Olpe. Die Nachricht eines verheerenden Luftangriffs trifft den Olper Gastronom Houssan Aljaja bis ins Mark. Wie er trotzdem seine Hoffnung nicht verliert.
Ahmad und Houssan Aljaja haben schwere Zeiten hinter sich. Nach der Eröffnung ihres Lokals „Layali Sweets & Food“ in der Martinstraße muss die Olper Familie viele Stolpersteine überwinden. Über die Sozialen Medien erfahren sie plötzlich von dem Tod eines Teils ihrer Familie in Gaza, darunter auch der geliebte Onkel und mehrere junge Kinder. Die Nachrichten treffen alle tief ins Mark. Noch heute herrscht Ungewissheit, wie es den überlebenden Familienmitgliedern geht. Trotz der Schreckensnachrichten ist für die Aljajas Aufgeben keine Option.
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Schwere Zeit
Die letzten Monate waren für Gastronom Houssan Aljaja nicht einfach. Bei einer Internetrecherche erfährt er, dass mindestens 26 Familienmitglieder bei Chan Yunis in Gaza bei einem Luftangriff getötet wurden– die Todesanzeigen versetzen alle in Schockstarre. „Wir haben das über das Internet mitbekommen, dass wir einen Teil unserer Familie in Gaza verloren haben. Die Nachricht war ein großer Schock“, berichtet der 49-Jährige. Unter den Opfern soll auch sein Onkel Tawfiq gewesen sein, der mit seinem Journalisten-Sohn im Herzen Gazas lebte. Nach den Geschehnissen nimmt der Betreiber sofort Kontakt zu der restlichen Familie auf. Dabei stellt sich heraus, dass zwei Familienmitglieder sich zum Zeitpunkt des Bombenangriffs nicht im Haus befunden haben sollen. „Zum Glück waren noch zwei Familienmitglieder außer Haus. Ich habe aber keine Ahnung, ob sie jetzt noch am Leben sind. Es ist schwer zu ertragen, die alte Heimat in Schutt und Asche zu sehen“, habe er seit längerer Zeit keine Lebenszeichen von der Familie seines Onkels erhalten. Die Ungewissheit, wer noch am Leben ist, belastet die Familie schwer – auch eine Trauerfeier konnte den erlittenen Schmerz nicht lindern.
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Der 48-jährige Palästinenser hat schon einen langen Weg hinter sich. Im Jahr 2001 beschließt er Beirut im Libanon zu verlassen, um seiner jungen Familie eine bessere Zukunft bieten zu können. In Deutschland angekommen, verliert er keine Zeit, guckt sich nach einem ersten Job um und lernt die deutsche Sprache. „Ich habe dabei an meine Kinder gedacht. Unsere Lebensqualität war bei uns im Libanon leider nicht gut. Ich habe damals sofort richtig Gas gegeben“, erinnert sich Aljaja zurück. Nach einem Abstecher in Siegen und Recklinghausen zieht es die junge Familie schließlich nach Olpe. Houssan findet einen Job im Reifenservice-Bereich, verdient gutes Geld und erhält nach knapp 12 Jahren in Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft. Nachdem seine Frau bei Treffen mit Freunden immer wieder auf das fantastische traditionelle Essen angesprochen wird, kommen die Aljajas auf die Idee, ihre Essensspezialitäten Mitbürgern zugänglich zu machen. „Ich hatte die Idee vor ein paar Jahren. Meine Frau kocht privat sehr gerne. Wir wurden oft darauf angesprochen, warum wir nicht einfach ein Restaurant aufmachen“, berichtet er.
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Traum von der Selbstständigkeit
Gemeinsam mit der Unterstützung der gesamten Familie macht der heutige Gastronom Nägel mit Köpfen und eröffnet mit seinem Sohn Ahmad (21) zunächst ein Geschäft für süße Spezialitäten. Später entwickelt sich die Idee, selbstgemachte Falafel anzubieten, doch die vorgegebenen Vorschriften machen beiden im neuen Geschäft in der Martinstraße einen Strich durch die Rechnung. Ein Verkauf ist nur beim Zukauf einer neuen Dunstabzugshaube möglich. Für das Kochen von Falafeln ist dies den Aljajas aber zu teuer. „Wir mussten weitere Produkte anbieten, damit sich die Investition rechnet“, erklärt Ahmad Aljaja. Schnell entsteht die Idee, weitere traditionelle Speisen anzubieten. „Wir wollten unsere Kultur zeigen und etwas Neues nach Olpe bringen“, freut sich Ahmad über neue Produkte, wie die „Schawarma-Rolle“.
Nach fast einem Jahr in der Gastronomie fühlt sich die Familie im neuen Business angekommen, dennoch gibt es Probleme. Die aktuelle Wirtschaftslage macht auch vor den regionalen Restaurants nicht halt. Ansteigende Fixkosten und Zurückhaltung bei Bürger und Bürgerinnen seien auch für das neue Geschäft nur schwer zu verkraften. „Wir haben gerade eine schwere Zeit, obwohl wir fast ausschließlich positives Feedback bekommen. Die Leute wollen momentan kein Geld ausgeben“, erzählt Ahmad Aljaja. Trotz der schweren Zeit will die Familie alles dafür tun, dass der große Traum von der Selbstständigkeit auch langfristig weiterleben kann, denn aufgeben ist für sie keine Option.
Gastronomie im Kreis Olpe
Die wirtschaftliche Lage ist in Deutschland weiter angespannt – auch im Kreis Olpe macht sich das bemerkbar. Schon vor einem knappen halben Jahr warnte Ulrich Biene, der für die Pressearbeit bei Veltins zuständig ist, dass viele Faktoren die Gastronomie erschweren würden. In den letzten Jahren seien die Energiekosten deutlich angestiegen und auch die Kosten für die Müllentsorgung seien damals um ein Vielfaches angestiegen. Etwaige Entwicklungen erschwerten so auch die Suche nach neuen Nachmietern.