Olpe/Siegen. Ein Mann greift eine hilflose Patientin im Rollstuhl an. Nun kommen neue grausame Details ans Licht. War der Täter psychisch krank?
Ein junger Mann flüchtet am 29. Juni 2024 nach wenigen Tagen aus der psychiatrischen Einrichtung des St.-Martinus-Hospitals Olpe. Dabei nimmt er scheinbar keine Rücksicht auf Verluste. Kurze Zeit nach seinem Fluchtversuch wird er von der örtlichen Polizei gefasst und zurück in die Psychiatrie gebracht, doch auch dort will er sich unter Einsatz von Medikation offenbar nicht beruhigen (wir berichteten). Eine knappe Woche nach dem Verhandlungsbeginn steht deshalb weiterhin im Raum, ob der Angeklagte aufgrund einer möglichen psychischen Erkrankung zum Tatzeitpunkt überhaupt schuldfähig war.
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Neue schockierende Details
Während des zweiten Verhandlungstages vor dem Landgericht Siegen kamen am Freitagnachmittag nun weitere schlimme Details zur Tat ans Licht. Zuständige Ärzte und Fachpersonal aus der psychiatrischen Einrichtung des St.-Martinus Hospitals schilderten ihre persönlichen Eindrücke vom Angeklagten, die sie während seines fast dreiwöchigen Aufenthaltes gesammelt hatten. Eine Psychiaterin, die während seines Fluchtversuchs mit dabei war, sprach zunächst über die angespannte Situation. „Ich bin direkt zur Station gerannt. Der Patient war hoch angespannt und hatte rote Augen“, berichtete die Zeugin über die Geschehnisse nach dem Ausbruch des Feueralarms. Die Situation sei vor allem aufgrund der hilflosen Patientin im Rollstuhl, die sich in der Gewalt des Angreifers befand, mehr als kritisch gewesen. „Ich hatte keine Angst um mich, aber große Angst um meine Patientin“, sorgte sich die 34-Jährige, dass ihre Patientin den langen Treppenweg „heruntergeschleift“ werden könnte.
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Schon vorab habe sie von Kollegen mitbekommen, dass der Angeklagte suizidal veranlagt gewesen sei. Im Nachgang habe sich dieses Bild weiter bestätigt. Während der Behandlung sei den Ärzten nichts anderes übrig geblieben, als beim Patienten eine sogenannte Sieben-Punkt-Fixierung vorzunehmen. Wenige Tage nach seinem Fluchtversuch sei es dabei zu einer Eskalation gekommen. „Er hat währenddessen unsere Kollegen mit Mord bedroht“, gab sie vor dem Landgericht Aussagen ihrer Kollegen wieder. Ein weiterer Kollege, der den Angeklagten länger behandelte, bekräftigte: „Er sagte zu mir, dass er mich umbringen wird, wenn er mich draußen trifft.“
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Suizidale Gedanken?
In einer solchen Drucksituation könne es jedoch zu solchen Momenten kommen, weshalb er die Aussagen nicht ernst genommen habe. Gleichzeitig habe der Zeuge in Gesprächen mitbekommen, dass der Täter Stimmen in seinem Kopf höre. Bei einem Gespräch habe er ihm erzählt, dass er hoffe, dass die Krankheitssymptome nach der Heirat mit einer Frau verschwinden. Nach den Behandlungen sei dem Psychiatrie-Mitarbeiter eigentlich klar gewesen, dass es sich bei ihm um das Krankheitsbild der paranoiden Schizophrenie handele. Zuvor soll der Angeklagte sich vor der Einweisung in die Klinik auf Bahngleise gestellt bzw. gesetzt haben, um sich das Leben zu nehmen. Während der Gespräche sei möglicher Suizid immer wieder Thema gewesen, so der Zeuge. Der Angeklagte reagierte prompt auf Aussagen, wonach dieser Stimmen im Kopf höre: „Ich schwöre, ich habe so etwas nicht gesagt. Ich bin nicht krank. Die Aussagen entsprechen nicht der Wahrheit.“
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Laut der zuständigen Oberärztin soll der Täter bereits nach seiner Ankunft, zwei Tage vor der Tat, einen „gefährlichen“ Eindruck gemacht haben. Die Folge sei eine unmittelbare Fixierung gewesen. „Er war bedrohlich und sehr laut. Ich habe in zehn Jahren nicht viele Patienten erlebt, die mir solche Angst gemacht haben“, betonte sie. Trotz hochdosierter Medikation sei er stets unruhig geblieben und habe mit seinen Augen Gefahr ausgestrahlt. Eine weitere Zeugin, die mit dem Patienten nach seiner Tat sprach, schilderte hingegen, dass sich der Täter reumütig nach seinem Handeln verhalten habe. Neben einer Entschuldigung gegenüber dem Opfer soll er unter anderem gesagt haben, dass seine Aussagen nur Vorwand zur Flucht gewesen seien und er der Frau niemals etwas angetan hätte, so die Zeugin weiter. Unter Medikation habe dieser gegenüber ihr keinen aggressiven Eindruck gemacht, auch Wahnzustände seien zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar gewesen. Wie es mit dem Angeklagten nun weitergeht, werden die nächsten Sitzungen entscheiden.