Kohlhagen. Seit über 500 Jahren ist die handgeschnitzte Pietà das Ziel ungezählter Wallfahrer. Im nächsten Jahr erfährt der Ort eine besondere Würdigung.

Alle 25 Jahre ruft der Papst ein sogenanntes „Heiliges Jahr“ aus, und wie seit 1475 praktiziert, ist auch 2025 ein solches Jubeljahr. Das hat erstmal nichts mit Jubeln zu tun, sondern rührt vom alten Wort „Jobeljahr“ her, hergeleitet vom hebräischen „jobel“, was „Widder“ bedeutet. Aus Widderhörnern wurde ein Blasinstrument gefertigt, auf dem zur Eröffnung eines besonderen Erlassjahrs geblasen wurde. Für den größten, wichtigsten und bekanntesten Pilgerort im Kreis Olpe und Umgebung, den Kohlhagen, wird dieses Heilige Jahr ein Meilenstein sein und insofern durchaus auch ein Grund für Jubel.

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Denn das Erzbistum Paderborn hat beschlossen, sich am Heiligen Jahr mit einer „Rundreise“ durch das Bistum zu beteiligen. „Zwölf Orte der Hoffnung“ heißt das Projekt, in dem in jedem Monat ein anderer, besonderer Glaubensort der Diözese hervorgehoben wird. Und im Juni des Heiligen Jahres ist dies eben der Kohlhagen.

Patres
Siegfried Modenbach (links) und Jürgen Heite (rechts) sind Pallottinerpatres und leiten das Geistliche Zentrum Kohlhagen. © privat | Privat

Als Kooperationspartner haben sich die beiden dort wirkenden Seelsorger, die Pallottinerpatres Jürgen Heite und Siegfried Modenbach, mit dem Caritas-Zentrum Kirchhundem in Welschen Ennest zusammengetan. Höhepunkt dieser Reihe im Juni wird ein großer Pilgertag sein, an dem die Patres Vergangenheit und Zukunft verbinden. Denn der Pilgerweg wird vom ehemaligen Pallottihaus in Olpe, dem heutigen Wohngut Osterseifen, auf den Kohlhagen führen – also den Ort, an dem die Patres ihre Tätigkeit in der Region begonnen haben, mit dem heutigen und künftigen Standort verbinden. Gleichzeitig soll dies eine Würdigung eines ganz besonderen Jubiläums sein, denn das Pallottihaus wird im nächsten Jahr 100 Jahre alt – und es wird 110 Jahre her sein, dass die Pallottiner im Erzbistum Paderborn aufnahmen: Es war der Kauf des Grundstücks auf dem Olper Osterseifen, wo dann zehn Jahre später zunächst das Exerzitienhaus und in Folge das Pallottinerkloster eröffnet wurden.

Kohlhagen
Die Pfarr- und Wallfahrtskirche und davor das ehemalige Küsterhaus mit dem angebauten Geistlichen Zentrum sind im nächsten Jahr einer von zwölf „Orten der Hoffnung“ im gesamten Erzbistum. © privat | Privat

Beginnen wird der Pilgergang am 21. Juni um 9 Uhr mit einer Station in der ehemaligen Kirche des Olper Pallottihauses, heute Hauskapelle des Wohnguts. Über vier Stationen geht es dann zu Fuß zum Kohlhagen, der Weg führt über Fahlenscheid, Welschen Ennest – hier wird beim Kooperationspartner, dem Caritas-Zentrum, Station gemacht – und Varste. Eintreffen auf dem Kohlhagen wird gegen 17 Uhr erfolgen, ab 17.30 Uhr wird dann in der Wallfahrtskirche eine Heilige Messe gefeiert. Hauptzelebrant wird dabei Erzbischof Udo Markus Bentz sein, der sich ab Welschen Ennest in den Pilgerzug einreihen will. Der Tag findet seinen Abschluss bei einer kräftigen Suppe und erfrischenden Getränken im Pilgersaal. Anmeldungen sind schon jetzt möglich, entweder unter Tel. (02723) 718990 oder per E-Mail an sekretariat@geistliches-zentrum-kohlhagen.de. Mitgehen darf jeder und jede, insbesondere eingeladen sind Familien mit Kindern. Für Verpflegung wird ein Kostenbeitrag von 10 Euro für Erwachsene und 5 Euro für Kinder erhoben. Informationen erteilen Ursula Köhldorfner im Sekretariat des Geistlichen Zentrums oder Schwester Gertrudis Lüneborg unter Tel. 0172/6233258.

Der Kohlhagen ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Wallfahrtsort. Hier ein Bild von der Eröffnungsfeier des Geistlichen Zentrums 2021.
Der Kohlhagen ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Wallfahrtsort. Hier ein Bild von der Eröffnungsfeier des Geistlichen Zentrums 2021. © Meinolf Lüttecke | Meinolf Lüttecke

Für Pater Heite und Pater Modenbach ist die Wahl „ihres“ Geistlichen Zentrums eine besondere Auszeichnung. Generalvikar Michael Bredeck hat ihnen schriftlich mitgeteilt: „Bei der Auswahl der Orte haben wir uns neben den römischen Vorgaben daran orientiert, welche Orte auch zukünftig im Hinblick auf die pastoralen Entwicklungen eine Relevanz haben werden.“ Der Kohlhagen reiht sich damit ein in die anderen „Orte der Hoffnung“, das Jugendhaus Hardehausen, die Stadtkirche in Dortmund, die Propsteien Marsberg, Soest, Brilon, Arnsberg und Minden, die Wallfahrt in Verne, die Wallfahrtsbasilika in Werl, das Citykloster Bielefeld und die Wallfahrtskirche Eremitage bei Wilnsdorf.

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Der Kohlhagen hat eine lange Geschichte und viele Besonderheiten. So weiß die Internet-Enzyklopädie Wikipedia, dass die urkundliche Ersterwähnung von 1490 stammt, also sage und schreibe 534 Jahre alt ist. Eine Vikarie wurde hier gegründet, weil es zuvor bereits Wallfahrten gab. Mittelpunkt der Kirche und Zentrum des Orts, an dem jeden Tag Dutzende von Opferlichtern entzündet werden, ist ein unscheinbarer und kleiner Bildstock, eine Pietá, die aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt. Sie hat den Ruf eines sogenannten „Gnadenbildes“, das heißt, dass gläubige Menschen von Heilungen oder anderen als wunderbar angesehenen Ereignissen berichten, die nach dem Gebet vor der Pietà eingetreten sind.

Legende der Pietà vom Kohlhagen

Die Herkunft der Pietà ist ungeklärt. Im Sauerland wird erzählt, dass einst ein Hirtenjunge das geschnitzte Bildnis beim Tierehüten fand. Das Kunstwerk soll in einem Holunderbusch gesteckt haben, in dem ein Vogel saß, dessen Gesang ihm die Richtung anzeigte. Wie die Homepage des Geistlichen Zentrums ausführt, lassen einige Stilmerkmale – zum Beispiel ausgeprägte Schüssel-, Tüten-, bzw. Röhrenfalten des Rockes, das Amphorion (Kopf- und Schultertuch), die Thronbank – für die Altersbestimmung eine vorsichtige Zuweisung ins Spätmittelalter, ins frühe 15. Jahrhundert zu. Das kleine Format fast aller solcher sogenannten Vesperbilder hängt mit deren Tragbarkeit zusammen. Sie werden wohl ausnahmslos sogenannte Wanderware gewesen sein. Der Wallfahrer konnte sie aus einem anderen, bekannteren Wallfahrtsort als Devotionalie in seine Heimat transportieren und hier der allgemeinen Verehrung zugänglich machen.

Obwohl der Ort Kohlhagen selbst gerade einmal acht Einwohner zählt – außer dem Pilgerzentrum gibt es ein einziges Privathaus – ist er das Zentrum der umliegenden Orte. Bis 1969 war Kohlhagen auch kommunalpolitisch eine eigenständige Gemeinde im Amt Kirchhundem. Der Schützenverein, der seinen Sitz im weit größeren Brachthausen hat, trägt ebenfalls den Namen Kohlhagen. Viele Jahre war im Küsterhaus neben der Kirche ein Konvent der Armen Dienstmägde Jesu Christi (Dernbacher Schwestern) untergebracht, die die Versorgung und Betreuung der Pilger bis 2018 übernahmen. Weit und breit einzigartig ist der Kreuzweg, der die Kirche weitläufig umgibt: 1908 erbaut, sind die einzelnen Stationen mit Mineralien verziert, die in den Erzgruben des Kirchhundemer Landes abgebaut wurden.