Kreis Olpe. Jahrzehntelang schien das Pils im Kreis Olpe völlig unantastbar. Laufen bayerische Biere mittlerweile dem guten alten Krombacher den Rang ab?

Wer im Kreis Olpe in die Kneipe bzw. Gaststätte geht, findet nicht mehr nur die bekannten Größen namens Krombacher oder Veltins auf der Getränkekarte, sondern immer häufiger auch bayerische Spezialitäten. Und der Markt wächst offensichtlich: In Attendorn gibt es, wenn auch mit Unterbrechung, seit 2018 das Benediktiner Wirtshaus, das ab Frühjahr mit neuen Betreibern durchstarten will. In der Olper Villa öffnet schon bald ein Starnberger Wirtshaus. Und Oktoberfeste mit schäumendem Getränk aus dem weiß-blauen Freistaat erfreuen sich von Jahr zu Jahr stärkerer Nachfrage. Da sei die Frage gestattet: Werden bayerische Biere im sauerländischen Kreis Olpe immer beliebter? Wir haben eine stichprobenartige Umfrage bei Wirten und Getränkehändlern gemacht – mit diesem Ergebnis.

Starnberger eine Alternative

Stefan Kranz betreibt das Stadthallen-Restaurant „der Gast“ in Attendorn und hat sich vertraglich an die Krombacher Brauerei gebunden. Neben der Hausmarke verkauft er das Starnberger Hell und das Starnberger Weizen vom Fass. „Wir merken schon, dass gerade das Helle immer stärker in Anspruch genommen wird“, erklärt der Wirt. Bei der Frage nach dem Warum kann er nur mutmaßen: „Vielleicht, weil man das Pils immer trinken kann und der eine oder andere Gast gerne zur Alternative greift.“ In dem Fall also zum Starnberger.

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Im Bierfachhandel im Kreis Olpe nicht lässt sich ein klarer Trend zu bayerischen Bieren erkennen, versichert Barbara Verse, die einen Getränkefachhandel in Elspe betreibt, der sich auf ausgefallene und exquisite Biersorten spezialisiert hat – darunter viele Biere von süddeutschen bzw. bayerischen Brauereien. In dem Verkaufsraum an der B 55 hat sie gut sichtbar eine „Bayerische Ecke“ eingerichtet, in der sie 70 verschiedene bayerische Biersorten anbietet. „Unsere Kunden wollen Qualität und etwas Spezielles, wir leben nicht von den großen Brauereien“, sagt die Getränkehändlerin. Viele ihrer angebotenen Biere bekomme man woanders kaum. „Sie sind schon etwas teurer als der Marktführer, aber das ist den Kunden egal“, sagt sie. Bayerische Brauereien hätten einfach mehr Abwechslung als der schäumende Mainstream zu bieten. „Es gibt Helles, Dunkles, Unfiltriertes und vieles mehr. Die bayerischen Brauer sagen uns immer, ihr Bier sei noch richtiges Handwerk, die Großen lieferten Massenware“, so Barbara Verse, die mit einem Großhändler zusammenarbeitet, der quasi alle Biere am Markt liefern kann – sogar aus Österreich. „Wir haben Kunden, die fragen nach ganz bestimmten Sorten, die meisten können wir besorgen.“

Wichtiger Umsatz

Ganz ähnlich Janine Kleine, die mit ihrem Mann den „Olper Getränkeservice“ an der Bilsteiner Straße betreibt. Sie berichtet sogar: „Wir machen unseren Hauptumsatz mit bayerischen Bieren abseits der großen Brauereien.“ Ganze 19 davon beliefern den „Olper Getränkeservice“ sogar direkt, wobei Janine Kleine betont, dass es zwar oft, aber nicht nur um Hellbier gehe. „Unsere Kunden kaufen auch gern Dunkles, Märzen, ungefiltertes Weizen.“ Auch Fassbier aus Bayern werde gern abgenommen, insbesondere beim Verleihbereich der Firma: Kleines stellen für Straßenfeste, Privat- oder Firmenfeiern das nötige Equipment, um mobil zu zapfen. „Im vergangenen Jahr wurde da mehr bayerisches Bier verlangt als das klassische Pils.“ Seit 2008 sind Kleines aktiv, 2010 übernahmen sie den Markt an der Bilsteiner Straße und damit verstärkt auch das, was Janine Kleine „Sonderbiere“ nennt. „Der Direktbezug ist nicht immer ganz einfach, man muss schon eine Palette mindestens abnehmen, und das sind 120 Kisten. Für einen Lkw braucht man zwölf Paletten, und das ist dann schon einiges an Kapitalbindung.“ Daher testet Familie Kleine auch ungewöhnliche Wege, um neue Biere ins Angebot zu nehmen: „Wir sind schon manches Mal auf dem Weg in den Skiurlaub mit unserem Wohnmobil mit Anhänger auf einen Brauereihof gefahren, haben einen Anhänger voll Leergut abgegeben und auf der Rückfahrt den Anhänger voll Bier mit nach Olpe genommen.“ Ihre Kundschaft dankt den Einsatz, für den Janine Kleine einen Beweggrund ausmacht: „So richtig ging das mit der Corona-Krise los, da wurde der Durst auf bayerisches Bier deutlich größer. Vielleicht, weil man damit Urlaubsgefühle verbindet.“

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Doch es gibt auch Ausnahmen. Im Hillmicker Gasthof Valpertz etwa sieht es anders aus. Aktuell werde das Pils immer noch bevorzugt getrunken, betont Betreiber Nico Clemens. Starnberger habe er nur „ab und an am Zapf“. Generell habe er den Eindruck, dass der Bedarf an bayerischen Bieren aufgrund der höheren Preise wieder etwas zurückgehe, schildert er seine Erfahrungen in der Gastronomie. Nach aktuellem Stand lohne sich das zusätzliche Angebot nicht wirklich.