Attendorn. Das Haus Mutter Anna rief im August 2024 den Krisenmodus aus. Eine Krankheitswelle traf das Demenz-Wohnheim mit voller Wucht. Was ist geblieben?
Es war eine Ausnahmesituation für die rund 60 Bewohner des Caritas-Pflegeheims „Haus Mutter Anna“ in Attendorn, für deren Angehörige und für das gesamte Team um Zentrumsleiter Uli Mertens (60) und Pflegedienstleiterin Melanie Bödefeld (49): Weil im August vergangenen Jahres ein unerwartet hoher Krankenstand eintrat und einige Mitarbeiter urlaubsbedingt fehlten, zogen die Verantwortlichen des Seniorenhauses an der Friedensstraße die Notbremse. Sie meldeten dem Kreis Olpe als zuständige Aufsichtsbehörde (sog. WTG-Behörde) den Einrichtungsnotfall. Was im Kern zum Inhalt hatte, dass die wesentlichen Dienste vor allem in der Pflege nicht mehr besetzt bzw. fachlich abgedeckt werden konnten. Das „Haus Mutter Anna“, das Menschen mit Demenz ein Zuhause bietet, war das einzige Pflegeheim aus dem Kreis Olpe, das 2024 offiziell den Personal-Notstand ausrief.
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„Damals war es einfach an der Zeit, auf unsere Situation aufmerksam zu machen“, blickt Uli Mertens, gelernter Krankenpfleger aus Helden, auf diese Phase zurück. Wohl wissend, dass die ohnehin bekannte Personalnot in der gesamten Branche in ihrem konkreten Fall eine Grenze überschritten hatte. Eine ehrliche und transparente Kommunikation mit allen Beteiligten, da sind der 60-Jährige und „seine“ Pflegedienstleiterin heute einig, habe dazu geführt, dass das Haus, in dem fast ausnahmslos Bewohner mit den Pflegegraden 4 und 5 wohnen, den rund drei Wochen andauernden Ausnahmezustand mit Bravour meistern konnte.
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Denn, so Kreis-Pressesprecher Holger Böhler in der Rückschau: „Die personelle Situation hatte sich nach einigen Tagen entschärft“. Längst entspreche die Personalsituation wieder den gesetzlichen Vorgaben. „Wir haben in dieser Phase alle auf einem sehr hohen Niveau gearbeitet und waren mit großer Eigeninitiative für unsere Bewohner da“, dankt Bödefeld all jenen, die damals mit anpackten – vom sozialen Dienst über die Hauswirtschaft bis hin zur Verwaltung. Natürlich brauchte es auch Kreativität, so nahmen die Verantwortlichen von den bekannten Früh- bzw. Spätschichten Abstand und schufen individuelle Dienstpläne.
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Hinzu kam das Verständnis der Angehörigen, die Mertens damals in einem Brief, der auch unsere Redaktion erreichte, über den Notstand informierte. „Viele Angehörige waren da, das gab auch uns einen gewissen Halt, denn wir wussten, dass unsere Bewohner nicht alleine waren.“ Natürlich habe man während der Notfallphase das eine oder andere hausinterne Angebot absagen müssen, weil die Pflege im absoluten Mittelpunkt stand, und nach Vorgabe der WTG-Behörde trotz freier Betten keine neuen Bewohner aufgenommen. Doch insgesamt verlief diese Phase „doch recht ruhig“, resümiert Bödefeld, die weiß, dass es ohne „diesen speziellen Spirit bei uns“ auch anders hätte laufen können. Die Ennesterin sagt das aus Überzeugung, arbeitet Bödefeld schon seit dem Jahr 2008 im „Haus Mutter Anna“. Seit 2021 ist sie Pflegedienstleiterin.
Ausgerechnet in die Zeit des Einrichtungsnotfalls fiel das hausinterne Sommerfest – und natürlich stand eine Absage zur Diskussion. Doch Mertens, Bödefeld und Co. entschieden sich für die Ausrichtung. Das sollten sie nicht bereuen. „Es war eine Bereicherung, ein wunderschöner Tag, wir haben schön gefeiert“, blickt sie zurück. Auch nahmen die stark in Anspruch genommenen Mitarbeiter an dem Caritas-Betriebsfest teil, um ein bisschen Abstand und Abwechslung zu bekommen. Mitgenommen aus dem Einrichtungsnotfall hat Melanie Bödefeld vor allem eines: „Eine enge Zusammenarbeit ist das A und O, genauso wie die Offenheit, neue Ideen und Gedanken zuzulassen.“ Aber auch eine klare Aufgabenverteilung, „denn in einer solchen Krisenlage braucht es Führungskräfte, die vorangehen“, ergänzt Mertens.
„Es war eine Bereicherung, ein wunderschöner Tag.“
Im Übrigen hätten Mertens, Bödefeld und ihr Team nicht nur von Angehörigen und Kollegen, sondern auch von „außen“ viel Lob und Anerkennung für ihre offene und transparente Gangart bekommen. Und für ihre Entscheidung, den Krisenmodus offiziell zu benennen – als einziges Seniorenheim aus dem Kreis Olpe im vergangenen Jahr.