Fall aus der vierten Jahrgangsstufe, während einer halbjährigen AG zu Medienexperten ausgebildet. Die Themen, Fallbeispiele und zu bearbeitenden Aufgaben sind an der jüngeren Zielgruppe ausgerichtet. So erlernen die Kinder beispielsweise, worauf man beim Erstellen von Internetprofilen, beim Surfen im Internet und beim Chatten achten muss oder wie man mit Emojis und Cybermobbing umgeht. Bei einem sogenannten „Camptag“ geben sie ihr Wissen dann an andere Viertklässler weiter. Geplant sind weiterhin Besuche im Sachunterricht und eine verstärkte Einbindung der Eltern. Aus Nies‘ Sicht wäre eine Altersbeschränkung sozialer Medien sinnvoll. „Schlupflöcher wird es immer geben. Aber eine strikte Altersgrenze wäre ein klares Signal, um diese zu erkennen und die Kinder zu schützen“, merkt sie an.

Susanne Nies und Carina Kirchhoff leiten die Medienscouts an der Düringerschule in Rüblinghausen
Susanne Nies und Carina Kirchhoff leiten die Medienscouts an der Düringerschule in Olpe. © Sophia Becker | Sophia Becker

Die Projekte werden von allen Schülern gleichermaßen gut angenommen. „Gerade die jüngeren Schüler interessieren sich sehr dafür und lernen viel Neues, wenn ihnen auch häufig die möglichen Gefahren des Internets nicht bewusst sind“, erklärt Manuel Cordes von der St.-Franziskus-Schule. Und auch Susanne Nies von der Düringerschule sagt: „Die Schüler, die aktuell zu Medienscouts ausgebildet werden, fanden die Tätigkeit unserer letzten Medienscouts super und wollen das daher jetzt auch machen.“ Das Handyverbot am SGO stieß wider aller Erwartungen auf keinen großen Widerstand. „Bislang hat sich nur ein einziges Kind nicht daran gehalten“, berichtet Schulsozialarbeiter Böhm.