Kreis Olpe/Berlin. „Asylwende“ nur mit Stimmen der AfD: Ein Tabubruch oder schlichte Realpolitik? So reagieren unsere heimischen Abgeordneten
Eins ist unumstritten: Der sogenannte „Fünf-Punkte-Plan“, den die CDU/CSU am Mittwoch im Bundestag als Entschließungsantrag zur Abstimmung stellten, hat jetzt schon Geschichte geschrieben. Denn selten hat eine solche Abstimmung eine so kontroverse Debatte in der Bevölkerung hervorgerufen wie die von ihren Initiatoren genannte „Asylwende“. Kaum jemandem ist das Thema egal. Ob es der von Gegnern heraufbeschworene „Tabubruch“ einer wie auch immer definierten Zusammenarbeit von Union und AfD war, wird erst die Zukunft zeigen. Wir haben die gefragt, die unmittelbar damit zu tun hatten: die drei Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Olpe.
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Befragt zu seinem Abstimmungsverhalten, erklärt der direkt gewählte der drei Politiker, Florian Müller (CDU) aus Drolshagen: „Nach den schrecklichen Anschlägen von Mannheim, Solingen, Magdeburg und zuletzt Aschaffenburg ist für uns als CDU klar: Diese Gewalt darf nicht zur Normalität werden. Der Staat muss seinen Schutzauftrag endlich wieder ernst nehmen. Wir stehen vor der Wahl. Schauen wir weiter ohnmächtig zu, wie die Menschen in unserem Land bedroht, verletzt und ermordet werden, oder tun wir jetzt, was dringend notwendig ist. Die Menschen in unserem Land erwarten, dass wir entschlossen handeln. Und genau das haben wir mit unserem Fünf-Punkte-Antrag getan.“ Er fasst den Inhalt des Plans zusammen: „Wir brauchen klare Regeln, um Fehlanreize in der Asylpolitik zu beenden, beispielsweise durch eine Begrenzung des Familiennachzugs. Diese Maßnahmen sind nicht nur überfällig, sondern auch mehrheitsfähig in unserer Gesellschaft. Die Ampel-Koalition blockiert diese Maßnahmen seit drei Jahren.“
Müller betont, ihn mache die „künstliche Empörung von SPD, Grünen und Linken betroffen“: Wer das Thema Migration den politischen Rändern überlasse, betreibe deren Spiel. „Die Lage in Deutschland ist ernst, die Sorgen der Menschen groß. Es ist Zeit zu handeln.“ Die SPD habe jetzt die Chance zu zeigen, dass sie nicht nur schimpfen wolle, sondern das Heft des Handelns in die Hand nehme, spricht er die am Freitag anstehende Abstimmung über das sogenannte „Zustrombegrenzungsgesetz“ an.
Kurz und knapp die Stellungnahme von Johannes Vogel (FDP), der dem Antrag wie Müller zugestimmt hat: „Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag zur Positionsbestimmung des Deutschen Bundestages vorgelegt. Diesem Antrag habe ich im Einklang mit der Position meiner Fraktion zugestimmt, weil ein Kurswechsel in der Migrationspolitik notwendig ist. Dieser Antrag hat keine Gesetzeskraft oder eine andere bindende Wirkung. Jede Zusammenarbeit mit der AfD lehne ich strikt ab.“
Erwartungsgemäß konträr dazu die Meinung von Nezahat Baradari. Die Attendorner Kinder- und Jugendärztin erklärte noch am Abend der Abstimmung: „Die oppositionelle Unionsfraktion hat heute mit den Stimmen der AfD im Deutschen Bundestag einen Entschließungsantrag durchgesetzt, der eine drastische Verschärfung der Asylpolitik fordert und gegen geltendes europäisches Recht verstößt. Dazu gehören dauerhafte Grenzkontrollen, die Zurückweisung von Schutzsuchenden und die dauerhafte Inhaftierung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer.“ Damit hätten Union wie deren Kanzlerkandidat Friedrich Merz „ihr eigenes Versprechen gebrochen, niemals Mehrheiten mit der AfD zu bilden, um Gesetze oder Anträge durch den Bundestag zu bringen. Die Union hat seinerzeit bewusst den runden Tisch der Ampelkoalition verlassen, um das Asyl- und Migrationskonzept nicht mit der demokratischen Mitte zu suchen“. Dieser „heutige Tabubruch ist eine Schande für unsere Demokratie und offenbart, wie wenig Verlass auf die Beteuerungen von Merz tatsächlich ist. Wer so agiert, darf nicht den Anspruch erheben, einmal Kanzler unserer Bundesrepublik werden zu wollen“, so die Medizinerin.
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Baradari kritisiert auch die Rolle des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), das mit seiner Enthaltung maßgeblich zum Zustandekommen der notwendigen Stimmen beigetragen habe: „Diese bewusste Enthaltung hat die Annahme des Antrags ermöglicht. Auch ein solches Verhalten ist demokratiegefährdend. Wer sich bei so wichtigen Fragen derart zurückhält, macht sich mitschuldig an populistischer Symbolpolitik und zum Steigbügelhalter der AfD.“ Ihre Forderung: „Wir brauchen Lösungen, die rechtsstaatlich und praktikabel sind und die Kommunen vor Ort unterstützen. Dazu gehört, dass bestehende Bundesgesetze von den Ländern umgesetzt werden. Dazu brauchen wir Regelungen aus der demokratischen Mitte und nicht mit rechtsextremen Parteien.“