Olpe. Ein junger Mann attackiert eine hilflose Patientin im Rollstuhl, um aus der Olper Psychiatrie zu fliehen. Sein Motiv macht völlig fassungslos.

Ein junger Mann landet, nachdem er mehrfach auffällig wird, in der Psychiatrie des Olper Krankenhauses. Nach wenigen Tagen beschließt er, die Einrichtung mit aller Macht zu verlassen – für seinen Fluchtversuch riskiert er auch das Leben einer Patientin im Rollstuhl. Noch heute zeigt sich das Personal vom Vorfall schockiert. Am Montagnachmittag musste sich der Beschuldigte deshalb wegen des Vorwurfs der Bedrohung, der versuchten Geiselnahme und der versuchten Körperverletzung vor der Jugendkammer des Siegener Landgerichts verantworten.

Schreckliche Tat

Der vermutlich heute 18-Jährige (er will sein Geburtsdatum nicht kennen) soll sich laut Anklageschrift am 29. Juni 2024 wenige Tage nach seiner Aufnahme in die psychiatrische Einrichtung des St.-Martinus-Hospitals Olpe Zugriff zu zwei Küchenmessern verschafft haben und mit einem der Messer eine Patientin im Rollstuhl bedroht haben. Der Angeklagte soll sich hinter dem Rollstuhl befunden und dem Opfer von hinten ein Messer an den Hals gehalten haben. In der Folge sei er gemeinsam mit der Frau bis zur Eingangstür gegangen. Weiter berichtet die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift davon, dass der Angeklagte mit dem zweiten Messer auf eine Brandanlage eingeschlagen habe, wodurch ein Alarm ausgelöst wurde und sich alle Türen automatisch öffneten. Daraufhin sei der Mann geflüchtet, aber kurze Zeit später von der Polizei wieder gefasst worden. „Er wollte erreichen, dass die Mitarbeiter ihm ermöglichen, die geschlossene Abteilung zu verlassen“, fasst der zuständige Staatsanwalt zusammen.

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Der Angeklagte soll bereits zuvor in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften auffällig geworden sein, sich dabei teilweise mit der Security angelegt haben. Nachdem ein vermeintlicher Zigaretten-Streit eskalierte, wurde er schließlich in die psychiatrische Einrichtung eingewiesen. Vor dem Landgericht Siegen schilderte er nun, wie es dazu kommen konnte. „Ich bekam eine Spritze und war drei Tage nicht beisammen. Mein Ziel war es, die Anstalt zu verlassen, weil ich nicht krank bin. Ich hatte eine deutsche Frau gesucht, um zu heiraten. Ich wollte einfach eine Frau für mich suchen.“ Am Tattag, räumte er ein, habe er sich zwei Küchenmesser aus dem Essbereich geholt und einer Frau das Messer an den Hals gehalten, um flüchten zu können. Er habe jedoch nicht die Absicht gehabt, die Frau ernsthaft zu verletzen. „Die Messer waren nicht scharf“, beteuert er. Und weiter: „Ich hatte meinen Kopf nicht bei mir. Ich bereue, was ich gemacht habe.“

Weitere Details

Im Verlauf der Hauptverhandlung kamen weitere Details zur Tat ans Licht. „Er ist mit einem Messer auf mich losgegangen. Ich wusste überhaupt nicht warum. Es war einfach bedrohlich, jeder hat Angst, wenn jemand mit einem Messer auf dich losgeht“, erinnert sich die Geschädigte zurück. Alles sei ganz schnell gegangen, an bestimmte Momente könne sie sich nicht mehr erinnern. Ähnlich erging dies auch einer Pflegerin, die zur Tatzeit Dienst hatte und versuchte, das Geschehene zu verhindern. „Meine Kollegin und ich waren ohne Arzt im Dienstzimmer. Der Angeklagte fuhr die Zeugin ins Zimmer“, berichtet die 37-Jährige. In den Tagen vor der Tat sei es öfter vorgekommen, dass der Betroffenen von anderen Patienten dabei geholfen wurde, mit dem Rollstuhl ins eigene Zimmer zu fahren. Sie hätten sich daher zunächst nichts dabei gedacht. Bei einem weiteren Blick auf die Szenerie sei dann jedoch klar geworden, dass es sich hierbei um eine versuchte Fluchtaktion handelte. „Es war eine Androhung. Er hatte so eine Not, er wollte einfach nur weg“, erklärt die Zeugin.

Weitere Themen

Eine weitere Zeugin bestätigte: „Wir haben alles versucht, um zu schlichten, doch es hat nicht funktioniert. Es war laut und wirkte bedrohlich. Wir hatten wirklich große Angst, dass er sie mit dem Rollstuhl durch das Treppenhaus schleppt“, schildert eine Krankenschwester, wie sich die Situation immer weiter zuspitzte. In den kommenden Verhandlungstagen soll anhand weiterer Zeugenaussagen nun unter anderem festgestellt werden, inwiefern der Angeklagte überhaupt schuldfähig ist.